Erneuerbare Energie Lohnt sich Photovoltaik für Textilpflegebetriebe noch?

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Solaranlagen sind bei Textilpflegebetrieben beliebt, dennoch lief der Markt Gefahr, einzubrechen. Der Grund: Im Sommer drohte ein Förderstopp. Zwar fiel der gefürchtete Förderdeckel für Solarstrom vor kurzem, doch noch immer lauern Hindernisse, sagt der Bundesverband Solarwirtschaft.

Solaranlagen produzieren Strom Kraft der Sonne
Mit Sonnenkraft produzieren Solarpanels nicht nur klimafreundlichen Strom, sondern sie ersparen ihrem Besitzer hohe Stromkosten. - © anatoliy_gleb – stockadobe.com

Scheint die Sonne, schaltet Ladislaus Szabo die Waschmaschine an. Der Textilpfleger achtet seit vier Jahren sehr genau auf den Zeitpunkt, wann er Strom verbraucht. Der Inhaber von mr.clean hat eine Solaranlage auf sein Dach geschraubt. "Es lohnt sich", sagt der Österreicher. Statt einer Stromrechnung bekommt er am Jahresende nun bis zu 300 Euro gutgeschrieben. Auch in Deutschland interessieren sich immer mehr Unternehmer für Photovoltaik-Anlagen (PV). Doch hierzulande sind viele angehende Solarwirte verunsichert: Im Sommer drohte ein Förderstopp.

Förderstopp heißt: Der Netzbetreiber vergütet eingespeisten Solarstrom nicht mehr automatisch. Wer eine PV-Anlage besitzt, muss sich selbst darum kümmern, ob der Strom verkauft oder verbraucht wird. Aktuell nutzen hierzulande 1,9 Millionen Solaranlagen die Kraft der Sonne. Nach Angaben der Bundesnetzagentur produzieren sie insgesamt 50,46 Gigawatt Strom. Die Fördergrenze liegt gemäß dem Erneuerbaren Energie Gesetz (EEG) bei 52 Gigawatt. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) schätzt, dass dieser Deckel im August erreicht wird. Damit stoppt für neu installierte Anlagen die garantierte Abnahme des produzierten Stroms. Für viele stellt sich daher die Frage: Lohnt es sich überhaupt noch in eine Solaranlage zu investieren?

"Auf jeden Fal", sagt Andreas Masch. Der Energieberater der Verbraucherzentrale Bayern berät angehende Solarwirte. Gerade für Unternehmen, die viel Energie verbrauchen, sieht er großes Potential. "Und zwar dann, wenn sie den produzierten Strom selber nutzen." Viele Firmen haben hohe Energiekosten, weil sie viel verbrauchen, aber auch, weil sie deshalb mehr pro kWh bezahlen, erklärt Masch. Stromversorger legen ihm zufolge den Preis fest, in dem sie den Verbrauch in 96-Stunden-Takten messen. Aus diesen Leistungsabfragen berechne sich der Strompreis. Wer punktuell viel Energie nutzt, zahlt mehr. Der Einsatz von PV-Anlagen hilft Unternehmern laut dem Energieberater an zwei Stellen. Der selbst produzierte Strom spart Kosten. Und: Sobald Betriebe weniger Strom aus dem Netz ziehen, sinken die Stromspitzen und damit der Preis.

Solarstrom: Etwa 10 m² Dachfläche für ein Kilowatt

Um ein Kilowatt Strom zu gewinnen, benötigt man 7 bis 10 m² Dachfläche. Diesen Wert nennt der BSW und fügt hinzu: Bei geeigneter Ausrichtung erzielen Silizium-Module einer 1-kWp-PV-Anlage im Jahresdurchschnitt etwa 1.000 Kilowattstunden. "In nahezu allen Regionen in Deutschland", versichert Carsten Körnig, BSW-Hauptgeschäftsführer.

Das Interesse für Sonnenenergie in der Bundesrepublik ist messbar: Im ersten Quartal 2020 montierten Handwerker 49.000 neue Solaranlagen, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Der Trend droht abzubrechen. "Viele Projekte liegen inzwischen auf Eis", gibt der BSW noch Anfang Juni zu Bedenken. Es fehlt ein Signal aus der Politik. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat versprochen den Deckel abzuschaffen. Fällt er nicht, schätzt der Bundesverband, dass sich die Nachfrage halbiert. Das Marktforschungsinstitut EUPD Research rechnet sogar mit einem Einbruch von 80 Prozent. Problematisch an der noch unklaren Lage ist, dass sich – solange der Deckel bleibt – die Amortisationszeiten der Solaranlagen verlängern. Bis sich eine Anlage dann rechnet, vergehen deutlich mehr als 15 Jahre, schätzt der BSW.

Bereits montierte Module amortisieren meist wesentlich schneller – wie Szabos PV beispielhaft zeigt. "Wenn die Anlage so weiterläuft, habe ich die Investition nächstes Jahr locker wieder drin." Knapp 15.000 Euro investierte der Textilpfleger vor vier Jahren. 20 Prozent förderte der österreichische Staat. Ein klarer Kaufanreiz, aber auch ohne den Zuschuss fiel ihm die Entscheidung leicht: 2000 Euro Strom zahlte er 2015 für Betrieb und Wohnung. Danach montierte er die Solaranlage von Fronius. "Jetzt bekomme ich bis zu 300 Euro auf die Stromrechnung gutgeschrieben", sagt der Unternehmer.

Datenbank listet, welche Anlagen gefördert werden

Im diesem Fall musste sich Szabo um nichts kümmern. Den Antrag auf Förderung habe der Installateur gestellt. "Ich habe nur unterschrieben." In Deutschland führt das Wirtschaftsministerium eine Förderdatenbank . Sie listet Programme von Bund und Länder und bietet eine Suchfunktion u.a. nach Förderart und Unternehmensgröße. Beispielsweise unterstützen Berlin, Bayern, Thüringen und Nordrhein-Westfalen die Anschaffung von Batteriespeichern.

Solarpanels richtig anbringen

Bei mr.clean stehen die Solarpanels auf dem Flachdach, weitere Module hängen an der Hausfassade. Die Anlage ist auf maximal 9 kWh ausgelegt. An sonnigen Tagen, sagt Szabo, liegt der Wert bei 7,5 ­kWh. Wie viel Strom tatsächlich produziert wird, hängt von mehreren Faktoren ab – etwa der Neigung und der Ausrichtung. Strahlt die Sonne in einem Winkel von 90 Grad auf die Module, erzielen sie die besten Erträge. Ebenso, wenn sie nach Süden zeigen. Das lässt sich nicht für jedes Gebäude umsetzen, weiß Energieexperte Andreas Masch. "Muss es aber auch nicht", sagt er. Denn auch ungenutzte Freiflächen eignen sich für Anlagen. Parkplätze zum Beispiel. "Die kann man gut mit Panels überdachen."

Ein weiterer Faktor, der die Leistung beeinflusst, ist das Wetter. Das kommt dem österreichischen Textilpfleger zu Gute. Die Stadt Oberwart liegt laut dem Statistikportal statista im sonnigsten Bundesland, dem Burgenland. In dessen Landeshauptstadt schien die Sonne im vergangenen Jahr 2.237 Stunden. Deutschland kam im Vergleich durchschnittlich auf 1.800 Sonnenstunden. Heuer zeigt sich die Sonne sogar öfter: Sie schien im Mai 230 Stunden. Das sind fast 30 Stunden mehr als sonst. An manchen Tagen deckt Solarstrom laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE bis zu 50 Prozent des deutschen Stromverbrauchs.

So gehen angehende Solarwirte vor:
1. Vorab Fragen klären: Laut dem Energieberater der bayerischen Verbraucherzentrale, Andres Masch, sollten sich Unternehmer zunächst folgende Fragen stellen: Wie viel Strom verbraucht die Firma? Besteht überhaupt die Möglichkeit eine Anlage zu bauen? Sprich, gehört dem Unternehmen eine Dachfläche oder muss sie gepachtet werden? Was kostet eine Anlage in der Größenordnung des Stromverbrauchs? Rechnet sich die Investition?
2. Experten befragen: Den hauseigenen Installateur: "Sie kennen oft sich gut aus und sind mit dem Gelände vertraut", sagt Masch. Einen Energieberater: "Nicht jedes Dach ist geeignet", sagt Masch, ein Energieberater könne einschätzen, ob und wo Solarmodule angebracht werden können. In manchen Fällen müsse zuerst die Statik des Gebäudes geprüft werden. Den Energieversorger: Bevor Anlagen installiert werden, prüft laut Masch der Stromversorger die PV auf ihre Netzverträglichkeit. Das heißt, sie gibt vorab Beschied, ob die geplanten Module an diesem Standort realisierbar sind. Die Größe der Anlage richte sich nach dem Anschlusswert, also dem bisherigen Verbrauch.
3. Erfahrung anderer nutzen: "Bauen Sie auf Erfahrungen von Kollegen", sagt der Energieberater. Für ihn heißt das, mit Unternehmern zu sprechen, die schon Solarstrom gewinnen und sich Referenzen von deren Installateuren geben zu lassen.
4. Förderungen suchen: Auf der Website www.foerderdatenbank.de finden Unternehmer aktuelle Förderprogramme.
Das empfiehlt der Experte: Batteriespeicher. Solche Speicher sind laut Masch besonders für Firmen attraktiv. Der gewonnene Solarstrom kann gespeichert und später verbraucht werden.

Preise für PV-Anlagen sinken seit Jahren

2012 verebbte der Boom in der Solarbranche. Inzwischen zeigt sich ein anderes Bild. Die Nachfrage blüht seit etwa drei Jahren wieder auf. Der Grund dafür ist simpel: Die Anlagen wurden billiger. Blätterte man früher zehntausende Euro hin, bezahlt man laut BSW pro installiertem Kilowatt peak gegenwärtig 800 bis 1.000 Euro – je nach Größe des Solardachs. Im Vergleich zu 2006 fielen die Kosten um 75 Prozent Allerdings sank in diesem Zeitraum auch die Marktprämie für eingespeisten Strom. Erhielten Solarwirte früher bis zu 35 Cent pro kWh, liegt die Vergütung laut BSW – je nach Anlagengröße – momentan bei sieben bis neun Cent. Zudem bezahlen Besitzer von PV-Anlagen, die 10 kWp und mehr produzieren, anteilig eine EEG-Umlage von 6,7 Cent. Strom vom Firmendach sei zwar vollständig von Steuern befreit, aber nur zu 60 Prozent von der EEG-Umlage. Eine Marktbarriere, findet der BSW, die den PV-Ausbau und somit das Erreichen der Klimaziele "künstlich bremst."

Förderdeckel fällt, diese Hürden stehen noch

Am 18. Juni – dem 62. Geburtstag von Bundesenergieminister Altmaier – verkündet der Bundestag die langersehnte Entscheidung: Der Förderdeckel fällt. Seit Anfang Juli ist er Geschichte. Nun liegt es am Kabinett, eine Novelle des EEG auszuarbeiten, die den Ausbau von Solarstrom weiter fördert. "Nach dem Deckel müssen weitere Barrieren fallen", betont Körnig. Der BSW will, dass Besitzer von Umlagen und Abgaben für selbst konsumierten Strom befreit werden und für Überschuss zu Marktpreisen entlohnt werden. Das wird wichtig, denn das EEG fördert das Einspeisen nur für 20 Jahre; in den kommenden fünf Jahren fallen geschätzt 100.000 PV-Anlagen aus dieser Förderung. Zudem bemängelt Körnig, dass nur Anlagen mit einer Leistung von maximal 0,75 Megawatt Marktprämien erhalten. "Das ist nicht nachvollziehbar." Viele Hallendächer blieben so ungenutzt. Klimaziele erreicht Deutschland ihm zufolge nur, wenn der Ausbau von jährlich 2,5 Gigawatt vervierfacht werde. Im Vergleich zu Österreich hat die Regierung genau dafür ein klares Ziel formuliert: Bis 2030 soll jedes zweite Dach im Land eine Photovoltaik-Anlage tragen. Zumindest steht es so im Koalitionsvertrag, genauer gesagt im Ein-Millionen-Dächer-Photovoltaik-Programm. Das sind zehnmal mehr Anlagen als bisher gefördert werden sollten.

Solarstrom zieht Kunden an

Für den Inhaber von mr.clean spielte neben dem Klimaschutz ein anderer Aspekt eine Rolle: "Ich wollte grünen Strom haben, weil die Kunden Wert darauf legen." Im Burgenland jedenfalls gilt der Textilreiniger mit seinem Konzept als "Öko-Pionier". Manche kämen sogar extra deswegen in seinen Betrieb nach Oberwart. Für Szabo ist Nachhaltigkeit aber kein Marketing-Gag, betont er. "Es ist ein Paket." Und das versucht er anzubieten und auszubauen. Neben dem grünen Logo und dem Solarstrom verzichtet er beispielsweise auf Lösungsmittel wie Perchlorethylen (Per) und nutzt für Textilien das Waschmittel "Viva Envia" von Seitz.

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    Die Textilreingiung mr.clean
    © Ladislaus Szabo/mr.clean
    Nicht nur die Buchstaben sind grün: In der Textilreinigung mr.clean setzt Inhaber Ladislaus Szabo auf Nachhaltigkeit, etwa mit Solarstrom.
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    Die Textilreingiung mr.clean
    © Ladislaus Szabo/mr.clean
    Die Solarpanels stehen auf dem Flachdach und sind an der Häuserfassade der ehemaligen Bankfiliale montiert.
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    Die Textilreingiung mr.clean
    © mr.clean
    2014 kündigte Ladislaus Szabo seinen Job und machte sich als Textilpfleger selbstständig.
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    Die Textilreingiung mr.clean
    © Ladislaus Szabo
    Damit in dem ehemaligen Schalterraum gewaschen werden kann, stemmten Ladislaus Szabo und seine Helfer einzelne Wände weg.
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    Die Textilreingiung mr.clean
    © Ladislaus Szabo/mr.clean
    Heute ist von der ehemaligen Bank nichts mehr zu sehen.

Um das "grüne" Konzept umzusetzen, musste Szabo tief in die Tasche greifen. 1,3 Millionen Euro hat er investiert. "Ich konnte mir das leisten", sagt der gelernte Chemiekaufmann – aber nur, weil er jahrelang eine gutbezahlte Stelle hatte, und damit entsprechende Sicherheiten bei der Bank vorweisen konnte. 2014 entschied er sich, auszusteigen. Zu dem Zeitpunkt stand in seiner alten Heimatstadt die ehemalige Bank leer. Ideal für eine Textilreinigung, dachte Szabo und kaufte das dreistöckige Gebäude mit Flachdach. "Es ist mitten im Ort", sagt er. Kunden erreichen seinen Laden zu Fuß. Ein halbes Jahr später standen statt Schalter, Reinigungsmaschinen und Bügelstationen im Erdgeschoß. Im Keller der ehemaligen Bank befinden sich nun zwei Jumag-Dampferzeuger. Sie sind Teil des Energie­konzepts: Nicht gebrauchter Dampf fließt zurück in einen Wärme­tauscher. Damit heizt Szabo. Über der Reinigung vermietet er Büroflächen. In der obersten Etage wohnt er mit seiner Frau.

Der Himmel ist klar am ersten Donnerstag im Mai. Es ist 13 Uhr, die Panels produzieren 5.500 kW Strom pro Stunde. Den Wert liest Szabo aus einer App in seinem Smartphone ab. Eigentlich müsste er das gar nicht mehr. Der Solarwirt weiß inzwischen sehr genau, was die Anlage bei welchem Wetter leistet. Das hat einen einfachen Grund: Geld. Ist es bewölkt, muss Szabo Strom aus dem Netz ziehen. "Zuzukaufen ist teuer." Es kostet mehr, als er beim Verkauf von Strom erhält. Vor vier Jahren erhielt er noch sieben Cent gutgeschrieben, inzwischen sind es nur noch zwischen zwei und vier Cent. Also passt er seinen Tagesablauf an. Soweit es geht im Betrieb und natürlich privat. Seine Geschirrspülmaschine läuft nur noch, wenn die Sonne scheint.