Plagiate Dreister Ideenklau

Salz- und Pfeffersets, Gemüsehobel und Druckausdehungsgefäße haben eines gemeinsam: Fälscher ahmen sie nach. Sie stellen Plagiate dieser Produkte her. Zwei Drittel aller deutschen Investitionsgüterhersteller sind von diesem dreisten Ideenklau betroffen. RWTextilservice verrät, ob auch Wäscherei- und Reinigungsinhaber beim Kauf von Maschinen oder Ersatzteilen vorsichtig sein müssen.

Marc Wiesner, Jurist beim VDMA, empfiehlt Käufern von Maschinen und Ersatzteilen, nur offizielle Vertriebshändler zu nutzen, um den Erwerb von Plagiaten auszuschließen.Foto: VDMA - © VDMA

Dreister Ideenklau

Kopien von Originalmaschinen und
-teilen – ein Phänomen, mit dem sich auch Betriebe aus der Textilpflegebranche beschäftigen sollten? Schließlich nutzen sie doch fast täglich Maschinen, die im Dauereinsatz laufen. Nicht unwahrscheinlich, dass minderwertige Plagiate darunter sind. Immerhin sind zwei Drittel der befragten deutschen Investitionsgüterhersteller von Produkt- oder Markenpiraterie betroffen. Dabei bauen Fälscher inzwischen immer häufiger komplette Maschinen nach. Dies machen sie überwiegend in Asien. Spitzenreiter ist nach wie vor China. Dies teilte jüngst der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit. Er hatte seine Mitgliedsunternehmen unter anderem gefragt, ob Unternehmensprodukte in unzulässiger Weise nachgebaut werden. Das Ergebnis in Zahlen: In 60 Prozent aller Fälle wurden komplette Maschinen nachgebaut (2006: 43 Prozent). An zweiter Stelle mit 42 Prozent nannten Unternehmen Ersatzteile (2006: 20 Prozent), gefolgt von Komponenten mit 41 Prozent (2006: 25 Prozent). Nach Schätzungen des Justizministeriums gehen allein in Deutschland jährlich 50.000 Arbeitsplätze aufgrund von Produktpiraterie verloren.

Laut Herstellern von Wäschereitechnik wie der Herbert Kannegiesser GmbH in Vlotho spielt allerdings das Thema Plagiate in dieser recht kleinen Branche praktisch keine Rolle. „Selbst als mit Abstand größter Maschinenhersteller auf diesem Sektor in Deutschland können wir zu diesem Thema erfreulicherweise keinen Beitrag leisten“, teilt die Geschäftsleitung auf Anfrage von RWTextilservice mit. Auch Multimatic in Melle als Gesamtausrüster kann auf keinen Fall von Plagiaten verweisen. Es gebe zwar sicherlich „immer wieder Technik, die sich an den auf dem Markt befindlichen Maschinen und Geräten nahe anlehnt“, Plagiate seien das aber wohl noch nicht, heißt es aus Unternehmenskreisen.

Wann spricht man eigentlich von einem Plagiat? „Es gibt keine eindeutige juristische Definition“, sagt Marc Wiesner, Jurist in der Abteilung Recht beim VDMA. Damit fällt unter den Begriff Plagiat wohl fast jeder unerlaubte Nachbau. Nachahmer von Maschinen der Originalhersteller verletzten Schutzrechte, Namensrechte, Patente. Sie klauen Ideen und täuschen Käufer über die Qualität und den Wert sowie die Echtheit von Maschinen oder Teilen davon.

Das kann so weit führen, dass Hersteller von Textilreinigungsmaschinen, wie die Böwe Textile Cleaning GmbH in Augsburg, Warnungen veröffentlichen. „Falsche Böwe-Maschinen auf dem Markt! Nicht überall, wo Böwe draufsteht, ist Böwe drin“, steht über einer Pressemitteilung der Böwe-Geschäftsführung. Denn es sei bekannt geworden, dass Textilreinigungsmaschinen als umetikettierte Böwe-Produkte Kunden angeboten und auch bereits verkauft worden seien, die nicht aus dem Hause Böwe stammten. Entsprechende Namensaufkleber und Modellbezeichnungen auf den Fälschungen sollten die Käufer täuschen und ihnen glaubhaft machen, sie hätten Originalmaschinen des Augsburger Markenherstellers erworben.

Hier beginnen die Probleme. „Die Qualität von Nachahmungen ist meist schlechter. Oft werden in solchen Maschinen billige Ersatzteile verbaut. Es besteht gar Gefahr für Leib und Leben für die Menschen, die die Fälschungen bedienen“, erklärt VDMA-Jurist Wiesner. Auch Gewährleistungs- oder Garantieansprüche der Käufer können erlöschen, wenn sie zu Plagiaten greifen. Deshalb sollten sich Reinigungs- und Wäschereiinhaber zum Beispiel davor hüten, in Originalmaschinen minderwertige, gefälschte Ersatzteile einzubauen.

Verursacht eine nachgebaute Maschine einen Schaden oder verletzt sich daran ein Mensch, kann es für den Betriebsinhaber besonders heikel werden. Nach den Grundsätzen der Produkthaftung könnte er zwar seine Ansprüche geltend machen. „Aber bei einem unbekannten Plagiathersteller ist ja niemand da, an den er sich wenden kann“, sagt Wiesner. Hinzu kommt bei minderwertigen Maschinenfälschungen die Gefahr von Produktionsausfall. Der ist besonders schmerzlich, mindert er doch zunächst direkt den Gewinn des Wäscherei- oder Reinigungsbetriebes.

Das Motiv der Fälscher ist klar: Profit. Von Seiten der Böwe-Geschäftsführung heißt es zum Beispiel, lokal agierende Firmen versuchten zunehmend, ihre minderwertigen Fremdprodukte durch Umetikettieren aufzuwerten. „Damit sollen sich diese Produkte besser verkaufen lassen und ein guter Preis soll erzielt werden.“

Für Händler gilt der Grundsatz: Er muss darauf achten, dass die Ware, die er anbietet, egal woher sie stammt, keine Rechte Dritter in Form oder Technik verletzt. Genau das machen aber Plagiate. Auch deshalb sollten Unternehmer der Textilpflegebranche genau darauf achten, über wen sie ihre Maschinen beziehen. VDMA-Mann Wiesner empfiehlt auch den Inhabern von Reinigungs- und Wäschereibetrieben, nur die offiziellen Vertriebshändler zu nutzen. „Auf keinen Fall so genannte graue Quellen“, warnt er. Wer unsicher sei, ob er eine Originalmaschine erworben habe, sollte sich an den Originalhersteller wenden. „Es gibt unter den Maschinenherstellern auch solche, die anbieten, die Echtheit zu überprüfen.“

Spätere Kontrolle ist jedoch nur eine Lösung im Kampf gegen die Produktpiraten. Vorbeugend zu agieren, statt zu reagieren wird immer wichtiger. Schließlich sind die Plagiate auch eine Sicherheitsgefahr für den Endkunden, „ziehen teure, wenn auch unberechtigte Produkthaftungsklagen nach sich und schädigen das Markenimage“, heißt es in der aktuellen Ausgabe des VDMA-Magazins „Intelligenter Produzieren“. Um sich wirksam vor diesen Gefahren zu schützen, bräuchten Markenhersteller deshalb ein umfassendes und aufeinander abgestimmtes Sicherheitssystem. Auf dem Weg dorthin könnten die so genannten RFID-Chips helfen. Einmal an Maschinen oder Teilen angebracht, lassen sich mit ihrer Hilfe Produktwege verfolgen und überwachen. Und: Aus ihnen kann problemlos die Information ausgelesen werden, ob es sich um die Maschine eines bestimmten Originalherstellers handelt. Beispiele für andere Kennzeichnungstechnologien im Kampf gegen Produktpiraten sind: Hologrammfolien oder -fäden, Sicherheitssiegel, unsichtbare Sicherheitstinte, Oberflächenbeschichtungen, die in Kombination mit speziellen Teststiften Farbveränderungen zeigen, Mikrofarbcodes oder 3-D-Barcodes.

Bei aller Technik hilft oftmals vielleicht trotzdem das Bauchgefühl. Wer also den Verdacht hat, Betrügern auf den Leim gegangen zu sein, sollte vor allem schnell handeln und den Hersteller oder Händler kontaktieren. Und wer unbeirrbar ist, gar meint, mit seinem bewusst gekauften Plagiat ein Schnäppchen im Betrieb stehen zu haben, den überzeugt vielleicht das letzte Argument zum Kauf eines Originals: Guten Service kann man nicht nachahmen. Denn irgendwann geht wohl jede Maschine einmal kaputt. Im Zweifel allerdings zuerst die billige Raubkopie. Und dann brauchen Reiniger und Wäscher schnelle Hilfe.Daniel Grosse