Bundesleistungswettbewerb der Textilreiniger "Ich kann meine Fehler selbst ausbügeln"

Flecken erkennen, detachieren oder bügeln – beim jährlichen Bundesleistungswettbewerb, den der Deutsche Textilreinigungs-Verbands (DTV) an der Frankfurter Schule für Mode und Bekleidung ausrichtet, stellen Texilreiniger ihr Können unter Beweis. Wie der Tag ablief und wer Deutschlands bester Textilreiniger wurde.

In Aktion beim Bundesleistungswettbewerb der Textilreiniger: Leon Aschemann (li.) und Jannis Himmelsbach beim Detachieren. - © Christian Jäger/DTV

Konzentriert prüft Alexander Loidl den Fleckenlappen. Er hat nur 30 Minuten Zeit, um beim Bundesleistungswettbewerb der Textilreiniger zehn Verschmutzungen zu erkennen und vier davon zu detachieren. Prüfer Gerhard Hanisch schaut ihm dabei genau auf die Finger – oder besser gesagt, auf das bearbeitete Textil. "Um zu sehen, ob der Fleck wirklich raus ist, hat er den Stoff gegen das Licht gehalten und auf dunklen Hintergrund gelegt", erzählt Loidl. Nervös war der 22-Jährige bei dieser Aufgabe trotzdem nicht. "Wenn man weiß, welche Flecken das sind, ist das relativ einfach", findet er. Schon während der Ausbildung detachierte er gerne: "Weil man sieht, was man geschafft hat", sagt er. Aber nicht alle Aufgaben fielen dem Erstplatzierten so leicht. "Das Schwerste war das Plätten der Rüschenbluse."

Das Können messen

Anders als im Alltag läuft beim Bundesleistungswettbewerb bei jeder Aufgabe die Stoppuhr mit. Es gelten strenge Zeitvorgaben. Um die schleuderfeucht gewaschene Rüschenbluse fachgerecht zu plätten, hatten die Wettbewerber 60 Minuten. Das Problem: "Ein falscher Handgriff kann die komplette Bluse zerstören", erklärt Loidl. "Bügelt man zu schnell, krumpelt der Stoff an den Nähten zusammen." Arbeite man zu langsam, trockne das Textil aus. "Das ist schon eine Kunst für sich." Er habe deshalb extra geübt.

Alexander Loidl (li.) und Prüfer Günther Leitzbach beim Pressen der Hemden. - © Christian Jäger/DTV

Ob ein Teilnehmer routiniert arbeitet, erkennt Hanisch mit einem Blick. "Schon beim Auflegen des Textils auf den Bügel­tisch sehe ich, wenn jemand das zum ersten Mal macht oder Erfahrung hat", sagt der 68-Jährige. Er beobachtet daher nicht nur, wie die Teilnehmer die Bügeleisen in die Hand nehmen, sondern auch, wie sie mit den Textilien hantieren. Legt ein Geselle beispielsweise Hosenbeine nicht exakt Naht auf Naht, könne keine hochwertige Bügelfalte entstehen.

Ordentlich und sauber arbeiten

Genau diese Erfahrung hat Loidl während seiner Ausbildung gemacht. Die wichtigste Lektion, die er daraus zog: "Je ordentlicher und sauberer man arbeitet, umso weniger muss ich tun." Und umso bessere Ergebnisse erziele er. Diesen Grundsatz beherzigt er seither nicht nur beim Hosenbügeln, sondern bei jedem Arbeitschritt – und das mittlerweile an der Waschstraße.

Nach seiner Lehre in der Taunus Textilpflege in Oberursel wechselte er zu Weiss Tex. 55 t Wäsche durchlaufen den Betrieb täglich. "In der Reinigung hatten wir um die 500 kg am Tag." Die Arbeit an den großen Maschinen gefällt ihm. "Mir macht aber tatsächlich beides Spaß", sagt Loidl – die Arbeit in der Reinigung und in der Wäscherei. Als Segmentleiter sehe er zwar nicht mehr direkt das Lächeln der Kunden, wenn sie ihr Lieblingsstück fleckenfrei entgegennehmen, dennoch wisse er, dass seine Kunden zufrieden sind. Und wenn nicht: "Kann ich meine Fehler selbst ausbügeln", sagt der Sieger des Bundesleistungswettbewerbs und scherzt: "Ich bin der Beste beim Ausbügeln der Fehler."

Der Teilnehmer Leon Aschemann (li.) und Prüfer OM Gerhard Hanisch bei der Fleckenerkennung. - © Christian Jäger/DTV

Dem Wettbewerb fehlt Nachwuchs

Am Samstagmorgen des Bundesleistungswettbewerbes in der Frankfurter Schule für Mode und Bekleidung stand die Rangfolge noch nicht fest, eines aber war klar: "Jeder wollte gerne gewinnen", erinnert sich Loidl. Die Stimmung unter den Kandidaten war trotzdem entspannt. "Sie haben sich sogar gegenseitig geholfen", bestätigt Hanisch, beispielsweise beim Mangeln. Seit 40 Jahren nimmt der Obermeister der Textilreinigerinnung Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland den Bundesleistungswettbewerb ab und beobachtet: "Uns fehlt der Nachwuchs." Es nehmen immer weniger Gesellen teil. Nicht nur wegen Corona. Zwei Teilnehmer hätten zwar aufgrund der steigenden Inzidenzen im November ihre Zusage zurückgezogen, jedoch meldeten die einzelnen Bundesländer schon die Jahre zuvor nur noch vereinzelte Kandidaten. Hanisch schätzt, dass zu wenig junge Leute den Beruf kennen. Die aktuellen Anmeldezahlen geben ihm recht. 2021 traten drei Gesellen gegeneinander an. Alle haben eines gemeinsam: Sie haben familiären Bezug zur Branche.

Auf einen Blick: Der Bundesleistungswettbewerb der Textilreiniger

Voraussetzungen:
- Mindestens die Note „gut“ (81 Punkte) in der Gesellenprüfung,
- Gesellen- bzw. Abschlussprüfung wurde in der Zeit vom Winter des Vorjahres bis zum Sommer des Wettbewerbsjahres abgelegt,
- Kandidaten haben zum Zeitpunkt des Leistungswettbewerbs das 27. Lebensjahr noch nicht überschritten.

Aufgaben (Auszug):

- Eine Reinigungsmaschine erklären,
- einen Faltenrock, eine Anzughose und ein Sakko finishen,
- Wäsche vorsortieren und erklären, wie diese bearbeitet wird,
- ein Waschverfahren per Hand und an einer Waschschleudermaschine erklären,
- Kittel pressen und falten,
- Bett- und Tischwäsche mangeln und nach einem Faltschema legen.

Preise:
- Die drei Erstplatzierten erhalten Gutscheine für den Meisterkurs.
- Die Bundessieger können zudem bei ihrer Handwerkskammer einen Antrag für ein Weiterbildungsstipendium der „Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB)“ stellen.

"Ich bin da so reingerutscht"

Die Ausbildung zum Textilreiniger ist damit allerdings kein Selbstläufer. Für Loidl war sie beispielsweise lange keine Option. "Ich hätte selbst nicht gedacht, dass ich Textilreiniger werde", sagt er. "Ich bin da so reingerutscht." Sein Onkel, der einen Textilpflegebetrieb führte, kam auf ihn zu, als er noch die Fachoberschule (FOS) besuchte und sich für das Fach Chemie interessierte. "Die Arbeit hat ja damit zu tun, meinte er." Also sagte Loidl zu und begann nach dem Schulabschluss seine Lehre. Ähnlich lief es beim Zweitplatzierten Jannis Himmelsbach. Er jobbte nach dem Abitur zunächst im Betrieb seines Vaters Meinrad in Freiburg und begann dann die Ausbildung zum Textilreiniger. "Das war relativ kurzfristig", sagt er heute. Nach der Schule habe er noch nicht richtig gewusst, was er werden möchte. "Man ist zu jung, um sich zu entscheiden", findet er. Die Ausbildung habe ihm ein Fundament gegeben. Und nicht nur das: "Ich mag die tägliche Abwechslung." Dass er eines Tages den Betrieb übernimmt, schließt er nicht aus. Obwohl er inzwischen Physik studiert, würde er die Lehre zum Textilreiniger jedem empfehlen – genauso den Bundesleistungs wettbewerb. "Vor der Ausbildung wusste ich gar nicht, dass es den gibt."

Alexander Loidl (li.), Jannis Himmelsbach (Mitte), Leon Aschemann (re.) beim Mangeln. - © Christian Jäger/DTV

Bundessieger fährt nach Berlin

Beim Wettbewerb, organisiert vom Deutschen Textilreinigungs-Verband (DTV), stellen die Teilnehmer an neun Stationen ihr theoretisches Wissen und ihr praktischen Können unter Beweis: Sie entwerfen u.a. einen Wasch- und Reinigungsplan, berechnen die Belademenge, sortieren Wäsche nach Fasern, Farbe oder Verschmutzungsgrad, bestimmen und bewerten Daten durch Titration.

An jeder Station sammeln die Teilnehmer Punkte, holt ein Kandidat 89 Prozent der 1.300 möglichen Punkte, darf er als Bundessieger nach Berlin fahren und wird dort auf einer Abschlussfeier des Zentralverbands des Deutschen Handweks (ZDH) gemeinsam mit Bundessiegern anderer Gewerke geehrt. „Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen“, erinnert sich Loidl. Die Hürde von 89 Prozent habe er zwar nicht ganz geknackt. Trotzdem: "Es hat Spaß gemacht, sich mit den anderen zu messen."

Kurzinterview: Teilnehmer Leon Aschemann (19 Jahre)

R+WTextilservice: Leon Aschemann, welche Aufgaben übernimmst du im Betrieb, der Wäscherei Franz-Werner Aschemann in Borsum?
Leon Aschemann: Da unser Betrieb ein breites Spektrum rund um die Textilpflege aufweist, sind meine Aufgaben sehr vielseitig. Je nach Auftragslage bin ich in den verschiedenen Abteilungen.

Was gefällt dir am besten am Beruf?
Das Arbeiten mit verschiedenen Maschinen. Es ist schön, ein gebrauchtes Textil wieder brauchbar zu machen, wie beispielsweise die Bettwäsche von Hotels. Die familiäre Arbeitsatmosphäre ist mir sehr viel wert. Im Betrieb sind auch meine Eltern und mein Bruder, mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite. Mein Opa schaut auch öfter mal vorbei. Er ist Wäscher- und Plättermeister.

Warum hast du dich für diese Ausbildung entschieden?
Es ist ein Mix aus Tradition und Arbeiten mit modernen Maschinen. Man trägt hohe Verantwortung: Muss die Textilen mit besonderer Sorgfalt bearbeiten und mit Bedacht mit den Maschinen umgehen.

Hast du dich vor dem Ausbildungsstart fit gefühlt oder gab es noch Klärungsbedarf?
Ich wusste, was auf mich zukommt, weil ich jede Information, die ich wissen wollte, von jedem in der Familie direkt beantwortet bekommen hab.

Was war eine der ersten und wichtigsten Lektionen, die du gelernt hast?
Die erste Lektion, die zudem sehr wichtig ist, war, dass, wenn eine Maschine eine Fehlfunktion hat oder eine Gefahr für Mensch oder Maschine besteht, die Maschine sofort durch ein Not-Aus zu unterbrechen ist.

Was möchtest du nach der Lehre machen?
Jetzt, nach meiner Lehre, strebe ich den Textilreinigermeister an, für den ich auch schon bereits Teil 3 und 4 absolviert habe. Später möchte ich damit den fast 100 Jahre alten Traditionsbetrieb ­weiterführen.

Was würdest du an dem Beruf ändern?
Ich würde dem Beruf etwas mehr Ansehen verleihen. Viele wissen gar nicht, dass man den Textilreiniger erlernen kann. Das Management von Tonnen von Wäsche, das Fleckenentfernen, aber auch der Umgang mit empfindlichen Textilen wie Messgewänder der Kirche oder Brautkleider, erfordern Fachkenntnisse.