Mindestlohn Gegen Lohndumping

Am 24. Oktober trat der Mindestlohn endgültig in Kraft. Der Industrieverband Textil Service (intex) sieht darin einen Beitrag zur sozialen Stabilität und einen wirksamen Schutz vor Lohndumping. Vom Mindestlohn profitieren Unternehmen, die sich bereits über lange Jahre der freiwilligen Tarifbindung unterzogen haben, sowie die 30.000 Beschäftigten der Branche.

Der allgmeinverbindliche Mindestlohn-Tarifvertrag sieht eine Lohnhöhe von 7,51 Euro in den alten Bundesländern vor.Foto: Zimmermann

Gegen Lohndumping

Durch Abschluss des Mindestlohn-Tarifvertrags für Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft gehört die Branche zu den wenigen, in denen ein branchenbezogener Mindestlohn etabliert ist.

Im Gegensatz zu anderen Branchen gibt es gute Gründe für die Arbeitgeberverbände in der Textilpflege, einerseits dem Industrieverband Textil Service intex e.V. und andererseits der Tarifpolitischen Arbeitsgemeinschaft Textilreinigung (TATEX) im Deutschen Textilreinigungs-Verband e.V., diesen Weg gemeinsam mit der Industriegewerkschaft (IG) Metall zu gehen:

Wie intex erklärt, müsse die Branche vor Lohndumping geschützt werden, um ihre nachhaltige Entwicklung zum Wohle der Unternehmen und der Beschäftigten zu gewährleisten. Insbesondere sieht der Verband durch den Mindestlohn Folgendes erreicht:

-Ein gleicher Rahmen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen für alle vergleichbaren Unternehmen der Branche (Großwäschereien im Objektgeschäft, BtoB) wurde geschaffen.

-Die Betriebe erhalten Schutz vor tariflicher Unterwanderung und können damit ihre (gesetzlichen) Pflichten gegenüber den Beschäftigten (allg. Arbeitsstandards) und den Kunden erfüllen (z.B. Qualität, Hygiene).

-Lohndumping durch Verlagerung der Arbeitsplätze an Tarifungebundene wird ausgeschlossen.

-Der Bestand sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in der Branche wird gesichert.

-Der Mindestlohn ist ein Beitrag zur sozialen Stabilität in Deutschland, Sozialabgaben werden gesichert, zusätzliche Ausgaben für Aufstocker werden vermieden.

Oft werden gegen den Mindestlohn ordnungspolitische Gründe ins Feld geführt. Dabei wird von Laien der gesetzliche und der branchenbezogene Mindestlohn oft verwechselt oder gar gleichgesetzt. Es ist zu unterscheiden: Der hier vorliegende (branchenbezogene) Tarifvertrag ist voll von der Tarifautonomie gedeckt, schließlich ist er zwischen den Tarifparteien geschlossen, die selbst die Bedingungen und Inhalte festgelegt haben. Es handelt sich deshalb ausdrücklich nicht um einen gesetzlichen Mindestlohn, der, von politischer Ebene beschlossen, flächendeckend für alle Branchen gleiche Bedingungen enthält. Dagegen sprechen tatsächlich massive Bedenken, es würden Lohnabschlüsse zu parteipolitischer und wahltaktischer Verhandlungsmasse und die Tarifautonomie außer Kraft gesetzt. Hiergegen wendet sich auch intex. Nachdem bereits zu Beginn des Jahres 2009 Bundestag und Bundesrat die Aufnahme des Mindestlohn-Tarifvertrags in das Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG) beschlossen hatte, stellten die Sozialpartner den Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit des Mindestlohn-Tarifvertrags, damit schließlich noch die erforderliche Rechtsverordnung zur Umsetzung erlassen werden konnte.

Die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Wäschereidienstleistungen im Objektgeschäft (kurz: VO) ist am 24. Oktober 2009 in Kraft getreten. Seit diesem Tag gilt der allgemeinverbindliche Mindestlohn-Tarifvertrag.

Ein Lohngefälle bleibt, wie intex erklärt, im Textilservice dennoch bestehen: Die intex-Unternehmen leisten den Beschäftigten nach den aktuellen Lohn- und Gehaltstarifverträgen mit der IG Metall in der untersten Lohngruppe verstetigten Monatslohn von 1.436,65 Euro in den neuen Bundesländern (entspricht einem Stundenlohn von 8,34 Euro im Osten) bzw. 1.524,77 Euro in den alten Bundesländern (entspricht 9,52 Euro). Zum Vergleich: Der Tarifvertrag von DTV (TATEX) und DHV sieht derzeit in der niedrigsten Lohngruppe einen Stundenlohn von 6,40 Euro (Ost) bzw. 8,00/7,60 Euro (West: Hochlohn/Niedriglohn) vor.

Mit der Aufnahme der Branche in das AEntG steht ein rechtliches Instrument zur Verfügung, das Lohndumping in der Branche durch den Zoll und die Sozialversicherungsträger wirksam zu bekämpfen. Um die Durchsetzung des Mindestlohn-Tarifvertrags zu verbessern, werden die Sozialpartner in Kooperation mit dem Bundesfinanzministerium (BFM) kurzfristig ein Bündnis gegen Schwarzarbeit in der Branche vereinbaren.

Vom Mindestlohn profitieren zum einen die Unternehmen, die sich bisher über lange Jahre der freiwilligen Tarifbindung unterzogen haben. Sie haben nun die erforderliche Planungssicherheit für künftige Investitionen am Standort Deutschland und können die vielfältigen, auf der Branche lastenden normativen und gesetzlichen Regelungen erfüllen, ohne in wirtschaftliche Not zu geraten. Zum anderen profitieren davon die etwa 30.000 Beschäftigten der Branche, die für ihre Arbeit nun auch in den bisher nicht tarifgebundenen Unternehmen einen Lohn erhalten, der sicherstellt, dass sie ihre Familien ernähren können, ohne durch Hartz IV aufzustocken. intex setzt sich intensiv mit den Bedingungen der Corporate Social Responsibility, der sozialen Unternehmerverantwortung und des nachhaltigen Wirtschaftens auseinander und hat das Verwirklichen anerkannter Arbeitsstandards und -bedingungen zu einem seiner vordringlichen Anliegen erklärt (Leitbild und Selbstverständnis).

Der Textilservice weist einige Besonderheiten auf, die der Mindestlohn nun abfedert.

-So herrscht unter den Beschäftigten ein sehr hoher Frauenanteil (ca. 75 Prozent), ebenso ein erheblicher hoher Anteil Ungelernter.

-Zudem befinden sich die vom Tarifvertrag betroffenen Dienstleister in einer jungen Branche, die gegenüber ihren Kunden keine Marktmacht darstellt, denn in ihren Betriebsstrukturen sind sie fast ausschließlich Klein- und Mittelbetriebe zwischen 20 und 200 Beschäftigten. Demgegenüber stehen oftmals Kunden mit einer weit höheren Wirtschaftskraft, die den Unternehmen der Branche ihre Bedingungen diktieren können. Der wirtschaftliche Druck in den Unternehmen des Textilservice ist in den letzten Jahren immens gestiegen. Ohne Mindestlohn wären der Bestand der tarifvertraglichen Regelungen für die Beschäftigten der industriellen Wäschereien und des Textilservice und schließlich die Arbeitsplätze gefährdet, die durch ruinösen Wettbewerb verloren gehen.

-Der Textilservice ist außerordentlich lohn- und gehaltsintensiv. Gemessen an den Gesamtkosten beträgt der Personalkostenanteil im Durchschnitt etwa 50 Prozent. Betriebe ohne Tarifbindung haben einen Lohnkostenvorteil von 30 Prozent und mehr. Dies führt zu marktrelevanten Preisunterbietungen von bis zu 15 Prozent. Ohne Mindestlohn führt dies auf Dauer zu einer Verdrängung der tarifgebundenen Betriebe bzw. zu einer Flucht in tariflose Zustände, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Sozialstandards können nicht mehr eingehalten werden. Die gezielte Förderung von Beschäftigten kann nicht mehr erfolgen.

Der Anteil der Personalkosten ist nicht vorrangig von der Größe des Betriebs abhängig. Vielmehr besteht ein Unterschied innerhalb der Segmente: Generell ist der Personalkostenanteil in jenen Segmenten deutlich höher, in denen hygiene- bzw. gesundheitsrelevante Vorschriften und Normen einzuhalten sind. Insbesondere Betriebe, die in der Gesundheitswirtschaft (z. B. für Krankenhäuser) oder im Lebensmittelbereich (für Gaststätten, Fleischereien etc.) tätig sind, haben erhöhte Aufwendungen. Behördliche Auflagen können nur bei kalkulierbaren Rahmenbedingungen in den Personalkosten gewährleistet werden. Tarifunterschreitung leistet Kosteneinsparungen bei Lohndumpern Vorschub, zu Lasten des Arbeitsschutzes, der gebotenen Einhaltung von Normen und Vorschriften. Damit findet die Verlagerung der Betriebskosten auf die Sozialsysteme, also der Gemeinschaft statt. Ohnehin erlebt das Ge-sundheitswesen gegenwärtig die fundamentalsten Veränderungen der letzten 50 Jahre. Die Kapazitäten sind eklatant rückläufig, der Kostendruck durch Fallpauschalen massiv. Hinzu kommen das Sinken der stationären Verweildauer der Patienten, erheblicher Bettenabbau, das Zunehmen der ambulanten Behandlungen und der rigide Wettbewerb mit den Anbietern von Einwegartikeln. Diese Situation hat insbesondere im Krankenhausbereich in der Zwischenzeit zu einem ruinösen Preiswettbewerb im Textilservice geführt. Umfragen von intex haben ergeben, dass der Preisverfall derart rapide ist, dass bei Bestandskunden Preisabschläge von bis zu 30 Prozent, bei Neukunden bis 40 Prozent zu verzeichnen sind.

Die gesellschaftlich erwünschte und wirtschaftlich langfristig erforderliche Anpassung Ost/West, also der neuen Bundesländer an die alten, werde von intex maßvoll und aktiv betrieben. Sie kann aber ernsthaft nur verwirklicht werden, wenn die Rahmenbedingungen gegeben sind. Eine deutlich zweistellige Arbeitslosenquote, eine deutlich höhere Zahl an Insolvenzen sprechen dagegen. In der gegenwärtigen Praxis entziehen sich Unternehmen den Tarifen und verschärfen die Wettbewerbssituation zu Lasten der Beschäftigten bzw. der öffentlichen Kassen. Der „Marktpreis“ für eine Arbeitskraft liegt bei Ungelernten bei etwa 4 Euro, bei Facharbeitern auch nur knapp über 5 Euro. Weniger Urlaubstage (teilweise unter 20), kein Urlaubsgeld, keine Gratifikationen sind weitere Kennzeichen der Situation. Auch wenn weiterhin nicht unerhebliche Unterschiede in der Lohnhöhe bestehen, ist mit dem Mindestlohn eine akzeptable untere Grenze eingezogen und es bestehen rechtliche Mechanismen, Lohndumper zu belangen. Aus Sicht von intex sind damit die Weichen gestellt, die Branche leistungsfähig zu gestalten und ihren Unternehmen in einem gesunden Wettbewerb eine auf die Zukunft gerichtete Entwicklung zu ermöglichen, ohne einen ruinösen Preiskampf zu fechten. Im Sinne der Unternehmensverantwortung sichert der Mindestlohn den Beschäftigten der Branche einen auskömmlichen Lohn. Und schließlich ein volkswirtschaftlicher Aspekt: Durch den Mindestlohn werden zudem die Sozialkassen entlastet, die Zahl der Aufstocker in der Branche wird gegen null tendieren.

Infos: www.intex-verband.de

www.dtv-bonn.de