EFIT-Projekt „Verhalten FC-freier Ausrüstungen in der Textilindustrie bzw. Reinigung“ Verzicht auf PFC gar nicht so einfach

Es ist ein komplexes Thema, das der Arbeitskreis des EFIT-Projekts rund um FC-freie Ausrüstungen, am 19. Mai 2016 in Metzingen diskutierte. Klar wurde: Zur Thematik Nachimprägnierung mit PFC-freien Produkten braucht es noch einiges an Entwicklung, Erfahrung und Kommunikation.

Die gängigen Ausrüstungsmittel für die Wasser- und Ölabweisung mit perflourierten und polyflourierten Chemikalien (PFC) stehen in Kritik. Darauf weist nicht zuletzt Greenpeace durch ­diverse Kampagne immer wieder hin. Als Ausgangsprodukt zur Herstellung dieser Imprägnierungen kommen Perfluoroctansul­fonate (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA) zum Einsatz, die als ­beträchtlich umwelt- und gesundheitsgefährdend eingestuft werden. Aus diesem Grund ist PFOS bereits verboten und über die Einschränkungen von PFOA wird nachgedacht. Soweit die Problematik, die zum Ziel setzt, auf derartige Chemikalien für die Textil­imprägnierung möglichst ganz zu verzichten. Alternativen sind gefordert. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch nicht ganz ein-fach, insbesondere nicht für die Nachimprägnierung. Das zeigte sich beim letzten Arbeitskreis der Europäischen Forschungs­gemeinschaft innovative Textilpflege (EFIT) zu diesem Thema deutlich. Mehr als 40 Teilnehmer aus der ganzen textilen Kette kamen nach Metzingen, zeigten sich interessiert für die Vorträge und diskutierten interdisziplinär die neusten Ergebnisse aus den EFIT-Versuchen sowie den Stand der Technik.

Nach der Begrüßung durch die Projektleiterin Birgit Jussen von der EFIT und einem Vertreter des Gastgebers Hugo Boss, Carlo Muratore, wurden die Teilnehmer zunächst auf den aktuellen Stand der Verfahren der Einschränkungen von PFOA gebracht.

Stand der PFOA-Restriktion

Stefan Thumm vom Verband der Bayerischen Textil- und Bekleidungsindustrie leitete die Veranstaltung mit einem umfangreichen „ECHA-PFOA Restriktions“-Dossier ein. Die ECHA ist die Europäische Chemikalienagentur (European Chemicals Agency) und daher eine Behörde der EU, die die technischen, wissenschaftlichen und administrativen Aspekte bei der Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien regelt. Thumms Überblick über das bisher noch nicht abgeschlossene Verfahren der Restriktion machte direkt zu Anfang deutlich, welch ein komplexes Thema die Fluorchemie ist und welche Auswirkungen und Zusammenhänge sich aus einer Einschränkung von PFOA ergeben. Ein Punkt ist u.a., dass die derzeitige Analytik es nicht zulässt, den im PFOA-Restriktionsdossier veröffentlichten Grenzwert von 2 ppb zu messen, sagt Thumm. Damit ist der Sinn der Restriktion bereits in Frage gestellt. Auch machte Thumm klar, dass hinsichtlich des Grenzwertes unterschiedliche Standpunkte vertreten werden. Denn diese Restriktion betrifft nicht nur die Textilbranche, sondern diverse Industriezweige – und jede Branche hat andere Interessen. Tagesaktuell waren die Interessen der Textilbranche in Bezug auf Imprägnierungen ohne PFC, die angeregt diskutiert wurden.

Ablauf der PFOA-Restriktion :

  • Juni 2013: PFOA wird zum SVHC-Kandidatenstoff.
  • Oktober 2013: Der Nicht-EU-, jedoch zum Europäischen Wirtschaftsraum gehörende Staat Norwegen legt den gesetzlichen Grenzwert für Konsumentenprodukte in der Höhe von < 1,0 μg/m2 fest.
  • September 2013: Die „Blaupause“ des PFOA-Restriktionsdossiers wird veröffentlicht.
  • Dezember 2014: Das PFOA-Restriktionsdossier wird durch die ECHA veröffentlicht. Damit wurde der Grenzwert für PFOA und die sogenannten „Related Substances“, also die verwandten Stoffe, auf 2 ppb festgelegt.
  • März 2015: In der Stockholm-Konvention wurde der Vorschlag gemacht, PFOA in den Anhang A der POP-Liste aufzunehmen. Bei der Stockholm-Konvention handelt es sich um ein internationales Übereinkommen zur Beendigung oder Einschränkung der Produktion, Verwendung und Freisetzung von persistenten organischen Schadstoffen („Persistent Organic Pollutants“, POPs). Die Anlage A listet die zu eliminierenden POPs auf.

Erkenntnisse zur Alternativchemie

Thema des Tages war ebenfalls, welche Stoffe in neuen, PFC-freien Imprägnierungen möglicherweise problematisch sein könnten. Diese Thematik wird bereits in einem Projekt der Uni Bremen behandelt. Der Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie (BSI) ist in das Projekt involviert und Geschäftsführerin Nicole Espey gab einen Überblick über die Aktivitäten, die im Forschungsvorhaben „Wasserdicht, atmungsaktiv und grün – Nachhaltige Ausrüstung von Outdoortextilien – Vergleichende Risikobewertung kurzkettiger poly- und perfluorierter Alkylverbindungen mit fluorfreien Ersatzstoffen“ geplant sind. Alternativchemikalien, die imprägnierend wirken und umwelt- und gesundheitsverträglich sind, sollen in dem Vorhaben untersucht werden. Die gewonnenen Erkenntnisse zu den Gefahrenpotenzialen der „neuen“ Textilchemikalien werden so aufbereitet, dass sie vor allem ohne fachlich-ökotoxikologisches Wissen als Entscheidungshilfe für Herstellern von Outdoorprodukten dienen können, um umweltgefährdende Chemikalien durch gesundheits- und umweltverträgliche Alternativen zu ersetzen. Das Projekt verspricht durch intensive Aufklärung ein erhebliches Umweltentlastungspotenzial.

Ergebnisse aus EFIT-Versuchen

Neue Ergebnisse aus EFIT-Versuchen, die sich aus dem letzten Arbeitskreis generiert haben, gab es auch. Textilreiniger und Hilfsmittellieferanten führten gemeinsam Versuche durch. Von der Firma Hugo Boss zur Verfügung gestellte Meterware wurden von den Unternehmen BÜFA, Seitz und Kreussler in der Textilreinigung mit unterschiedlichen Produkten in den verschiedenen Lösungsmitteln nachimprägniert und später die wasserabweisende Funktion im Labor der Textilchemie Dr. Petry GmbH ausgewertet. San­dra Schuler stellte die Ergebnisse dar. Deutlich wurde dabei: Ohne das Wissen über die Produkte der Erstimprägnierung ist eine ausreichende Nachimprägnierung mit PFC-freien Produkten oft schwierig. Es stellte sich heraus, dass zunächst der Ball an die Bekleidungsindustrie zurückgespielt werden müsste. Ist nicht klar, was sich auf der Faser befindet, so ist für den Textilpflegebetrieb eine Nachimprägnierung mit neuen Produkten und – im Vergleich zur Erstimprägnierung – doch recht eingeschränkter Maschinentechnik sowie Variationsmöglichkeiten der Verfahrensparameter sehr schwierig. Interdisziplinäre Lösungsansätze sind gefragt. So wäre zum Beispiel eine entsprechende Kennzeichnung der aufgebrachten Imprägnierung wünschenswert oder ein Reimprägnierservice durch den Hersteller in Zusammenarbeit mit der Textilpflegebranche. Erstrebenswert wäre jedoch in erster Linie, dass die Erstimprägnierung eine möglichst lange Beständigkeit aufweist.

Aufgrund der durch die Versuche gewonnenen Erkenntnisse und der sich verdeutlichten Grenzen bei der Nachimprägnierung wurden nochmal die verfahrenstechnischen Unterschiede zwischen der Erst- und Nachimprägnierung aufgezeigt. Bettina Karmans von der Hochschule Niederrhein stellte zunächst die diversen Möglichkeiten der Erstimprägnierung dar. Je nach Material kann auf die Fläche mit der sinnvollsten Technik das geeignetste Produkt in der notwendigen Menge aufgetragen werden. Zur Verfügung stehen Direkt- sowie Indirektbeschichtungsverfahren. Die Aufbringung der Imprägnierung kann einseitig oder zweiseitig, horizontal wie vertikal, durch das Streich-, Walzen-, Tauch- oder Sprühverfahren etc. erfolgen. Möglichkeiten der Auswahl, die der Textilreiniger bei der Nachimprägnierung nicht hat, wie später Dr. Ralf Döring von Seitz erläutert. Durch die Technik sowie die Sicherheitsbestimmungen und natürlich auch durch weitere Bestandteile an den konfektionierten Textilien wie Materialverbünde, Futter, Accessoires etc. sind Einschränkungen gegeben. Diese Hürden verdeutlichen den Wunsch nach einer möglichst über die gesamte Lebensdauer des Teils haltbaren Erstimprägnierung. Dass das nicht zuletzt auch durch mechanischen Abtrag der Beschichtung im Gebrauch eher schwer zu realisieren ist, liegt auf der Hand.

Kommunikation erforderlich

Die vollständige Beherrschung der Thematik Nachimprägnierung mit PFC-freien Produkten erfordert noch einiges an Entwicklung, Erfahrung und auch Kommunikation in der gesamten textilen ­Kette. Auch wenn zunächst keine weiteren Versuche im Projekt geplant sind, so wird die EFIT das Thema dennoch weiter im Auge behalten. Die Interessensgemeinschaft will zu gegebener Zeit zu einem Infotag einladen, über neuste Erkenntnisse informieren und den interdisziplinären Austausch weiter fördern. Die Fachpresse wird den Termin rechtzeitig bekanntgeben. Weitere Informa­tionen erteilt die Verantwortliche der EFIT, Birgit Jussen, unter b.jussen@fashioncare.de oder unter 0211/24860750.

Infos: www.efit-textilpflege.de