Frühwarnstufe Notfallplan Gas: Was das für die Textilpflegebranche bedeutet

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Wirtschaftsminister Habeck hat die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Und: Einige Textilpflegebetriebe haben Warnungen über die Drosselung ihrer Gasversorgung erhalten. Andreas Schumacher, Hauptgeschäftsführer vom Deutschen Textilreinigungs-Verband (DTV), erklärt, was Betriebe tun können und welche Schritte der DTV unternimmt.

Unsichere Gasversorgung
Die Textilpflegebranche ist auf Gas angewiesen. - © vchalup – stock.adobe.com

Aufgrund der Ungewissheit der Gasversorgung aus Russland hat Bundesminister Robert Habeck die Frühwarnstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. Obwohl das noch nicht bedeutet, dass die Gasversorgung absehbar eingeschränkt werden muss, haben bereits zahlreiche Unternehmen der Textilservicebranche Warnungen für eine Drosselung oder Einstellung der Gasversorgung von ihren Gasversorgern erhalten, berichtet Andreas Schumacher.

"Wir haben bereits das BMWK und die Bundesnetzagentur angeschrieben und uns für eine weitere Gasversorgung unserer Betriebe eingesetzt", sagt der Hauptgeschäftsführer vom Deutschen Textilreinigungs-Verband (DTV).  

Schreiben betont Systemrelevanz

Das Schreiben des DTV weist dringend darauf hin, dass eine Nichtversorgung der Branche im Widerspruch zur Systemrelevanz der meisten Betriebe der Textilservicebranche steht. "Wir bitten das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima sowie die Bundesnetzagentur eindringlich, die Gasversorger über die Systemrelevanz der Textilservicebranche aufzuklären.

Für den Fall, dass nach dem Notfallplan Gas die Alarmstufe oder sogar die Notfallstufe ausgerufen wird, müssen die Wäscherei- und Reinigungsbetriebe, die systemrelevante Einrichtungen mit Textilien versorgen, weiterhin mit Gas beliefert werden."

Kurz erklärt: Der Notfallplan Gas

Der Notfallplan Gas ist ein Maßnahmen-Katalog. In ihm regelt die Bundesregierung das Vorgehen, wenn sich die Gasversorgung verschlechtert. Die nun ausgerufene Frühwarnstufe ist die erste von drei Eskalationsstufen. Laut Katalog folgen die Alarmstufe und die Notfallstufe.

Der Notfallplan Gas wurde vom Bundeswirtschaftsministerium erstellt und im Dezember 2012 erstmals veröffentlicht. Er wird alle vier Jahre aktualisiert und basiert auf der sogenannten europäischen SoS-Verordnung, die Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung enthält (EU-VO 2017/1938). In Deutschland wurde die Frühwarnstufe bisher noch nicht ausgerufen. Italien hat am 26. Februar 2022 und Lettland am 9. März die Frühwarnstufe ausgerufen.

Erster Schritt: Die Frühwarnstufe

Es wird ein Krisenstab mit Mitarbeitern des Ministeriums und Vertretern aus der Industrie eingerichtet. Dieser beobachtet täglich die Versorgungslage. In dieser Phase müssen sich die Gasversorger auf den Notfall vorbereiten. Das heißt, dass sie Pläne ausarbeiten, wie sie Gas sparen können.

Zweiter Schritt: Die Alarmstufe

Die Alarmstufe greift, wenn die Gasversorgung gestört oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage vorliegt – und sich dadurch die Gasversorgung im Land erheblich verschlechtert, man aber der Ansicht ist, dass der Markt die Nachfrage bewältigen kann.

Dritter Schritt: Die Notfallstufe

Reichen die Maßnahmen des Marktes nicht mehr aus, um die Nachfrage nach Gas zu stillen, greift Stufe drei: Der Staat muss eingreifen. Er stellt die Gasversorgung der kritischen Infrastruktur wie Krankenhäusern, aber auch der privaten Haushalte sicher.

In dieser Phase kann angeordnet werden, dass Bezieher aus der Industrie ihren Gasverbrauch reduzieren oder die Versorgung kann ganz gekappt werden. Welche Unternehmen das betrifft entscheidet eine dafür eingerichtete Kommission im Wirtschaftsministerium.

Textilpflgebranche ist auf Gas angewiesen

Nahezu alle Wäschereien und Reinigungsbetriebe in Deutschland sind auf eine Versorgung mit Gas angewiesen. Denn um Maschinen wie Trockner, Mangeln oder Tunnelfinisher zu betreiben, bedarf es großer Mengen an Dampf. Um diesen Dampf zu erzeugen, brauchen die Betriebe Gas oder Öl. Technologische Alternativen gibt es derzeit kaum.

Bleibt der Gashahn zu, hätte das drastische Konsequenzen: Ohne Gas, stehen die Trommeln still und Angestellte in kritischen Infrastrukturen stünde buchstäblich ohne Bekleidung da. Neben Bettwäsche und Hygieneartikel statten Textildienstleister das Gesundheitswesen und die Industrie mit Berufs- und Schutzbekleidung aus. In einem Krankenhaus könnte ohne die regelmäßige und zuverlässige Textilversorgung innerhalb weniger Tage nicht mehr gearbeitet werden.

Auf die Versorgung mit hygienischen Textilien sind u.a. auch folgende Bereiche angewiesen:
  • Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen 
  • Feuerwehren, Rettungsdienste und Katastrophenschutz  
  • Polizei 
  • Bundeswehr  
  • Flüchtlingsunterkünfte 
  • Lebensmittelindustrie und -handel 
  • Energie- und Wasserversorger 
  • Druckindustrie 
  • Telekommunikationsunternehmen 
  • Transport- und Verkehrsunternehmen 

Wie sich die aktuelle Situation auf Textilpflegebetriebe auswirkt, erläutert Betriebsleiter Achim Topf von der Wäscherei Topf. Den Beitrag strahlte die ARD in den Tagenthemen am 31. März um 22:15 aus. Das Interview beginnt ab Minute 4:00.

KRITIS-Vokabular regelt Systemrelevanz 

Als Reaktion auf die Initiative des DTV hatte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bereits während der Corona-Pandemie bestätigt, dass Wäschereien und Reinigungsbetriebe, die kritische Einrichtungen mit Textilien versorgen, selbst zu den systemrelevanten Einrichtungen gehören (Klärung und Erweiterung des KRITIS-Vokabulars, BBK, Januar 2021).

Das können Betriebe jetzt tun  

Betriebe sollten nach Angaben des DTV auch selbst aktiv werden. "Wir rufen zudem unsere Betriebe dazu auf, ihre Gasversorger direkt anzusprechen und auf die oben genannten Argumente aufmerksam zu machen."