Smart Textiles Pulverbeschichtung: Magnetische Funktionalisierung von Textilien

Textilien erschließen immer neue Anwendungsgebiete, u.a. im Bereich von Smart Textiles oder Wearables – sie können leuchten, leiten oder sind magnetisch. Trotz der spezifischen Eigenschaften sollen die Beschichtungen den Textilstandards und -anforderungen erfüllen. Das TITV Greiz hat eine neue Technologie zur Pulverbeschichtung für Textilien entwickelt, mit deren Hilfe flexible und hochfunktionalisierte Strukturen appliziert werden.

Nachleuchteffekt verschiedener Pulverbeschichtungsstreifen.
Nachleuchteffekt verschiedener Pulverbeschichtungsstreifen. - © TITV Greiz

Um Textilien an spezifische Anwendungsgebiete anzupassen, sind Beschichtungen ein bekanntes Verfahren, um Textilien abriebfest, antistatisch, hitzefest oder chemikalienbeständig zu gestalten. Als Beschichtungsmaterialien kommen Pasten, Schäume oder Folien zum Einsatz, welche ein- oder beidseitig vor allem großflächig auf die Textiloberfläche aufgebracht werden.

Im Gegensatz dazu bieten Druckverfahren wie konventionelle Sieb- und Flexo­drucke oder digitale Verfahren wie Inkjet- und Chromojet-Drucke Möglichkeiten, um lokal Funktionsschichten aufzubringen, wobei Farbeigenschaften wahrscheinlich die bekanntesten sind.

TITV Greiz entwickelt neue Technologie: die Pulverbeschichtung

Die Pulverbeschichtungstechnologie des TITV Greiz (Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V.) bietet ein neues Verfahren, um textile Oberflächen zu funktionalisieren. Sie beruht dabei einerseits auf der elektrostatischen Pulverbeschichtung, welche vor allem aus dem Bereich der Metalle bekannt ist, und zum anderen auf dem additiven Verfahren des elektiven Lasersinterns von Polymeren.

Bei diesen beiden Verfahren werden durch die Einwirkung von Wärmestrahlung Polymere an den Substratoberflächen angebunden. Basierend darauf fixiert das entwickelte Verfahren mithilfe entsprechender Bindersysteme unterschiedlichste Funktionspigmente an textilen Oberflächen.

Funktionalisierung von Textilien: So funktioniert das Verfahren

Zuerst wird eine Pulvermischung aus Binderkomponente und Funktionspigment erzeugt. Das Besondere sind die hohen Anteile an Funktionspigment von 60 bis 80 Masseprozent (M-%), die so eingebracht werden können, da anders als bei anderen Pasten oder Tintenauftragssystemen die Rheologie (Verformungs-/Fließverhalten) kein begrenzender Faktor ist.

Mithilfe von Pulverstreuer, Rakel und Schablonen bzw. vibrationsgesteuerte Pulverauftragsdüsen wird die Pulvermischung anschließend flächig oder parziell aufs Textilsubstrat aufgebracht. Für einen guten Auftrag und spätere Haftung sollte die Textiloberfläche gut gereinigt sein. Typische Auftragshöhen liegen im Bereich von 100 bis 500 µm. Die Applikation eignet sich besonders auf rauen, nicht offenporigen Oberflächen.

Anschließend folgt eine gesamtheitliche thermische Fixierung im Ofen bzw. mittels IR-Strahler oder eine gezielte Schichtbildung mittels Laserstrahlung. Eine besonders gute Haftung am Textilsubstrat erzeugt eine folgende thermische Nachfixierung unter Druck. Diese verpresst die Beschichtung nochmals mit der Textiloberfläche. Daraus resultieren nicht nur hochfunktionalisierte, sondern auch flexible und widerstandsfähige Beschichtungsstrukturen .

Nun auch magnetische Beschichtungen

Mit der Pulverbeschichtung lässt sich eine Vielzahl von Funktionspigmenten in hohen Mengen anbinden. Der Bereich der smarten Textilien beatrachtet unter anderem leitfähige Funktionalisierungen, wobei vor allem Silber oder silberhaltige Pigmente in die Beschichtung eingebracht werden. Durch den hohen Funktionalisierungsgrad werden hochleitfähige Beschichtungen und Strukturen mit Flächenwiderständen von bis unter 0,3 Ω per square erzeugt, welche ebenso einen Kontakt zu im Textil eingearbeiteten Leiterbahnen herstellen können. Das Besondere an dieser Art leitfähiger Beschichtung ist, dass sie flexibel und robust ist sowie eine gute Haftung zum Textilsubstrat aufzeigt.

Smart Textiles: TITV Greiz untersucht nachleuchtende Pigmente

Beispiel für die Flexibilität von mittels Pulverbeschichtung leitfähig funktionalisierten Textilproben.
Beispiel für die Flexibilität von mittels Pulverbeschichtung leitfähig funktionalisierten Textilproben. - © TITV Greiz

In einem Forschungsprojekt des TITV Greiz wurde die Integration nachleuchtender Pigmente untersucht. Entsprechende Pulverbeschichtungen zeigten eine gute Nachleuchtkraft, da bis zu 75 M-% an Funktionspigmenten in die Beschichtung integriert wurden. Die angefertigten Proben sind dadurch nicht nur für Design-, sondern auch Sicherheitsanwendungen interessant. Durch den Einsatz verschiedener Nachleuchtfarben oder in Kombination mit anderen, beispielsweise reflektierenden, Funktionen lässt sich ein breites Spektrum realisieren.

Darüber hinaus wurde in einem vor kurzem abgeschlossenen Forschungsprojekt die Erzeugung permanent magnetischer Textilien (Kurztitel: PerMagTex) untersucht. Dabei wurden bis zu 80 M-% an magnetischem Pigment in der Beschichtung eingebracht, was im Bereich von spritzgegossenen Magneten mit mindestens 90 Prozent an Magnetpigment liegt. Erzeugt wurden neben flächigen Beschichtungen auch gezielt abgegrenzte Strukturen auf der Textiloberfläche.

Es zeigte sich, dass sich besonders durch eine Laserfixierung der Strukturen scharfe Kantengeometrien verschiedenster Formen wie Kreise, Dreiecke oder Rechtecke realisieren ließen. Die kleinsten Beschichtungsstrukturen hatten einen Durchmesser von etwa 3 bis 5 mm. Durch gezieltes Aneinandersetzen dieser geometrischen Einheiten geslaltete flächige Bereiche mit gewünschten beschichtungsfreien Unterbrechungen. Dadurch ließen sich die Atmungsaktivität sowie Flexibilität der Verbünde beibehalten, wodurch sie eine gute Alternative zu Magnetfolien und starren Scheibenmagneten bilden. Anwendungsgebiete ergeben sich unter anderem im Bereich von Geräteeinhausungen oder Verkleidungen, in Bereichen, wo keine baulichen Veränderungen möglich sind. Durch die textilen Sub­­strate können weitere Funktionalisierungen wie Dämmung oder Design integriert werden.

Mit Pulverbeschichtungstechnologie lokal magnetisch beschichtete Textilsubstrate haften an Metallstreben.
Mit Pulverbeschichtungstechnologie lokal magnetisch beschichtete Textilsubstrate haften an Metallstreben. - © TITV Greiz

Zukunft der Pulver­beschichtungstechnologie

Die Pulverbeschichtungstechnologie des TITV Greiz steckt noch in der Entwicklung, bietet aber großes Potenzial für die zuverlässige und ausgeprägte Funktionalisierung textiler Substrate. Durch die Erkenntnisse vorliegender Forschungsergebnisse und Untersuchungen wird in Zukunft eine Übertragung auf weitere Funktionalisierungen und somit die Reaktion auf spezifische Kundenanforderungen möglich. Des Weiteren lässt sich die Technologie mit anderen textiltechnologischen Verfahren wie z.B. der Sticktechnik kombinieren.

Parallel dazu wird das Verfahren selbst nochmal im Fokus der Entwicklungen stehen, um ein Upscaling vom Labormaßstab zur industriereifen Fertigungstechnologie zu gewährleisten. Neben der flächigen Applikation wird die digitalbasierte und lokale Pulverbeschichtung einen wichtigen Teil weiterer Forschung einnehmen, sodass eine kundenspezifische Produktion mit wechselnden Ansprüchen realisierbar ist.

Nicht außer Acht zu lassen ist jedoch die Qualitätssicherung entsprechender Textilverbunde und bleibt ein ständiger Begleiter der Entwicklungen. Angefangen von der Vorbehandlung der Substrate bis hin zur entsprechenden Haftung und Widerstandsfähigkeit müssen diese Faktoren weiterhin betrachtet und je nach Anforderungsprofil stetig optimiert werden.

TITV Greiz feiert Jubiläum

Das TITV Greiz feiert sein 30-jähriges Bestehen und lädt Förderer, Partner und Kunden zur Veranstaltung "30 Jahre Innovationen am TITV Greiz" am 29. September 2022 in die Räume des Instituts nach Greiz ein.

Innovative Entwicklungen und die Konzentration auf technische sowie smarte Textilien haben dazu beigetragen, den tiefgreifenden Strukturwandel der letzten drei Jahrzehnte in der Textilindustrie zu realisieren und Textilien als interessanten Werkstoff zu etablieren. In dieser Zeit hat sich das TITV Greiz zu einer leistungsstarken Forschungseinrichtung entwickelt.

Mit neuen, zukunftsweisenden Forschungsfeldern leistete das Institut einen wesentlichen Beitrag, um für Unternehmen neue Hightech-Felder zu erschließen. Im besonderen Fokus standen hierbei stets kleine und mittelständische Unternehmen aus dem Freistaat Thüringen.

Die Gäste erfahren, welche maßgeblichen Innovationen das TITV Greiz in 30 Jahren hervorgebracht hat, und können sich die aktuellsten Investitionen in neueste Maschinentechnik zeigen lassen.