Information | Aus aller Welt Farbe für triste Plätze

Guerilla-Stricken ist v.a. bei vielen jungen Menschen beliebt.Grafvision, Fotolia.com - © Grafvision, Fotolia.com

Farbe für triste Plätze

Die Zeit, in der nur Bekleidung gestrickt wurde, ist vorbei - Guerilla-Stricken ist ein neuer Trend aus den USA, der sich auch in Deutschland verbreitet.

Begonnen hat alles 2005, als einige Frauen im nordamerikanischen Bundesstaat Texas Türklinken umstrickten. Sie wollten ein wenig Farbe in ihre Straße bringen. Umstrickt werden kann inzwischen alles: Laternenpfähle, Bäume, Telefonzellen, Fahrräder. Es gibt sogar gestrickte Bekleidung für Kunstobjekte wie Denkmäler oder Statuen. Wichtig ist den Guerilla-Strickern, dass nichts beschädigt wird und die ursprüngliche Funktion des umstrickten Objekts weiter besteht.

Guerilla-Stricken ist eine Form von Streetart (Straßenkunst). Durch das Anbringen von Farbe an trostlosen kalten Plätzen und dem Umstricken von Alltagsgegenständen soll sich deren Ausdruckskraft entwickeln. Darüber hinaus eignet sich Guerilla-Stricken als politisches Protestmittel: Gestrickte Decken über Panzern, eingestrickte Bauzäune wie bei den Demonstrationen gegen „Stuttgart 21“ sind nur einige Beispiele. Zwar ist die Kunstform in der Regel legal, doch die meisten Stricker bleiben lieber anonym und bringen die Kunstwerke im Dunkeln an.

Die Lebensdauer der Strickkunst im öffentlichen Raum ist beschränkt: Witterungseinflüsse lassen die Farben verblassen und zerstören die Materialsubstanz. Manche Kunstwerke werden auch zerstört oder von Reinigungskräften entfernt. Felicitas Greis (16), Guerilla-Strickerin aus Tübingen, sagt: „Trotzdem freue ich mich über jeden verdutzten Blick und jedes Lächeln, das meine umstrickten Objekte hervorrufen.“

Guerilla-Stricken ist mittlerweile weit verbreitet. Es gibt sogar Strickgruppen, die sich zum gemeinsamen Stricken treffen und zusammen große Aktionen starten. Doch alle Kunstwerke haben eines gemeinsam: Jedes verändert die Umgebung, in der es angebracht wurde, auf seine eigene Weise.

Meinrad Himmelsbach