Selbstbedienung in Textilreinigungen "Texkol":Freiheit für den Kunden

Horst Kolender von der Rohde Consulting GmbH hat ein RFID-System für Textilreinigungen entwickelt und zwar einschließlich der Möglichkeit zur Selbstbedienung für Kunden. "Texkol" läuft seit einiger Zeit in einem Pilotbetrieb und soll neue Möglichkeiten für Textilreiniger eröffnen. RFID-Transponder (RFID = Radio-Frequency Identification) waren vor rund 25 Jahren noch etwas ganz Neues. Damals entdeckte Horst Kolender die kleinen Chips, die an einem Produkt befestigt werden konnten. Mittels einer Antenne konnte dann aus einer bestimmten Entfernung ausgelesen werden, was es mit dem Produkt auf sich hatte. Prinzipiell auch eine Idee für Textilreinigungen, denn die Chips waren und sind immer wieder einsetzbar. Doch zu dieser Zeit gab es noch niemanden, der sich getraut hätte, ein komplexes System für eine Reinigung zu entwickeln. Einige Jahre vergingen, 2005 ging es dann los: Horst Kolender begann mit der Entwicklung von "Texkol". Für die Anwendung der Chips in der Textilreinigung waren einige Überlegungen zu berücksichtigen: Wie funktioniert die Befestigung an empfindlichen Bekleidungsstücken? Wie oft kommt das Bekleidungsstück wieder zurück? Wie hoch darf der Preis pro Chip sein? Unter Berücksichtigung all dessen arbeitete die Rohde Consulting GmbH an einem System speziell für Textilreinigungen mit RFID-Chips, mit denen auch der Verbraucher problemlos arbeiten kann. Marktanalyse unter Verbrauchern Ziel des Ganzen: eine Textilreinigung mit Selbstbedienung. Doch wollen die Kunden solch ein Konzept? Die Rohde Consulting GmbH führte eine Marktanalyse durch. In rund 900 Gesprächen versuchte man, die Stimmung bei den Verbrauchern zu erfahren. Das Ergebnis: Selbstbedienung muss einfach sein, Leistung und Preis müssen stimmen. Sehr gut kam die Vorstellung an, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche abgeben und abholen zu können. Von der Verpflichtung, nur mit Karte zu bezahlen, hielten viele Verbraucher nichts (etwa 50 Prozent). Einige wollten lieber weiterhin zu ihrer Textilreinigung gehen, weil sie die Personen kennen und bedient werden. Einige wenige wollten auch wissen, wie das mit der Beratung bei der Selbstbedienung laufen soll. Generell ist es für die meisten Verbraucher kein Problem, sich selbst zu bedienen. Unternehmen wie Banken, Bahn, Tankstellen usw. geben dem Kunden längst die Freiheit, sich selbst bedienen zu dürfen - natürlich nur dann, wenn der Kunde es möchte. Genauso ist es erforderlich, den Kunden bei Bedarf zu beraten. "Texkol": Kunden erwarten Fachkompetenz Die Kunden erwarten eine entsprechende Fachkompetenz. Die Mitarbeiter einer Reinigung müssen also sichtbar sein und auf Wunsch den Kunden beraten und bedienen. Die Lohnkostenersparnis durch ein Selbstbedienungssystem kann laut Kolender zwischen 10 und 30 Prozent betragen. Mit diesen Ergebnissen ging Rohde Consulting in die Erstellungs- und Vorbereitungsphase. Im Herbst 2010 wurde in einem Pilotprojekt das RFID-System installiert und daran gefeilt, um sämtliche Problemstellen der Neuentwicklung zu beseitigen. Seit Frühjahr 2013 läuft das System ohne Fehler, so Horst Kolender. Auch die Annahme und Ausgabe in der Selbstbedienung funktioniere problemlos. Das System besteht aus folgenden Komponenten: RFID-Transponder (Chip) Kassenautomat Vorbereitungstische Bedientheke Annahmeautomat Erstellung der Qualitätssiegel Transportband Ausgabeautomat Software Der Arbeitsablauf mit "Texkol" im Pilotbetrieb Der RFID-Chip ist der wichtigste Baustein im Zusammenspiel mit der Software. Software und Chip wurden nach Unternehmensangaben exklusiv für "Texkol" entwickelt. Die Chips kauft der Kunde am Kassenautomat und befestigt sie sofort oder später zu Hause am Bekleidungsstück. Die Textilreinigung stellt die Sicherheitsnadeln zur Verfügung. Für Exklusivkunden entfällt der Erwerb am Kassenautomat, ebenso bei Flatratekunden. Auch wenn der Kunde die Bedienung durch einen Mitarbeiter nutzt, kommt der Chip aus dem Kassenautomat, damit am Ende die Kasse stimmt. Im Pilotbetrieb von Rohde Consulting ist die Kundenstruktur momentan folgendermaßen verteilt: Circa 50 Prozent kaufen die Chips und bringen sie direkt vor Ort an, circa 20 Prozent bringen sie zu Hause an, 10 Prozent sind Exklusivkunden, 20 Prozent Bedienkunden. Flatratekunden gibt es aktuell keine. So läuft "Texkol" in der Praxis ab: Wäsche aufgeben Damit das Bekleidungsstück angenommen werden kann, wird es auf einem Bügel hängend in den Annahmeautomat gegeben. Wenn sämtliche Teile vom Kunden abgegeben worden sind, erhält er eine Abholkarte und eine Quittung. Jedes Teil wird nun registriert und kann von beiden Seiten fotografiert werden. Das Fotografieren hat beispielsweise einen Vorteil im Hinblick auf Diskussionen wie "das war vorher aber nicht". Mit dem Fotografieren jedes Teils bei der Annahme von beiden Seiten (einschließlich Kennzeichnung/Abholnummer) wird der wirkliche Zustand bei der Einlieferung dokumentiert. Dies sei Horst Kolender zufolge besonders wichtig seit der Änderung der Lieferungsbedingungen für Textilreinigungen in diesem Jahr. Denn bei Verlust muss der Wiederbeschaffungswert der Textilien ersetzt werden. Die Bekleidungsstücke gelangen dann automatisch bis zur Textilreinigungs- oder Waschmaschine. Bis zu diesem Zeitpunkt musste kein Beschäftigter eines der schmutzigen Teile anfassen. Die Mitarbeiter nehmen nun die Bekleidungsstücke mit Schutzhandschuhen vom Bügel und prüfen, wo was bearbeitet werden muss. Die Textilien werden in die Schmutzkörbe gegeben und wandern in die entsprechenden Maschinen. Durch die RFID-Technik und das Tragen von Schutzhandschuhen bei Berührung mit schmutziger Wäsche ist die Hygiene im Betrieb gewährleistet, so Kolender. Sobald das Bekleidungsstück fertig ist, läuft der Kreislauf mit dem Chip weiter. Qualitätssiegel auf Folie Im Pilotbetrieb ist der Ablauf folgendermaßen: Der Mitarbeiter meldet sich mit seinem Personalchip am Arbeitsplatz "Fleckentfernung/Bügeln/Verpacken" an (Arbeitsplatz kann auch auf mehrere Mitarbeiter verteilt sein). Sobald das Bekleidungsstück fertig gestellt ist, wird der Chip entfernt und auf ein Lesegerät gelegt. Das Band fährt gleichzeitig in Einhängeposition und im Etikettendrucker wird das Qualitätssiegel gedruckt. Wenn nun die Ware in Folie gepackt ist, wird das Etikett auf die Folie angebracht und das Bekleidungsstück ins Band gehängt. Auf dem Qualitätssiegel ist Folgendes angegeben: Fachnummer, Chipnummer, Auftragsnummer, wann angenommen, wann fertig gestellt und von wem. Der Kunde kann nun mittels Abholkarte seine Bekleidungsstücke aus dem Ausgabeautomat in Empfang nehmen. Auch wenn sämtliche Stücke einzeln verpackt sind, erhält der Kunde seine Teile komplett zusammen ausgeliefert. Da der Kunde durch das Etikett sieht, wie lange der Betrieb für die Bearbeitung benötigt (in der Regel etwa ein bis vier Stunden), holt er seine Sachen nach Kolenders Erfahrung schnell ab. Auf dem Lagerband im Pilotbetrieb hängen im Durchschnitt nur 600 bis 800 Bekleidungsstücke (Monatsbearbeitung zwischen 6.000 und 8.000 Stücke). Bei anderen Betriebsbedingungen, z.B. mit mehreren Bügelarbeitsplätzen, Detachurplätzen usw., ist laut Rohde Consulting über den Personalchip eine Lösung zu verwirklichen. „Texkol“ soll für Ladenreinigungen mit und ohne Außenstellen und für reine Zentralbetriebe geeignet sein.