Die Teilnehmer des Praxisseminars „Bügeln auf Flachbügeltischen“ lernten nicht nur, wie Hemden, Sakkos oder Röcke fachgerecht gebügelt werden – sie erfuhren auch, was einen erfolgreichen Bügelprofi ausmacht.
Mit Fantasie und Technik
„Die Spitze des Bügeltischs zeigt im Normalfall nach rechts“: Mit diesen Worten brachte Seminarleiter Jürgen Tagge den Teilnehmern gleich zu Beginn des Bügelseminars eine der wichtigsten Voraussetzungen bei. Einige Teilnehmer hatten den Bügeltisch bislang genau andersherum genutzt, doch Jürgen Tagge erklärte ihnen die Vorteile der nach rechts weisenden Spitze: Schließlich kann man auf diese Weise mit der linken Hand ein Kleidungsstück festhalten, während man mit der rechten Hand bügelt – für Linkshänder gilt jedoch das entgegengesetzte Verfahren.
Zehn Teilnehmer waren Ende Februar nach Schloss Hohenstein gekommen, um sich im Praxisseminar in Sachen Bügeln weiterbilden zu lassen. Das richtige Bügeln ist auch Bestandteil des Intervall-Fernlehrgangs „Geprüfter Fachmann/Geprüfte Fachfrau für Textilreinigung und Umweltschutz“, den die Technische Akademie Hohenstein anbietet. Er dauert rund vier Monate und setzt sich aus Wochenendeseminaren und Fernstudium zusammen. Der Seminarleiter erklärte den Teilnehmern zunächst verschiedene Bügeltische und ihre Eigenheiten. So bieten manche Fabrikate z.B. einen dreidimensionalen Lift, der das Bügeleisen in der zuletzt gewählten Position hält. Dadurch muss es nicht immer wieder abgestellt und erneut aufgenommen werden. Andere sind absenkbar, um verschiedene Arbeitshöhen zu ermöglichen. Alle modernen Tische bieten darüber hinaus die Möglichkeit, Absaug- oder Blasluft zu verwenden. Hinzu kommen Bügeleisen mit und ohne Dampf. Ohne Dampf sollten zum Beispiel Futterstoffe gebügelt werden, damit sie die Form nicht verlieren. Generell können auf diesen Universaltischen alle anfallenden Kleidungsstücke gebügelt werden, erklärte Jürgen Tagge. Nachdem er die Teilnehmer mit den Gerätschaften vertraut gemacht hatte, übergab er für den praktischen Teil die Fortführung des Seminars an seine Frau Elvira.
Sie demonstrierte zunächst, wie eine Hose richtig gebügelt wird. „Es wird immer nur das gebügelt, was nötig ist“, schärfte sie den Teilnehmern ein. Schnell entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, wie viel die einzelnen Betriebe für das Bügeln verlangen. Dabei wurde klar, dass die Spanne groß ist – je nachdem, ob das Unternehmen Konkurrenz am Ort hat oder nicht. „Qualität kostet Geld und die muss man sich bezahlen lassen“, meinte Elvira Tagge.
Um eine Hose optimal zu bügeln, wird mit dem Bund von innen begonnen. Anschließend wird der Gesäßbereich bearbeitet, um mögliche Sitzfalten zu entfernen. Auch die Taschenbeutel dürfen nicht vergessen werden. Anschließend wird die Hose plan aufgelegt, der Bund weist nach links. Die Bundfalte muss nun genau getroffen werden. Dann wird ein Bein zurückgeschlagen und die Taschenbeutel werden herausgezogen. Am Beinende wird nur knapp über die Kante gebügelt. Beim Bearbeiten der Bügelfalte muss darauf geachtet werden, dass die andere Hand den Stoff nicht zu sehr zieht. Nachdem die Falte gebügelt wurde, wird das Bügeleisen an der Naht entlang zurückgeführt. Anschließend wird die Hose umgedreht und das andere Bein wird gebügelt. Hier ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Bügelfalte den gleichen Abstand und die gleiche Höhe aufweist. Im nächsten Schritt gilt es, die Hose auf einen Bügel aufzuhängen und die Qualität des Bügelergebnisses kritisch zu beurteilen. Elvira Tagge empfiehlt Bügel, bei denen das Hosenende eingeklemmt wird, so dass die Hose komplett nach unten hängt. Meist werden jedoch aus Kostengründen Drahtbügel verwendet, über die die Hose gehängt wird. Hier seien Bügel mit kleinen Polstern besser als solche mit geknickter Pappe. Werden bei der anschließenden Kontrolle oder vor dem Bügeln falsche Bügelfalten entdeckt, sollten diese wenn möglich entfernt werden. „Bei dünnen Stoffen, Gabardine oder Stretch geht die Bügelfalte jedoch nicht heraus“, macht Elvira Tagge klar. Dann muss die alte Bügelfalte wieder verwendet werden – auch wenn sie falsch war. Im Anschluss an die Demonstration hatten die Teilnehmer Gelegenheit, selbst Hosen zu bügeln. Dabei wurde schnell deutlich, dass auch der Stoff entscheidend ist: „Manche Materialien vertragen wenig Feuchtigkeit“, sagte Elvira Tagge. Sie dürfen daher nicht so stark mit Dampf behandelt werden. Von der Eigenschaft des Stoffs hängt auch die Bügeldauer ab. „Bei uns gilt: Eine Hose muss in drei Minuten fertig sein“, berichtete ein Teilnehmer. Nach den Hosen waren Sakkos an der Reihe. Begonnen wurde mit den Ärmeln, dabei wird die Ärmelkante als Orientierung genommen, um keinen Bereich zu vergessen. Das Bügeleisen sollte mit Hilfe von Blasluft so verwendet werden, dass es nicht aufgesetzt wird. Anschließend ist das Futter an der Reihe. Es wird lediglich unter Verwendung einer Sprühpistole trocken gebügelt. Die Futterfalte kommt zum Schluss. Danach wird die Schulternaht auf die Kante des Bügeltischs gelegt, so dass der bereits gebügelte Ärmel locker nach unten fällt. Das Revers wird von innen gebügelt und anschließend umgeschlagen. Das Bügeleisen wird nur kurz aufgesetzt, damit das Revers lediglich oben anliegt und ansonsten rund nach unten fällt. „Zum Abschluss dürfen die Ärmelkanten und die Schlitze nicht vergessen werden. Ziehen Sie das Futter wenn nötig zurück“, riet Elvira Tagge.
Im weiteren Verlauf des Seminars erklärte die Expertin auch, wie Röcke, Blusen, Kleider und Krawatten richtig gebügelt werden. Ihre wichtigste Empfehlung lautete jedoch: „Man braucht Übung. Und: Man muss Lust dazu haben. Außerdem ist Fantasie hilfreich: Zum Beispiel, wenn man sich die Frage stellt, wie man beim Bügeln am besten zum Ziel kommt.“Sandra Höflacher