Zu Besuch bei Hohenstein in Bönnigheim Für die Wäschereien da sein

Auf der Schlosssteige tut sich etwas: Im November 2017 standen bei Hohenstein Umstrukturierungen an – mit dem Ziel, Synergien herzustellen und zu nutzen. Auch im Wäschereibereich gab es Veränderungen – personell wie strukturell. Insgesamt will Hohenstein den Bereich ausbauen. R+WTextilservice war in Bönnigheim vor Ort.

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    Bei Hohenstein in Bönnigheim wird nach wie vor auch rund um Wäschereithemen geforscht. Fotos: Schönhaar
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    Andreas Janning (li.) und Timo Hammer legen Wert darauf, praxisnahe Unterstützung zu bieten.
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    Sie wollen frischen Wind in den Wäschereibereich bei Hohenstein bringen: Andreas Janning (li.) und Timo Hammer.
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    Die Geruchsuntersuchung mit einem Olfaktometer kann für Wäschereien hilfreich sein. Foto: Hohenstein
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    Die vier Labore stehen unter einem gemeinsamen Dach, um Synergien zu erzeugen. Grafik: R+WTextilservice

Die Gerüchteküche brodelt. Das wissen Timo Hammer und Andreas Janning. Zieht Hohenstein sich aus dem Wäschereibereich zurück? Wie soll es mit der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege weitergehen? R+WTextilservice war in Bönnigheim bei Hohenstein vor Ort, um Aufklärung zu leisten. Getroffen haben wir ein gut gelauntes, motiviertes Team. Dr. Timo Hammer verantwortet als Mitglied der Geschäftsleitung den Bereich Life ­Science & Care, der sich über Bekleidungsphysiologie, Biomedizin, Forschung, Hygiene und Wäscherei erstreckt. Gleichzeitig hat er im Februar 2018 die Geschäftsführung der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege e.V. übernommen. Andreas Janning leitet den Wäschereibereich bei Hohenstein und ist stellvertretender Geschäftsführer der Gütegemeinschaft. Im Gespräch erklären sie, warum die Geschäftsbereiche bei Hohenstein im November 2017 neu strukturiert wurden. „Wir haben zusammengeführt, was zusammengehört“, sagt Hammer. Es gibt nun vier Labore unter einem Dach (siehe Grafik), die früher getrennt waren. Das alte System sei nicht effizient genug gewesen, es habe zu viele und zu lange Wege gegeben. In der Umstrukturierung sieht Hammer große Chancen, vor allem durch schlankere Organisationsstrukturen und Zusammenlegung von Arbeitsbereichen, die sich mit ähnlichen Projekten befassen. „Davon profitieren auch die Mitgliedsbetriebe der Gütegemeinschaft“, ergänzt Janning. Doch dazu später mehr, denn die Bereiche Hohenstein und Gütegemeinschaft sollen klar getrennt werden.

Hammer betont: „Für die Zielgruppe der Wäschereien tun wir bei Hohenstein viel – und zwar schon immer. Das soll sich nicht ändern, im Gegenteil. Es wurde und wird Personal eingestellt für den Bereich Wäscherei.“ Man wolle strategisch wachsen, sich zukunftsfähig aufstellen. „Und dafür brauchte es frischen Wind, auch personell“, erklärt Hammer, der seit 2009 bei Hohenstein arbeitet – mit zweijähriger Unterbrechung bei der Fresenius-Medical-Care-Tochter Xenios.

Teamwork und „Know-how-Mix“

„Hohenstein“ – nicht mehr „Hohenstein Institute“, auch nicht „Hohenstein Group“, sondern einfach „Hohenstein“ soll das neue, gebräuchliche „Wording“ werden. Dahinter stecken 650 Mitarbeiter am Standort Bönnigheim und mehr als 300 Beschäftigte in mehr als 40 Niederlassungen und Kontaktbüros weltweit. Hohenstein ist ein international agierender Prüfdienstleister und Forschungspartner in der Textil- und Textilpflegebranche. Im Wäschereibereich besteht das Team aus verschiedenen Fachexperten, aus Textilreinigern, Forschern, Entwicklern. Theorie und Praxis sollen so verbunden werden. Als Beispiel für den „Know-how-Mix“ dienen Hammer und Janning selbst. Der 39-jährige Hammer ist Diplom-Biologe und Diplom-Betriebsökonom, er war Produkt- und Marketingmanager, Forschungs- und Projektleiter; Janning (54 Jahre) kommt aus einer Wäschereifamilie, ist Textilreinigermeister und war bei einem Waschchemielieferanten tätig. Wichtig ist beiden: „Wir wollen nicht den Anschein erwecken, dass wir hier in Hohenstein im Elfenbeinturm sitzen. Wir bieten den Wäschereien praktische Unterstützung und arbeiten nah an der Basis“, betont Hammer.

Das Thema Wäscherei ist umfassend – und so umfassend will es Hohenstein auch abbilden. Dazu gibt es verschiedene Labore, eigene Maschinen für Waschtests und zahlreiche Experten, die beraten und beim Optimieren helfen. „Die Ansprechpartner mit Expertise für verschiedenste Themen sind alle im Haus und haben ein offenes Ohr“, so Janning. Bei der Zusammenarbeit entstehen Synergien. Ein Beispiel: Wäscherei, Hygiene und Biomedizin. Übergreifend können die Labore herausfinden, ob z.B. Keime schuld an einem Geruch von Textilien sind. Oder: Das Physiologielabor kann wichtige Argumente für Mehrwegtextilien liefern, z.B. im OP-Bereich. „Hier wollen wir Wäschereien auch bei der Marktbearbeitung unterstützen“, so Hammer.

Synergien geschaffen

Durch die Synergien innerhalb der verschiedenen Labor- und Forschungsabteilungen habe man nicht nur mehr Effizienz geschaffen, sondern auch das Portfolio für Wäschereien vergrößert. Wieder am Beispiel Gerüche: „Bisher konnten wir bei Geruchs­problemen nur die Verfahrenstechnik überprüfen“, erläutert Janning. Jetzt sei zusätzlich eine entsprechende Laboranalytik nutzbar, z.B. im Hygienebereich, um die Pro­blemquelle zu finden.

Neben den vier Laborbereichen gibt es die Forschung und eine eigene Abteilung für Weiterbildung, die sich ebenfalls mit Wäschereithemen befassen. Frischer Wind soll auch hier wehen: Ab Februar 2019 geht die „Hohenstein Academy“ an den Start. Im Angebot: Schulungen nicht nur in Bönnigheim, sondern auch online oder in den Betrieben vor Ort. Über eine Internetplattform soll professionelles E-­Learning möglich sein. „Unsere Wäschereikurse wurden bereits neu konzeptioniert aufgrund von Rückmeldungen der Teilnehmer“, berichtet Hammer. Mit dem neuen Weiterbildungsangebot will Hohenstein Unternehmern die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter erleichtern, aber auch junge Leute für die Textilpflegebranche begeistern und bestehendes Personal neu motivieren. „Die Branche ist spannend, hat viel zu bieten – und gerade in der Aus- und Weiterbildung gibt es enormes Potenzial“, ist Hammer überzeugt.

In Forschungsbelangen soll es anwendungsorientiert zugehen. Erfolgreich abgeschlossen ist z.B. das Projekt „Hydrophobine“. In Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut IGB in Straubing wurde an der Entwicklung einer fluorkarbonfreien, wasser- und schmutzabweisenden Funktionalisierung für Textilien auf Basis von Pilzproteinen gearbeitet. Auch das Messen des Mikroplastikanteils im Abwasser von Wäschereien ist ein Forschungsprojekt. Zudem pflegt Hohenstein Kontakte zu den Zulieferern von Maschinen, Chemie etc., um bei Bedarf bei der Produktentwicklung zu helfen. Profitieren sollen Wäschereien von der Forschungs- und Entwicklungsarbeit der Hohensteiner u.a. über die Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege. Hammer und Janning wollen dabei für kurze Wege stehen – u.a. deshalb hat sich der Vorstand des Vereins für die Doppelspitze entschieden. Hammer kümmert sich um die Bereiche Betriebswirtschaft, Strategie, Marktbearbeitung, Marketing; Janning ist der „Wäscher“ mit Erfahrung und Nähe zur Praxis. Gemeinsam will man den Mitgliedswäschereien der Gütegemeinschaft „den Schmerz nehmen“.

Hohenstein und Gütegemeinschaft

Dennoch wird betont: Die beiden Bereiche Hohenstein und Gütegemeinschaft seien klar zu separieren. „Die Gütegemeinschaft ist ein eigenständiger Verein mit ganz bestimmten Aufgaben. Die Tätigkeiten von Hohenstein gehen darüber hinaus“, erläutert Hammer. Die Gütegemeinschaft beauftragt Hohenstein mit operativen Aufgaben; Hohenstein agiert als Dienstleister für den Verein. „Dabei gibt es natürlich thematische Überschneidungen – und vor allem Synergien“, sagt Janning. Die Zusammenarbeit gebe es bereits seit mehr als 60 Jahren, eine Vertrauensbasis sei vorhanden. „Trotzdem sollten beide Bereiche eigenständig betrachtet werden“, so Hammer. „Das wollen wir auch bei der Jahrestagung in Kassel entsprechend kommunizieren, um den Mitgliedern die Strukturen klarzumachen.“ Für die Veranstaltung vom 25. bis 27. Oktober 2018 versprechen Hammer und Janning einige Änderungen, mit denen sie u.a. hoffen, auch jüngere Führungskräfte aus Wäschereien anzusprechen. Es soll u.a. mehr Interaktion stattfinden. R+WTextilservice wird in Kassel vor Ort sein und im Nachgang berichten.

Die Hauptthemen für die Gütegemeinschaft sehen Hammer und Janning in den folgenden drei strategischen Säulen:

1. Qualitätssicherung:

  • Werterhalt
  • Waschprozesse
  • Hygiene

2. Marktbearbeitung:

  • strategische Entwicklung
  • Stakeholder/Verbände (Krankenhaus, Hauswirtschaft etc.)

3. Weiterbildung:

  • Präsenzschulungen
  • Inhouseschulungen in den Wäschereien vor Ort
  • Onlineschulungen und E-Learning
  • Mitarbeitergewinnung/-motivation

Hammer betont: „Wir wollen den Wäschereien zuhören und erfahren, was die Branche wirklich braucht.“ Janning ergänzt: „Die Betriebe sollen wirtschaftlich erfolgreich sein durch unsere Unterstützung. Wir wollen viel mehr sein als die Hygienepolizei.“ Gerade die Gütezeichen (RAL-GZ 992) sollen den Betrieben Vorteile bieten. Es soll aber nicht allein um das Gütezeichen gehen. Die Gütegemeinschaft soll wieder als Gemeinschaft gesehen und genutzt werden.

Neben einer neuen Website ist auch ein neues Onlinekundenportal geplant – inklusive Echtzeitdokumentenmanagement. „Die Betriebe können von uns erwarten, dass wir ihnen zukünftig noch komfortableren Service bieten, dass wir ihnen Arbeit abnehmen“, so Janning. Das gelte für große wie kleine Betriebe. Denn gerade in Zeiten eines Konsolidierungstrends auf dem Wäschereimarkt sei es wichtig, allen gerecht zu werden mit individueller Ansprache.

Die Gütegemeinschaft will auch verstärkt auf Austausch und Kooperation mit anderen Verbänden setzen. Es habe bereits konstruktive Gespräche gegeben, so Hammer: „Als relativ kleine Branche müssen wir zusammenhalten.“

www.hohenstein.de

www.waeschereien.de