KommRat Mag.-Ing. Georg Toifl, Wien im Portrait "Mittelstand: Rückgrat der Wirtschaft"

Mittelständische Betriebe sind in wirtschaftlichen Krisen weniger anfällig als Großunternehmen, ist KommRat Mag.-Ing. Georg Toifl überzeugt. Das hat man mittlerweile auch in Brüssel erkannt. Als Präsident der European Association of Craft, Small and Medium-sized Enterprises (UEAPME) ist er optimistisch, dass sich die europäische Politik künftig stärker an den Interessen des Mittelstands orientiert.

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    KommR Mag.-Ing. Georg Toifl: "In puncto Beschäftigung haben mittelständische Betriebe während der Krise mehr Stabilität bewiesen als die Industrie."
    © WKÖ
    KommR Mag.-Ing. Georg Toifl: "In puncto Beschäftigung haben mittelständische Betriebe während der Krise mehr Stabilität bewiesen als die Industrie."
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    Die Finishingstraße in der Rosa Toifl & Co. GmbH, Wien.
    © Rosa Toifl & Co. GmbH, Wien
    Die Finishingstraße in der Rosa Toifl & Co. GmbH, Wien.
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    Die Firmenleitung (v.li.): Mag. Julia Spitzer wird das Unternehmen in dritter Generation übernehmen. Mag.-Ing. Georg Toifl (Bruder von Eva Toifl), Franz Lasselsberger (Lebensgefährte von Eva Toifl) und Eva Toifl (Schwester von Georg Toifl und Mutter von Julia Spitzer).
    © Toifl
    Die Firmenleitung (v.li.): Mag. Julia Spitzer wird das Unternehmen in dritter Generation übernehmen. Mag.-Ing. Georg Toifl (Bruder von Eva Toifl), Franz Lasselsberger (Lebensgefährte von Eva Toifl) und Eva Toifl (Schwester von Georg Toifl und Mutter von Julia Spitzer).
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    Die traditionsreiche Wäscherei Toifl am Wiener Ludo-Hartmann-Platz.
    © Toifl
    Die traditionsreiche Wäscherei Toifl am Wiener Ludo-Hartmann-Platz.

"In puncto Beschäftigung haben mittelständische Betriebe während der Krise mehr Stabilität bewiesen als die Industrie", resümiert Komm.-Rat Mag.-Ing. Georg Toifl aus Wien. Der Inhaber einer Wäscherei mit 185 Mitarbeitern hat in seiner Eigenschaft als Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Österreichischen Wirtschaftskammer Einblick in die wirtschaftliche Entwicklung von 90.000 Gewerbe- und Handwerksbetrieben mit 650.000 Beschäftigten. Davon gehören rund 700 Unternehmen mit 4.500 Mitarbeitern dem Textilreinigergewerbe an.

"In der österreichischen Wäscherei- und Textilreinigerbranche gibt es nur sehr wenige Großbetriebe", erklärt der Unternehmer. Der Rest verteile sich auf ein breites Spektrum von "Papa-und-Mama-Betrieben" bis zu mittelständischen Unternehmen mit 180 bis 250 Beschäftigten. Der "Mittelbau" mit 5060 Mitarbeitern sei allerdings unterrepräsentiert. "Genau diese Betriebsgröße sollte man künftig mehr fördern", appelliert Georg Toifl.

Textilpflege: "Wir müssen besser vermitteln"

Die Bürger sollten dafür sensibilisiert werden, bewusst beim Mittelstand einzukaufen oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. "Wir müssen besser vermitteln, wo Arbeit geschaffen, vernichtet oder transferiert wird", so der Unternehmer. Die Statistik belege, dass in Österreich in Großunternehmen nur zu einem Prozent neue Arbeitsplätze entstehen. Im Mittelstand wachsen die Beschäftigungsmöglichkeiten hingegen um zwölf Prozent und kleinere Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern bieten immerhin noch bis acht Prozent neue Arbeitsplätze an.

"Diese Tatsachen müssen wir in das öffentliche Bewusstsein transportieren. Dabei sollten wir ruhig riskieren, dass die Industrie ärgerlich reagiert, wenn der Mittelstand sich als die dynamischere Gruppe darstell"“, stellt der Unternehmer klar. Dennoch müsse unabhängig von der Betriebsgröße die Branche sehr differenziert betrachtet werden. Georg Toifl: "Im Objektgeschäft gelten andere Gesetzmäßigkeiten als im Privatkundengeschäft. In Krisenzeiten bringt der Kunde sein Bekleidungsstück lieber in die Textilreinigung, anstatt etwas Neues zu kaufen."

Unternehmen, die Hotels oder touristische Einrichtungen bewaschen, sind von Nachfrageflauten stärker betroffen als Betriebe, zu deren Kunden Gesundheitseinrichtungen zählen. "Insgesamt gesehen produzieren wir aber 'Grundversorgungsartikel'. Das bedeutet einen mehr oder weniger kontinuierlichen Bedarf", stellt der Unternehmer fest. Deshalb bewege sich die Kurve zwischen Hochkonjunkturen und Zeiträumen mit geringerer Nachfrage relativ unspektakulär auf- und abwärts.

Toifl: Textilreiniger müssen aktiv den Markt bearbeiten

Um auch schwierige Zeiten überstehen zu können, muss jeder Unternehmer den Markt aktiv bearbeiten, anstatt auf Kundschaft zu warten. "Nur zwölf Prozent unserer Entscheidungen sind rational begründet. Das bedeutet, dass wir versuchen müssen, mit Fantasie und Kreativität zu vermitteln, welche Bedürfnisse wir erfüllen können und möchten", so der Mittelständler. Allerdings müsse jeder Unternehmer neue Marktanteile so erschließen, dass sie zum Equipment seines Betriebs passen. Wolle er zum Beispiel in das Textilleasinggeschäft einsteigen, müsse ihm bewusst sein, dass er 200 Prozent des zu erwartenden Jahresumsatzes investieren muss. "Ein kapitalintensives Geschäft, das in der Regel nur in größeren Organisationen erfolgreich betrieben werden kann", räumt Toifl ein.

Mangels Nachfolger müssen indessen in Österreich immer wieder Betriebe verkauft werden. "Mancher Großkonzern ist durchaus bereit, sie zu übernehmen. So lange es Käufer gibt, ist für die Branche langfristig eine weitere gute Entwicklung möglich", schätzt der Mittelständler die Zukunftschancen positiv ein. Dazu trage letztendlich auch die demografische Entwicklung bei: "Wir werden alle älter. Deswegen bietet uns insbesondere die Pflege von Bett-, Inkontinenz- und Heimbewohnerwäsche eine Perspektive."

In seinem eigenen Betrieb hat sich der Unternehmer längst darauf eingestellt. Die Wäscherei ist vor 54 Jahren gegründet worden und soll in dritter Generation durch die Nichte, Mag. Julia Spitzer, weitergeführt werden. Seit nunmehr 20 Jahren akquiriert Georg Toifl 60 Prozent seiner Aufträge aus dem Gesundheitswesen: "Wir pflegen Reinraumbekleidung und Sterilwäsche für Krankenhäuser und die noch anspruchsvollere pharmazeutische Industrie", berichtet er. In diesem Jahr habe er ein Umsatzplus von vier Prozent erwirtschaftet, der Cashflow habe sich um acht Prozent verbessert.

Diese guten Ergebnisse seien unter anderem auch der Preissenkung für Mineralölprodukte um 40 Prozent zu verdanken. "Es mag vielleicht zynisch klingen, aber ich meine: Viele Betriebe, die jetzt Probleme haben, haben sie auch schon vor der Krise gehabt", meint Toifl. Die Auswahlkriterien der Banken seien zwar härter geworden, aber für gesunde Unternehmen gäbe es in Österreich auch gegenwärtig ausreichende Finanzierungsmöglichkeiten.

Toifel ist seit 2007 Präsident der UEAPME

Seit 2007 Präsident der 1979 gegründeten UEAPME weiß Toifl um die Abhängigkeit vieler zuliefernder Mittelständler von der Industrie. "Wir müssen den regionalen Bezug wieder mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken und brauchen aus Brüssel Botschaften, dass die immense Bedeutung des Mittelstands endlich erkannt worden ist", appelliert er an die Politiker.

Mit Günter Verheugen sei seit drei Jahren erstmals ein Vizepräsident der Europäischen Kommission im Amt, der den Fokus stark auf den Mittelstand richtet. "In den vergangenen vier Jahren gab es sogar Strafen gegen die Vereinnahmung von Politikern durch Großunternehmer und Lobbyisten", so der Präsident. Dies lasse eine Verbesserung der Bedingungen für den Mittelstand erkennen und erwarten, dass künftig auch bei der Erstellung von Normen und Richtlinien die Interessen dieser Unternehmensgruppe stärker berücksichtigt werden. "Ein mühsamer Prozess. Aber ich glaube, dass dadurch auch eine positive Veränderung bewirkt werden kann", ist Georg Toifl optimistisch.