Ein ungenutztes Schwimmbad verwandelte das Uniklinikum Graz in einen Textilmanagementraum für das Kinderzentrum. Ausgehend von diesem Pilotprojekt krempelte das Klinikum seine gesamte Wäschelogisitk um. Bis 2026 sollen 5.500 Mitarbeiter in mindestens sechs Bekleidungsräumen mit RFID-getaggter Wäsche versorgt werden. So setzte das Klinikum gemeinsam mit dem KAGes Textilservice das Projekt Schritt für Schritt um.

Wie finden Einrichtungen das passende Textilmanagementsystem?
Mit Kartons, Stellwänden und Schrankwägen. Diesen Ansatz verfolgte das Uniklinikum Graz. Dahinter steckt eine bekannte Methode: Lean Management. Lean Management zielt darauf ab, Verschwendung zu minimieren, Ressourcen zu schonen und Effizienz zu steigern.
"Wir simulieren viele Neuprojekte", erklärt Dipl. KHBW Michael Kazianschütz. "Das hat den Vorteil, dass wir Dinge nicht erst kaufen und dann auf Probleme stoßen", sagt der Bereichsleiter Wirtschaft/Logistik am Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum Graz (LKH-Univ. Graz) weiter. "Die Simulation zeigt Schwachstellen auf." Und diese lassen sich in diesem Stadium noch anpassen. Das spart Geld.
Wie das in der Praxis aussieht, zeigt der Weg zum neuen Wäschemanagementsystem.
RFID: So stellte das Uniklinikum Graz seine Wäschelogistik um
"Die ersten Schritte in Richtung RFID-Technologie starteten bereits im Jahr 2016", sagt Kazianschütz. Und zwar mit einem Besuch am Universitätsspital Zürich. "Das gab den entscheidenden Impuls für die Umsetzung einer RFID-basierten Wäschelösung auch in unserem Krankenhaus."
Bis dahin wurden die personalisierten Teile in Spinde eingefächert oder in Dienstzimmer gebracht. "Es lag sehr viel totes Kapital in den Spinden", sagt er. Getragene Arbeitskleidung wurde häufig in den Umkleideschränken vergessen.
Gemeinsam mit dem KAGes Textilservice, die für das Klinikum im Zweischichtbetrieb gut 20 Tonnen Textilien täglich aufbereitet, richtete das Klinikum Graz sein gesamtes Wäschesystem neu aus.
Pilotprojekt RFID: Bekleidungsraum im Kinderzentrum
Den Anfang machte das Kinderzentrum. Auf rund 80 m² entstand in einem ungenutzten Schwimmbad ein rund um die Uhr begehbarer Bekleidungsraum. Mitarbeitende gelangen über eine Drehtür in den Raum und entnehmen Hosen, Kittel und Kasacks. Beim Verlassen des Raums fungiert eine zweite Karusselltür als RFID-Schleuse und bucht die an den Textilien angebrachten Tags automatisch auf ein Konto des Mitarbeiters.
Funktioniert das Konzept? Simulation am PC und in der Werkstatt
Bevor die gesamte Logistik umgekrempelt oder der Pilotraum eröffnet wurde, testete das Uniklinikum Graz ihre neue Idee: virtuell und am Modell. Neben einer 3D-Simulation am Computer baute Kazianschütz mit seinem Team einen Prototyp. Für solche Zwecke nutzt das Klinikum eine eigene Prozesswerkstatt. Den Umriss des künftigen Bekleidungsraums für das Kinderzentrum steckten Holzwände und gestapelte Umzugskartons ab. Die Gänge und das Regalsystem bildeten mobile Stellwände und Schrankwägen.


Der nachgebaute Bekleidungsraum ist nicht das erste Projekt, das in der Werkstatt getestet wird, sagt Kazianschütz. "Wir haben OP-Bereiche dort aufgebaut und überlegt, wo stellt man neues Inventar wie zum Beispiel einen Schrank am besten hin."
Vor dem tatsächlichen Testlauf in der Prozesswerkstatt entwarf das Team virtuell verschiedene Szenarien für den Bedarf der rund 1.000 Mitarbeiter des Kinderzentrums:
- Holen sich die Mitarbeiter jeden Tag neue Bekleidung oder jeden zweiten?
- Geben Sie getragenes am Ende der Schicht oder mittags zurück?
- Was passiert, wenn viele Mitarbeiter gleichzeitig den Raum betreten?
Alle Szenarien deuteten darauf hin, dass ein Eingang reichen und zwei Ausgangskarusselle Wartezeiten im Raum verkürzen und Warteschlangen vermeiden könnten.

Was die Simulation vorhersah – und was nicht
Mit diesem Ergebnis im Hinterkopf testeten 40 Mitarbeiter – Pflegekräfte, Ärzte und Verwaltungsangestellte den Modellraum. Beim ersten Durchlauf bekamen die Probanden einen Auftragszettel in die Hand. Sie sollten etwa zügig zwei Hosen und zwei Kasaks holen oder langsam durch die Reihen schlendern und den Ablauf stören.
Im Schnitt hielten sich die Probanden 2:39 Minuten im Raum auf.
Der Test zeigte aber auch, je besser sich Mitarbeiter im Raum auskennen, umso schneller werden sie.
"Inzwischen brauchen Mitarbeiter durchschnittlich 49 Sekunden", sagt er.

Positiver Nebeneffekt von RFID: Bunte Berufsbekleidung am Uniklinikum Graz
Der Probelauf bestätigte zudem, dass zwei Ausgänge die Wartezeit verkürzen. Mit nur einem Ausgang warteten Mitarbeitende bis zu 4:10 Minuten.Der Test kam gut an.
"Die Mitarbeiter waren total begeistert", sagt Kazianschütz. Nicht nur von dem Bekleidungsraum, sondern vor allem von den Farben der neuen Dienstbekleidung: weiße, gelbe, rote, grüne, blaue und lila- sowie orangefarbene Teile.
"Es wäre undenkbar, es nicht mehr zu haben", sagt Kazianschütz. Die farbige Kleidung kam so gut an, dass inzwischen jede Berufsgruppe, jeder Mitarbeiter sich die Farben seiner Bekleidung selbst auswählen darf. Das erhöhe die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich. Die neuen Farben hätten zudem anfängliche Bedenken vor nicht-personalisierter Kleidung rasch verdrängt.
Vom Modell zum Alltag: Das sagt KAGes Textilservice zur RFID-Technologie
Nach dem erfolgreichen Modellversuch startete im August 2020 der erste Pilotraum im Kinderzentrum. "Der Großteil der Mitarbeiter kam von Anfang an gut zurecht", sagt Kazianschütz. Auch im KAGes Textilservice erfolgte die Umstellung reibungslos.
"Die Entpersonalisierung der Berufskleidung hat uns das tägliche Handling sehr erleichtert", sagt Dipl. KH-Betriebswirtin und Healthcare Manager bei KAGes-Textilservice Gabriele Maierhofer. "Da die Kleidungsstücke nicht mehr personalisiert werden müssen, verringert sich der Zeit- und Arbeitsaufwand für die Bearbeitung jedes einzelnen Kleidungsstücks." Dank des neuen verwendeten Materials – Lyocell – lassen sich Kleidungsstücke, die für etwa 50 Wäschen ausgelegt waren, laut Maierhofer nun auch nach 70 Wäschen noch einsetzen.
Vom Modell zur Realität: Der RFID-Bekleidungsraum am Uniklinikum Graz



RFID-Bekleidungsraum am Uniklinikum Graz: Vorteile & Aussicht
Das neue Wäschemanagementsystem biete zudem Transparenz über die im Umlauf befindliche Arbeitskleidung. Nicht alle Mitarbeiter beherzigen das Kontingent von drei Ober- und drei Unterbekleidungsstücke, sagt Kazianschütz und schiebt nach: "Teilweise ist das nur kurzfristig." Etwa wenn Mitarbeiter drei Teile holen, das vierte aber noch anhaben. Den Bekleidungsraum könnte man in diesem Fall zwar aus Sicherheitsgründen verlassen, ein erneuter Zugang könnte jedoch gesperrt werden. "Wir haben im Nachgang ein Reporting eingeführt", sagt er. Das bekommen Führungskräfte per E-Mail. Wer die Ausleihmenge überschreitet, werde erinnert.
Demnächst befinden sich fünf Bekleidungsräume am Uniklinikum. Neben dem Pilotraum im Kinderzentrum für 1.000 Mitarbeitende, stattet ein Bekleidungsraum in der Klinik für Innere Medizin circa 1.400 Mitarbeitende aus. In der Chirurgie versorgen demnächst zwei Bekleidungsräume 2.200 Mitarbeitende. Auch die rund 200 Techniker haben einen eigenen Wäscheraum. In diesem wurde anders als in den anderen Räumen erstmals ein Flap Gate, sprich eine Textilschleuse anstelle einer Karusselltür eingebaut. Das spart laut Hersteller Platz.
Darüber hinaus entsteht in der Radiologie, die derzeit neu gebaut wird, ab 2026 ein sechster Bekleidungsraum für 500 Mitarbeitende.

Mehr Informationen: www.deister.com