Jahrestagung der Gütegemeinschaft sachgemässe Wäschepflege 2017 in Kassel Stark in der Gemeinschaft

Wie können Wäschereien Hygiene und Qualität gewährleisten? Was gibt es Neues aus der Forschung? Antworten gab es bei der Jahrestagung der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege vom 26. bis 28. Oktober 2017 in Kassel. RWTextilservice war vor Ort und steuerte einen Vortrag zu Social Media bei.

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    Die Jahrestagung der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege 2017 fand in Kassel statt. Fotos: Schönhaar
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    Das Auditorium lauschte den verschiedenen Fachvorträgen. Die Jahrestagung der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege 2017 fand Ende Oktober statt. Knapp 330 Teilnehmer kamen nach Kassel. Fotos: Schönhaar
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    Der erste Vorsitzender der Gütegemeinschaft, Karl-Rainer Dauer, freute sich über internationale Gäste.
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    Gütegemeinschaftsgeschäftsführer Ludger von Schoenebeck nutzte die Gelegenheit zum Austausch.
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    Tipps zu mehr Leichtigkeit und Gelassenheit in Job und Alltag hatte Dr. ­Volker Busch für die Zuhörer.
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    Dr. Helmut Mucha (re.) und Frank Tippelt informierten praxisnah über Händehygiene. Sie rieten Textilpflegebetrieben dazu, ihre Mitarbeiter mit Maßnahmen wie regelmäßigen Schulungen für das Thema zu sensibilisieren.
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    Prof. Dr. Klaus-Dieter Zastrow warnte vor der Verbreitung multiresistenter Keime in Krankenhäusern.
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    Sie berichteten aus der Hohenstein-Forschung (v.li.): Dr. Andreas Schmidt, Jasmin Haap, Dipl.-Ing. Frank Tippelt, Dr. Anja Gerhardts, Dr. Edith Claßen, Dr. Igor Kogut, Dipl.-Biol. Jutta Secker.

Nicht nur aus Deutschland und weiteren europäischen Ländern, auch aus China und Japan waren die Teilnehmer der diesjährigen Jahrestagung gekommen. Die Mitglieder der Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege trafen sich vom 26. bis 28. Oktober 2017 in Kassel. Der erste Vorsitzende Karl-Rainer Dauer begrüßte die knapp 330 Gäste im Hotel La Strada. Er betonte, die Gütegemeinschaft nicht nur als Kostenfaktor zu betrachten, sondern als notwendige lebendige Einrichtung zum Erhalt und der Weiterentwicklung einer Textilpflegequalität und -hygiene, deren Wert zunehmend auch von ausländischen Wäschereien erkannt und in Anspruch genommen wird. „Ich freue mich, dass wir hier unser Gemeinschaftsgefühl aufrechterhalten und stärken – und nach der Tagung alle auch ein bisschen schlauer nach Hause gehen“, so Dauer.

Bei der anschließenden Mitgliederversammlung gab der Vorsitzende einen Überblick über den Mitgliederstand: Aktuell hat die Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege 419 Mitglieder und 93 Fördermitglieder. Gütezeichenanwärter gebe es nicht nur im In,- sondern auch im Ausland einige. Es folgte der Tätigkeitsbericht von Geschäftsführer Ludger von Schoenebeck, der vor Kurzem zum Mitglied des RAL-Kuratoriums ernannt wurde. Neben Waschgang-, Hygiene- und Betriebskontrollen gehören auch Seminare und Workshops, Arbeits- und Aktionskreise, Mitarbeit in Normungs- und anderen Gremien sowie Forschung zu den Leistungen des Verbands. In der aktuellen Antragsrunde 2016/2017 wurden z.B. zwei Forschungsprojekte angestoßen:

  • Entwicklung von gewerblichen Wiederaufbereitungsverfahren zum Funktionserhalten von Kälteschutzbekleidung
  • Entwicklung von Kolloidosomen verkapselten Enzymen und Enzymmischungen zur Steigerung der Effektivität gewerblicher Waschprozesse

„Dabei ist unsere Forschung natürlich kein Selbstzweck“, betonte von Schoenebeck. „Unsere Mitglieder sollen einen Nutzen davon haben. Deshalb verbreiten wir die Erkenntnisse aus der Forschung in Seminaren oder auch in Publikationen wie den Hohenstein Wäscherei-Informationen oder auf der Website.“ In Sachen Forschung wird es laut von Schoenebeck eine Änderung geben. In der Vergangenheit habe die Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege jährlich einen Betrag von 25.500 Euro an das Forschungskuratorium Textil (FKT) gezahlt. Für diesen Betrag konnten im Namen der Gütgemeinschaft zwei AiF-Projekte pro Jahr über das FKT an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingereicht werden. „Bisher war das ein lukratives Geschäftsmodell“, erläuterte Dr. Schmidt, Geschäftsführer Bereich „Function & Care“ bei Hohenstein. Es konnten Forschungsmittel in Höhe von etwa 250.000 bis 500.000 Euro akquiriert werden. Nun habe sich in den letzten Jahren einiges bei FKT und AiF (Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen) geändert. „Die AiF, die früher sehr anwendungsnahe Forschung betrieben hat, geht heute mehr und mehr in den Grundlagenbereich“, so Schmidt. Es wurden viele Projekte nicht mehr bewilligt bzw. erfolgreich beantragt, da diese zu anwendungsnah waren. Die Gütegemeinschaft habe sich deshalb entschieden, zum Jahresende 2017 aus dem FKT und dem Forschungsprogramm der AiF auszusteigen. Stattdessen sollen andere Fördermöglichkeiten verstärkt genutzt werden, beispielsweise über die Deutsche Bundesstifung Umwelt (DBU) oder das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM). Die 25.500 Euro will man für direkte Beauftragung von zielgerichteten Aufgaben und Projekten verwenden und erhofft sich so mehr Schnelligkeit und Flexibilität. Schmidt betonte: „Da solch direkte Aufträge über den Güteausschuss platziert werden, möchten wir alle Mitglieder aufrufen, entsprechende Fragestellungen zu benennen.“

Zwei Personalien gab es ebenfalls zu verkünden: Eric Fallac hat sein Mandat im Vorstand der Gütegemeinschaft zurückgegeben, da er durch die Folgen einer Umstrukturierung nicht mehr im Vorstand der Mittelsächsischen Textilreinigungs- und Handels AG ist. Im Güteausschuss kommt Dr. Kim Hecht für Petra Klein. Klein geht in den Ruhestand, übernimmt aber noch die Vertretung für Hecht bis Februar 2018, da diese im Sommer Mutter geworden ist.

Zum Schluss ging es in der Mitgliederversammlung um eine Satzungsänderung. So war bisher vorgesehen, dass der Vorstand der Gütegemeinschaft aus den sechs von der Mitgliederversammlung gewählten Mitgliedern, dem Obmann des Güteausschusses und aus einem vom Deutschen Textilreinigungs-Verband (DTV) vorgeschlagenen Vorstandsmitglied des DTV besteht. Aus Gründen der Neutralität bzw. Gleichbehandlung aller Mitglieder, die das RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung fordert, hat man den Passus mit dem DTV nun gestrichen. Im Vorfeld wurde laut von Schoenebeck mit den Verantwortlichen des DTV einvernehmlich gesprochen, wobei der DTV bereits seit zwei Jahren auf das Vorstandsamt verzichtet habe. Die Zusammenarbeit der beiden Verbände soll auf eine neue, fruchtbare Basis gestellt werden, indem sich die Vorstände und Geschäftsführer in Zukunft jährlich zu einem intensiven Fachgespräch treffen.

Aus der Forschung in die Praxis

Der fachliche Teil startete mit drei Workshops als Parallelsessions. Dabei ging es um UV-C-Desinfektion, Finishmethoden für Bewohnerwäsche und Vermeidung kostenintensiver Fehler im Betriebsablauf. Weiter ging es mit Einblicken in die Forschungstätigkeit. Einzelne Forschungsprojekte stellten Mitarbeiter der Hohenstein-Group vor.

Die Hohenstein-Experten Frank Tippelt und Dr. Helmut Mucha widmeten sich ausführlich dem Thema Händedesinfektion. Mucha erläuterte: „Etwa 80 Prozent aller Infektionen werden über die Hände übertragen.“ Gerade bei nosokomialen Infektionen in Krankenhäusern spiele Händehygiene eine wichtige Rolle, auch im Zusammenhang mit der Zunahme an anbitiotikaresistenten Krankheitserregern. Um Bewusstsein dafür zu schaffen, hat die WHO 2009 den 5. Mai als internationalen Tag der Händehygiene festgelegt. „Der 5. Mai repräsentiert dabei die fünf Finger beider Hände“, so Mucha. Textilpflegebetriebe sollten ihre Mitarbeiter hierzu sensibilisieren. „Es geht sowohl um Arbeitsschutz, also die Mitarbeiter, als auch um Produktschutz auf der reinen Seite“, sagte Tippelt. Die Verfügbarkeit von Spendern mit Händedesinfektionsmittel sei Vorschrift. Ein Praxistipp von Mucha: „Bushaltestellen“ mit Spendern an frequentierten Stellen aufstellen und gut sichtbar ausschildern. Vielfach fehle es an Akzeptanz und Bereitschaft, sich die Hände zu desfinfizieren. Verbesserung der Compliance kann man laut Mucha z.B. durch die Vorbildfunktion der Führungskräfte, regelmäßige Schulungen, Erfolgskontrollen und Messung des Desinfektionsmittelverbrauchs erreichen. Auch Plakate und regelmäßige Übungen zum richtigen Vorgehen helfen. Und wann sind in der Wäscherei die Hände zu desinfizieren? Mucha und Tippelt gaben einen ­Überblick:

  • Nach Verlassen der Toilette.
  • Vor Mahlzeiten, Pausen, Rauchen.
  • Nach Ablegen oder Wechsel der Arbeitsbekleidung.
  • Nach Ablegen der Handschuhe (Hände vorher abtrocknen).
  • Vor dem Ablegen des Mundschutzes und danach.
  • Beim Wechsel von der unreinen zur reinen Seite.
  • Vor dem Verlassen des Betriebes und vor Anlegung der ­Privatbekleidung.
  • Nicht mit kontaminierten Händen ins Fahrzeug steigen.
  • Keine Arbeitsutensilien mit nach Hause nehmen.

Dabei sollten die Hände vor der Desinfektion trocken sein und eine ausreichende Einwirkzeit eingehalten werden, so die Experten. Schmuck wie Uhren, Ringe, aber auch künstliche Fingernägel verhindern eine optimale Desinfektion. „Es ist übrigens eine Mär, dass Desinfektionsmittel hautschädigend sind“, betonte Mucha. Gute Mittel seien rückfettend. Trotzdem sollte man die Hautpflege nicht vernachlässigen.

Problemkeime mit Resistenzen

Einblicke in Sachen Krankenhaushygiene hatte traditionell der „Stammgast“ der Gütegemeinschaftstagung, Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow, dabei. Diesmal informierte er über gramnegative Problemkeime, im Speziellen Acinetobacter baumannii. Der Chefarzt des Hygieneinstituts der Regiomed-Kliniken Thüringen zeigte die Gefahren durch den nosokomialen Erreger auf, der in zunehmendem Umfang Resistenzen erwirbt. „Acinetobacter baumannii ist in Deutschland noch vergleichsweise gering verbreitet, zählt aber in vielen Ländern zu den wichtigsten Krankenhauskeimen“, so Zastrow. Nachgewiesen werde er vor allem bei Patienten von Intensivstationen. Duch die zunehmende Multiresistenz der Erreger kämen oft nur noch einzelne Substanzen, u.a. recht alte Antibiotikaarten für eine Therapie in Frage. Die Übertragung des Erregers erfolge durch direkten oder indirekten Kontakt (z.B. Hände des Personals, medizinische Materialien, aerogene Übertragung). A. baumannii verfüge über eine hohe Umweltresistenz; zu finden sei er u.a. auf verschiedensten Oberflächen in Patientenzimmern und in der Raumluft von Zimmern. „Eine Resistenz gegen die in der VAH-Liste aufgeführten Desinfektionsmittel konnte bisher nie nachgewiesen werden“, so der Experte. Bei sachgerechter Anwendung der Desinfektionsmittel sei eine sichere Inaktivierung gewährleistet. Zum Schluss gab Zastrow für die Betriebe Entwarnung: Alle in der Wäscherei üblichen Standarddesinfektionsverfahren sind geeignet, diesen Erreger zu inaktivieren.

Ebenfalls Arzt, aber in einem anderen Fachbereich, ist Dr. med. Volker Busch. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie hielt einen Vortrag zum Thema: „Keine Angst vor Stress – Wege zu mehr Leichtigkeit und Gelassenheit in Job und Alltag.“ Dabei nahm er das Auditorium mit auf eine Reise durch unseren Kopf, erklärte neurologisch, aber praxisnah, wie Stress entsteht und was man dagegen tun kann. Busch sagte: „Die Erholungskompetenz in unserer Gesellschaft wird schlechter. Viele verstehen unter Erholung nur die körperliche Komponente, gehen auf ein Wellnesswochenende. Dabei wäre Regeneration für das Gehirn wichtig.“ Das gelinge durch aktives „Umschalten“, also am besten genau das Gegenteil von dem zu tun, was man täglich im Job macht. Um in einen „Flow“, also eine Art Glückszustand zu fallen, sei eine motorische Komponente wichtig. Seine Empfehlung: „Basteln, Musizieren, Wandern, aber auch Stricken oder das Bauen mit Lego können das Gehirn beruhigen.“ Die Ausrede „Ich habe keine Zeit“ lässt Busch nicht gelten. „Wir haben genug Freizeit – es liegt nur daran, dass wir zu viel zu tun haben.“ Freizeitstress und Optimierungswahn hindern uns an echter Erholung.

Mehr Gelassenheit könne man auch durch die eigene Einstellung erlangen. „Unser Gehirn neigt dazu, Negatives schnell und äußerst sensibel wahrzunehmen und zu verarbeiten“, erläuterte der Referent. Hilfreich könne sein, die Perspektive zu wechseln, ins Nachdenken zu kommen, Emotionen kurz beiseitezuschieben und sich zu fragen: Ist es wirklich so schlimm? Was ist vielleicht sogar gut an der Situation? „70 Prozent der Dinge kommen besser als wir sie erwarten“, sagte Busch. Als dritten Punkt für Stressabbau nannte der Experte Verbundenheit: „Menschen sind soziale Wesen. Laut einer Harvard-Studie ist der größte Glücksfaktor eine stabile Partnerschaft. Beziehungen tun uns gut.“

Marketing über soziale Netzwerke

Um Beziehungen ganz anderer Art ging es im nächsten Vortrag. Social-Media-Marketing war das Thema von Elena Schönhaar, Chefredakteurin von RWTextilservice. Sie zeigte das Potenzial von Facebook & Co. für Textilpflegebetriebe auf. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom sind 67 Prozent der Internetnutzer in Deutschland aktive Mitglieder in sozialen Netzwerken. Am beliebtesten ist Facebook. Das Netzwerk selbst gibt in Deutschland 31 Millionen aktive Nutzer an. „Soziale Netzwerke sind ein wichtiges Marketinginstrument, das auch Sie als textile Dienstleister nutzen sollten“, sagte Schönhaar. Hotels, Krankenhäuser, lebensmittelverarbeitende Betriebe, Pflegeheime usw. treiben sich auf den Plattformen herum. „Vernetzen Sie sich mit Ihnen! So haben Sie das Ohr ganz nah am Markt, können mit potenziellen Kunden interagieren und vielleicht sogar neue Kunden gewinnen.“ Angst vor negativer Kritik oder gar einem Shitstorm sei unbegründet. Laut Bitkom-Umfrage hätten nur drei Prozent der Unternehmen, die Social Media einsetzen, mit Anfeindungen zu kämpfen. „Wer seinem Unmut über Ihr Unternehmen oder Ihre Dienstleistung Luft machen möchte, tut dies vermutlich längst online. Indem Sie selbst in sozialen Netzwerken aktiv werden, sorgen Sie dafür, dass mit Ihnen und nicht über Sie gesprochen wird“, betonte die Referentin. Zwar sei der Auftritt auf Facebook & Co. mit Aufwand verbunden, wenn man es richtig angehen möchte. Aber es lohne sich – egal ob für das Unternehmens­image, die Fachkräftesuche oder das Google-Ranking.

Das Rahmenprogramm mit Willkommensabend, Festabend und den Pausen inklusive Fachausstellung der Fördermitglieder wurde ausgiebig zum Netzwerken genutzt.

Infos: www.waeschereien.de