Die Wäscherei als Organgesellschaft Eine andere Art des Outsourcings

„Insgesamt ein außerordentlich spannungsfreies Modell“, stellt Ernst-Otto Kock, Geschäftsführer der Textilservice und -logistik GmbH in Berlin, fest. „Die optimale Lösung“, findet Ulrich Morlampen, der die Saanatex GmbH Idar-Oberstein leitet. Was hier gepriesen wird, ist eine Art des Outsourcings, die im Gesundheitswesen die komplette Fremdvergabe ablösen könnte – die Organschaft.

  • Bild 1 von 3
    © Vivantes
    Ernst-Otto Kock, TSL-Geschäftsführer, weist auf die Notwendigkeit hin, die Frage der Organschaft sehr sorgfältig mit den zuständigen Finanzbehörden abzustimmen.
  • Bild 2 von 3
    © Curanum
    Bis Anfang 2006 gehörte die Wäscherei Ellerich, Kaisersesch, Thomas Ellerich. Nach einem Großbrand mit anschließendem Neubau verkaufte der Inhaber seine Firma an den Senioren- und Pflegeheimbetreiber Curanum.
  • Bild 3 von 3
    © Kampschulte Soest
    Bernd Schuler sagt über die Organschaft:„Meine unternehmerische Freiheit, gerade als Mittelständler, wird dadurch doch sehr beschnitten.“

Eine andere Art des Outsourcings

Die Wäscherei als Organgesellschaft muss dabei laut Umsatzsteuergesetz finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in den Organträger, also das Krankenhaus oder Pflegeheim, eingegliedert sein. Steuerrechtlich wird die Organschaft dann wie ein Unternehmen behandelt.

Das bedeutet, dass Umsätze zwischen Organgesellschaft und Organträger als Innenumsätze gelten und keine Mehrwertsteuer berechnet werden muss. Da Krankenhäuser nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind, ist die Organschaft eine attraktive Outsourcingalternative, insbesondere seit der Steueranhebung zu Beginn des Jahres und in Zeiten knapper werdender Kassen im Gesundheitswesen.

Die finanzielle Eingliederung ist in der Regel gegeben, wenn der Organträger 51 Prozent der Anteile an der Organgesellschaft hat. Die Voraussetzung der wirtschaftlichen Eingliederung erfüllen Wäschereien ohnehin, da sie mit dem Betrieb von Kliniken oder Pflegeheimen in einem engen Zusammenhang stehen. Organisatorische Eingliederung schließlich bedeutet, dass der Organträger in der Lage sein muss, in der Organgesellschaft seinen Willen durchzusetzen. Das ist zum Beispiel gewährleistet, wenn die Geschäftsführung beider Teile in Personalunion wahrgenommen wird.

Die Saanatex GmbH ist nach Auffassung ihres Geschäftsführers Ulrich Morlampen ein Beispiel, wie gut eine Organschaft funktioniert. Hauptgesellschafter ist die SHG-Kliniken Merzig GmbH mit 51 Prozent, 19 Prozent hält die Städtische Krankenanstalten Idar-Oberstein GmbH und 30 Prozent Morlampen, der bei den Städtischen Krankenanstalten die Wäscherei bis zu deren Ausgliederung leitete.

Vor allem für Investitionen in den Betrieb sei dieser Schritt in die Organschaft der richtige gewesen. „In den 14 Jahren, seit es die Saanatex gibt, habe ich rund zehn Millionen Euro investiert. Diese Summe hätte ich vorher nie bekommen.“ Da die Kliniken eben nicht nur Großkunden, sondern auch Gesellschafter sind, können sie nicht einfach abspringen oder über harte Preiskämpfe von Mitbewerbern abgeworben werden und Morlampen kann sicherer kalkulieren und planen. Auch die transportkostensparenden Standorte der Saanatex direkt auf dem Klinikgelände hätte Morlampen ohne Beteiligung der Kliniken nicht beziehen können. Die wesentlichste Voraussetzung für den Erfolg einer Wäscherei als Organschaft ist für ihn, dass nach wie vor ein Textilfachmann die Entscheidungen trifft.

Das heißt, er sollte als Gesellschafter mindestens 25 Prozent der Anteile besitzen, um sein Mitspracherecht zu sichern und sich Handlungs- und Reaktionsfreiheit vertraglich zusichern lassen. „Ich kann handeln, wie ich es für richtig empfinde. Wenn ich z.B. neue Servicebereiche einrichten will, dann mache ich das, ohne erst drei Leute fragen zu müssen.“ Zwar ist der Geschäftsführer der SHG-Kliniken auch Geschäftsführer der Saanatex, das operative Geschäft führt aber der Textilingenieur Morlampen. Hier sieht er auch den wesentlichen Vorteil gegenüber Servicegesellschaften, die hundertprozentige Töchter der Kliniken sind. In solchen Service-GmbHs übernähmen oft Verwaltungsrektoren aus dem Krankenhaus die Geschäftsführung mit dem Ergebnis, dass alles nebenbei laufe und der Fachmann fehle. Das Organschaftsmodell sieht Morlampen als Win-Win-Situation für beide Seiten und auch als selbstständiger Wäschereidienstleister würde er nicht zögern, eine solche Partnerschaft mit einem Klinikum einzugehen.

Dieser Vorschlag wurde auch Bernd Schuler, geschäftsführender Gesellschafter bei der Kampschulte Soest GmbH, von einigen Kunden angetragen. Bisher steht er diesem Modell jedoch eher skeptisch gegenüber. In erster Linie weil Krankenhaus- oder Pflegeheimträger mit dem Kauf der Mehrheitsanteile auch ein erhebliches Mitspracherecht erhalten würden. „Will ich dann eine neue Waschstraße kaufen, muss ich immer dem anderen Gesellschafter klarmachen, dass ich das für wichtig halte und bekomme eventuell einen Konflikt. Meine unternehmerische Freiheit, gerade als Mittelständler, wird dadurch doch sehr beschnitten.“

Verschreibt sich die Wäscherei nicht exklusiv einer Klinik oder einem Träger, sieht Schuler mit einer Organschaft auch das Alltagsgeschäft erheblich verkompliziert. Er wisse nicht, wie die Zuordenbarkeit von Personal und Fahrzeugen zu den Aufträgen des Organträgers im Geschäftsablauf gewährleistet werden könne. Schuler lehnt die Organschaften als solche jedoch nicht prinzipiell ab. Der Knackpunkt liegt für ihn im Auftragsvolumen des Mehrheitsgesellschafters. „Wenn ich einen großen Kunden, wie z.B. ein Uniklinikum, habe, so dass ich eine ganze Schicht auslasten kann, dann ließe sich die Abgrenzungsproblematik in den Griff kriegen und man kann über so etwas nachdenken. Doch für uns als Mittelständler, die das ‚Krankenhaus um die Ecke‘ bedienen, sehe ich diesen Weg momentan nicht.“

Bevor 2003 die TSL Textilservice und -logistik GmbH gegründet wurde, hatten auch die Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen der Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH keine Großaufträge zu vergeben, da sie vor dem Zusammenschluss im Netzwerk wirtschaftlich eigenständig waren. Mit der Entscheidung, die Wäschebearbeitung als Organschaft zu realisieren, ging es der Vivantes GmbH, die 70 Prozent der Anteile hält, vor allem darum, das Fachwissen eines Textildienstleisters nutzen zu können, wie TSL-Geschäftsführer Ernst-Otto Kock berichtet.

Da die neue Tochter die gesamte Textilversorgung aller Häuser übernehmen sollte, brachte sich der Dienstleistungspartner, die Berendsen GmbH Glückstadt, vor allem mit Fachpersonal und 30 Prozent Anteilen ein. Die Vorteile des Organschaftmodells liegen für Kock neben den Kosten- und Steuervorteilen in der Gesamtsteuerung der Wäsche- und Logistikabläufe, die durch das Know-how des Partners ermöglicht werde.

Kock weist auf die Notwendigkeit hin, die Frage der Organschaft sehr sorgfältig mit den zuständigen Finanzbehörden abzustimmen. Ist das enge Zusammenspiel aber angelaufen, sei der Prozessoptimierungswert sehr hoch. „Unsere gemeinsame Lernkurve war sehr steil. Nahezu alle Hemmnisse konnten im Laufe des ersten Geschäftsjahres abgebaut werden.“

Dass die Beteiligung eines Klinik- oder Pflegeträgers am Unternehmen vorteilhaft sein kann, sieht auch Thomas Ellerich, Betriebsleiter der Wäscherei Ellerich GmbH in Kaisersesch, so. Bis Anfang 2006 war er der Inhaber der Wäscherei. Als diese aber nach einem Großbrand mit anschließendem Neubau ein Auslastungsproblem hatte, beschritt er einen anderen Weg und verkaufte die Firma an den Senioren- und Pflegeheimbetreiber Curanum AG.

Die Option, dass Curanum 51 Prozent der Anteile an der Ellerich GmbH erwirbt, bestand auch bei diesem Geschäft. Doch waren sich beide Partner einig, dass die klare Trennung einem gemeinsamen Unternehmen vorzuziehen ist. Als persönliche Sicherheit behielt Ellerich das Grundstück und die Halle, die er nun an die neuen Besitzer vermietet. „Ich bin froh, dass da klare Linien sind. Das ist besser. Sonst sind unter Umständen Konflikte vorprogrammiert und man fängt an, um Fehlentscheidungen zu streiten.“

Vor allem, betont Ellerich, sei der Betrieb nun ausgelastet und er könne sich auf die Arbeit konzentrieren, die er ursprünglich gelernt hat. Als selbstständiger Unternehmer habe er einen Großteil der Zeit damit verbracht, unter großem Konkurrenzdruck Kunden zu werben und Außenständen nachzuforschen. Für ihn überwiegen die Vorteile des Verkaufs. Allerdings: „Ich kann mir auch Kollegen vorstellen, die mit der Situation nicht zurechtkommen würden, nach 30 Jahren Selbstständigkeit wieder einen Chef zu haben.“

Ob die Organschaft das richtige Modell für ein Unternehmen ist, hängt eben nicht nur von Betriebsauslastung, Auftragsvolumina und Kostensenkung ab, sondern auch von der Unternehmerpersönlichkeit.

Dass in Zukunft mehr Textildienstleister in die Rolle des Minderheitsgesellschafters schlüpfen müssen, um an lukrative Aufträge im Gesundheits- und Pflegewesen heranzukommen, ist aber anzunehmen. Corina Gehrmann