Kreislauffähige Textilien Fast Fashion ist aus der Mode

Die EU hat eine Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Auf der Veranstaltung "DBUgoesBrussels" der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) Ende Mai 2023 ging es darum, warum die Circular Economy in Mode kommen muss. Themen, die dem professionellen Textilservice in die Hände spielen.

Kreislaufwirtschaft im Textilsektor ist ein entscheidender Schlüssel, um die enormen negativen Auswirkungen auf Umwelt und Menschen erheblich zu reduzieren.
Kreislaufwirtschaft im Textilsektor ist ein entscheidender Schlüssel, um die enormen negativen Auswirkungen auf Umwelt und Menschen erheblich zu reduzieren. - © Lea Kessens/DBU

Die Textilbranche in Europa steht innerhalb der nächsten sieben Jahre vor grundlegenden Veränderungen und muss sich auf dem Weg zu einer grünen Transformation auf striktere EU-Vorgaben einstellen. "Fast Fashion ist aus der Mode", sagte Virginijus Sinkevičius. Der in der Europäischen Union (EU) zuständige Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei skizzierte am 25. Mai 2023 in Brüssel auf der Veranstaltung "DBUgoesBrussels" der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Kooperation mit der Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU ein Europa im Jahr 2030, "wenn die auf dem Markt befindlichen Textilprodukte langlebig, reparier- und recycelbar sind" und es viele profitable Servicebetriebe für Wiedernutzung und Reparatur gebe.

"Keineswegs nur Träumerei"

Die EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien vom März 2022 sei in diesem Sinne mit Blick auf das Jahr 2030 eine Vision, jedoch "keineswegs nur Träumerei", so Sinkevičius. "Denn es geht um realistische Maßnahmen für eine bessere Zukunft." Am 1. Juni folgt das Votum des EU-Parlaments zur EU-Strategie.

Alles beginne bereits beim Produktdesign, sagte der Umweltkommissar in einer Videobotschaft zur DBUgoesBrussels-Veranstaltung "Green Deal für Textilien: Warum die Circular Economy in Mode kommen muss".

Textilsektor als Schlüssel

Ende 2019 hatte die EU-Kommission ihre Ambitionen für besseren Klima- und Umweltschutz mit der Ankündigung eines europäischen Grünen Deals bekräftigt – mit dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden und nicht mehr klimaschädliche Treibhausgase (THG) auszustoßen, als wieder gebunden werden können. "Der Textilsektor ist ein Schlüssel für die grüne Transformation", betonte der Umweltkommissar.

Massiver Rohstoffverbrauch

Sinkevičius verwies besonders auf die derzeit auf EU-Ebene verhandelte Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte, zu der die Kommission – ebenfalls im März 2022 – einen neuen Gesetzesvorschlag unterbreitet hatte. Sie ist zentraler Baustein des European Green Deal, soll die bisherige Richtlinie von 2009 ersetzen und neue Anforderungen an die ökologische Nachhaltigkeit für fast alle Arten von Produkten festsetzen – mit besonderem Fokus auf den Textilsektor als einen der weltgrößten Wirtschaftszweige mit global rund 60 Millionen Beschäftigten, zugleich verantwortlich für jährlich fast 92 Millionen Tonnen Abfall, enorme Treibhausgasemissionen und massiven Rohstoffverbrauch.

Nachhaltige und kreislauffähige Produkte sollen laut Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius entlang der Wertschöpfungskette auch im Textilsektor zur Norm werden. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde (rechts) sagte, die Transformation zur Kreislaufwirtschaft sei eine "Riesen-Chance unserer Zeit".
Nachhaltige und kreislauffähige Produkte sollen laut Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius entlang der Wertschöpfungskette auch im Textilsektor zur Norm werden. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde (rechts) sagte, die Transformation zur Kreislaufwirtschaft sei eine "Riesen-Chance unserer Zeit". - © Felix Teupe/DBU

Erst kürzlich hatten die EU-Länder ihren Standpunkt zur Ökodesign-Verordnung festgelegt. Ein Beschluss: Das Vernichten fabrikneuer Textilien oder Schuhe soll in Europa weitgehend verboten werden. Sinkevičius: "Die neue Ökodesign-Verordnung soll nachhaltige und kreislauffähige Produkte zur Norm machen – entlang der gesamten Wertschöpfungskette."

Digitaler Produktpass soll Nachhaltigkeit überprüfbar machen

Sinkevičius forderte gleiche Kennzeichnungssysteme, "die klar, robust und vertrauenswürdig sind". Der Umweltkommissar weiter: "Unser Ziel ist deshalb ein digitaler Produktpass zu Textilien mit verbindlichen Informationsanforderungen über kreislauffähige Produkte." Das helfe Verbraucherinnen und Verbrauchern wie nie zuvor, die Nachhaltigkeit von Waren zu überprüfen.

Sinkevičius machte deutlich, warum es für all diese Schritte keinen Aufschub mehr geben darf: Fast Fashion – also schnelllebige, in immer kürzeren Zyklen produzierte billige, minderwertige Mode – trägt erheblich dazu bei, dass der Textilsektor weltweit zu den drei Hauptursachen für Wasser- und Landverbrauch zählt. Bei der Inanspruchnahme von Primärrohstoffen und Treibhausgasen rangiert die Textilbranche an fünfter Stelle. Und: "Im Durchschnitt wirft jeder Mensch in der EU jedes Jahr rund elf Kilogramm Kleidung weg", sagte Sinkevičius. "Wir brauchen alle Akteurinnen und Akteure der Textilbranche für den Übergang in ein textiles Ökosystem an Bord."

Upcycling mehr als ein Modewort

DBU-Generalsekretär Alexander Bonde und der bayerische Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber, waren einig darin, dass die Zukunft der Kreislaufwirtschaft gehört. Bonde: "Die Transformation hin zur Klimaneutralität und zur Circular Economy ist eine drängende Herausforderung – aber auch eine Riesen-Chance unserer Zeit."

Glauber rief dazu auf, auch mal Hosen zu flicken, Socken zu stopfen oder einen Knopf anzunähen. Upcycling sei mehr als nur ein Modewort. "Warum nicht aus der alten Jeans eine neue machen, aus dem alten Anzug wieder einen neuen?" Der Ressourcenverbrauch, zum Beispiel rund 11.000 Liter Wasser für die Produktion einer Jeans, sei ein "alarmierender Trend".

"Unser hoher Textilkonsum geht zu Lasten der Umwelt und – noch schlimmer – der Menschen in den Entwicklungsländern", betont Glauber. Vor zehn Jahren, am 24. April 2013, starben bei einem der schwerwiegendsten Unfälle in der internationalen Textilindustrie mehr als 1.000 Menschen durch den Einsturz der achtstöckigen Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch. Sie hatte in internationaler Massenfertigung vor allem Kleidung für den Export unter anderem für europäische Modefirmen produziert.

Zu viel, zu billig, zu intransparent

Prof. Dr.-Ing. habil. Maike Rabe, Leiterin des Forschungsinstituts für Textil und Bekleidung an der Hochschule Niederrhein und eine der Panel-Teilnehmenden bei der DBUgoesBrussels-Veranstaltung, bringt die Malaise der Modeindustrie so auf den Punkt: "Zu viel, zu billig, zu intransparent." Die Statistik gibt tatsächlich Anlass zum Umsteuern: mehr Kollektionen als Jahreszeiten, Billionen Mikrofaser in den Ozeanen sowie laut EU lediglich ein Prozent Recycling von Textilien. Und: Jede Sekunde landet eine Lasterladung Kleidung in Müllverbrennungsanlagen oder auf Deponien.

Fazit

Die geplante Route der EU in Sachen Nachhaltigkeit und Textilien scheint klar. Der Textilservice kann davon profitieren, denn das Kreislaufsystem liegt im Kern der Branche. Wer Textilien professionell pflegt, sorgt dafür, dass sie länger im Umlauf sein können. Mit Textilpflegeprofis kommt Fast Fashion aus der Mode.