Im Gespräch mit Johannes Schmid-Wiedersheim, Leiter Texcare International, Messe Frankfurt Texcare: "Der Taktgeber ist zurück"

Das lange Warten hat ein Ende: Nach mehr als acht Jahren (die letzte Texcare war 2016) findet vom 6. bis 9. November 2024 die Texcare International statt. Was die Messe ausmacht, weshalb die Branche in Frankfurt zusammenkommt und welche Neuerungen auf Besucher warten, verrät Leiter der Texcare International Johannes Schmid-Wiedersheim im Gespräch mit R+WTextilservice.

Johannes Schmid-Wiedersheim, Leiter Texcare International, Messe Frankfurt.
Johannes Schmid-Wiedersheim, Leiter Texcare International, Messe Frankfurt. - © Messe Frankfurt
Herr Schmid-Wiedersheim, für die Messe Frankfurt ist die Texcare International nun die letzte Re-Start Messe nach der Covid-Phase. Ein hörbares Durchatmen für einen Messe-Veranstalter?

Johannes Schmid-Wiedersheim: Ja, natürlich! Nachdem wir die Texcare International zwei Mal, nämlich 2020 und 2021, erst verschieben und dann absagen mussten, freuen wir uns jetzt sehr auf die kommende Ausgabe im November. Auch deshalb, weil es nach acht Jahren enorm viel Neues zu sehen geben wird.

Tatsächlich ist sie die letzte Veranstaltung der Messe Frankfurt, die nach der Corona-Pause wieder zurückkehrt. Ich würde aber sagen, ein Durchatmen im Unternehmen war schon früher spürbar, denn unser Messebetrieb ist schon seit 2023 wieder erfolgreich gelaufen. Ausstellungsfläche, Internationalität, vielfach ein Ausstellerwachstum im Vergleich zu den Vorveranstaltungen sowie hohe Besucherzufriedenheiten verdeutlichen das Comeback der Messen.

Und von vielen Seiten hören wir, dass die persönliche Begegnung auf Messen sogar wichtiger geworden ist, seit Videokonferenzen und Home-Office-Tage den Berufsalltag bestimmen.

Wie kam es eigentlich zu dem Votum für eine veränderte Tagesfolge und für einen Termin im November? Die Vorgängermessenwaren ja meist im Juni und dauerten 5 Tage.

Gute Messen müssen sich immer wieder fragen, ob sie veränderte Bedürfnisse ihrer Teilnehmer noch abbilden. Wir haben die Zwangspause daher genutzt, um unter unseren Ausstellern und Besuchern aus dem In- und Ausland eine detaillierte Befragung durchzuführen. Daraus ergaben sich sehr interessante Erkenntnisse, die wir auch umgesetzt haben.

So gab es bei den Besuchern eine klare Präferenz für einen Messetermin im Herbst – also in der für Gastronomie und Hotellerie weniger intensiven Zeit des Jahres. Außerdem favorisierte die Mehrheit einen Messebesuch an Wochentagen, und zwar in der zweiten Wochenhälfte, daher die veränderte Tagesfolge von Mittwoch bis Samstag. Und insbesondere die Ausstellerschaft hat sich für eine Dauer von vier Messetagen mit einem dichten Angebot an Programm und Begegnungen ausgesprochen.

Die internationale Textilpflegebranche präsentiert sich in Frankfurt mit den ­großen Themen Automatisierung, Energie- und Ressourcen, Kreislaufwirtschaft und textile Hygiene. Welchen Fokus sehen Sie besonders zum diesjährigen Termin?

Vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels in der Branche erwarte ich einen Schwerpunkt bei der automatisierten Textilpflege. Obwohl der Automationsgrad bereits auf einem hohen Niveau ist, können weitere Aufgaben, die derzeit noch händisch erledigt werden, von Maschinen und Robotern übernommen werden. RFID-Systeme, Robotik und Künstliche Intelligenz bringen Transparenz in den Warenfluss, übernehmen schwere oder eintönige Arbeiten und optimieren Qualitätskontrollen.

Zweites großes Thema auf der diesjährigen Texcare werden die hohen Energiepreise sein. Sie sind ein treibender Faktor für viele neue technische Lösungen, deren Ziel es ist, die Verbräuche zu senken und damit Emissionen wie Kosten zu reduzieren. Und auch die Frage der künftigen Energieträger und die Einbindung erneuerbarer Energiequellen ist sehr wichtig, gerade wenn Betriebe vor langfristigen Investitionen stehen.

Angebotsbereiche zur Messe reichen von Textilreinigungs- und Wäschereitechnik, über Wasch- und Reinigungsmittel, zu Mietwäsche und Berufskleidung sowie IT- und Logistiklösungen. Zur internationalen Pressekonferenz formulierten Sie "Solutions are waiting in Frankfurt". In welchen Bereichen werden wohl die meisten Innovationen zu finden sein?

Wir werden, wie erwähnt, sicher viele Innovationen im Bereich der Automatisierung sehen. Konkret werden zum Beispiel Lösungen zur Schmutzwäscheinspektion und -sortierung sowie beim Zusammenlegen und Stapeln von Trockenwäsche präsentiert. Auch bei Lagerungs- und Transportsystemen gibt es Neuerungen.

Neueste Maschinentechnik zur Senkung des Energiebedarfs wird ebenfalls im Fokus stehen. Sparsame Verfahren, Lösungen für die Wiederverwendung von Wasser und Energie und die Nutzung regenerativer Quellen für die Wärmeerzeugung sind hier die Stichworte. Auch von der Waschmittelindustrie erwarten wir neue Ideen, wie man Ressourcen in einer Wäscherei optimal nutzen kann.

2016 konnten Sie 319 Aussteller aus 31 Ländern verzeichnen. Wird es in diesem Jahr ähnlich sein?

Aktuell haben sich schon wieder über 300 Aussteller aus 31 Ländern definitiv angemeldet, darunter die Marktführer. Die Top-Ausstellerländer nach Deutschland sind Italien, Niederlande, Belgien, Großbritannien, Spanien, Schweiz, USA und die Türkei. Einen guten Überblick über die teilnehmenden Firmen und ihre Produkte finden Sie in unserer neuen Ausstellersuche, dem "Texcare Contactor" auf der Webseite.

Gibt es auch Aussteller / Länder, die sich erstmals in Frankfurt präsentieren?

Ja, es haben sich alleine 80 Firmen angemeldet, die 2016 noch nicht dabei waren. Darunter sind auch erstmals Anmeldungen von Unternehmen aus Rumänien und der Republik Moldau.

Kann eine Leitmesse wie die Texcare auf bestimmte Marktentwicklungen Einfluss nehmen? Sie bezeichnen die Messe als Impulsgeberin für die kommenden Jahre.

Die Texcare International war schon immer der Ort, wo viele Unternehmen ihre Innovationen zum ersten Mal dem Fachpublikum präsentieren. Dies geht so weit, dass die Entwicklungsabteilungen gezielt auf diesen Termin hinarbeiten – daher ist der Begriff Taktgeber gerechtfertigt. Die Branche trifft sich alle vier Jahre in Frankfurt aber nicht nur um die neuen Maschinen und Anlagen zu sehen, sondern auch um sich zu vernetzen und über die Herausforderungen in der Textilpflege zu diskutieren. Hier werden Investitionsentscheidungen getroffen und man bespricht Lösungsansätze, die durchaus Auswirkungen für die Zukunft haben.

Frische Impulse kann man sicherlich auch von den 80 neuen Firmen erwarten: Unter ihnen sind zum Beispiel Maschinenbauer, Softwarefirmen und Anbieter von Automationslösungen. Und nicht zuletzt haben wir echte Start-ups dabei, die innovative Ideen für Geschäftsmodelle und Produkte präsentieren werden.

Vor acht Jahren verzeichneten Sie ca. 15.650 Besucherinnen und Besucher. ­Entspricht dies in etwa auch Ihren Erwartungen für 2024?

Eine Prognose der Besucheranzahl ist nach so langer Zeit natürlich nicht einfach. Gehen wir aber von der Anzahl der angemeldeten Aussteller aus und der Erfahrung, die wir bereits mit anderen Messen gemacht haben sowie den Rückmeldungen aus der Branche, sind wir sehr optimistisch. Das betrifft nicht nur die Anzahl der Besucher, sondern auch den Anteil aus dem Top-Management. Wir haben das Gefühl, die Branche fiebert der Texcare regelrecht entgegen.

Apropos Besucher: Diese kommen aus Textilreinigungen, Wäschereien, Berufskleidung- und Mietservice, aus Krankenhäusern und Pflegeheimen, aus Hotellerie und Gastronomie sowie aus Industrie und Handel. Der internationale Besucheranteil ist dabei sehr hoch?

57 Prozent unserer Besucher kamen 2016 aus dem Ausland und davon wiederum drei Viertel aus Europa. Zu den Top-Besucherländern neben Deutschland gehörten Italien, Frankreich, Niederlande, Belgien, Spanien, Großbritannien, Schweiz, Dänemark, Österreich und Polen. Weitere 12 Prozent der Besucher kamen aus Asien, sieben Prozent aus Amerika sowie jeweils zwei Prozent aus Afrika und Australien. Ich gehe davon aus, dass sich an dieser groben Verteilung der Besucherländer nichts Gravierendes ändern wird.

Wie locken Sie denn die Besucher nach Frankfurt? Gibt es beispielsweise auch spezielle Aktionen an Schulen für potenziellen Branchennachwuchs?

Wir sind schon im April mit einer internationalen Besucherkampagne gestartet. So waren wir in acht Ländern unterwegs – von China, über Nordafrika und einige europäische Länder bis in die USA – um die dortige Fachpresse persönlich über die Texcare zu informieren.

Darüber hinaus machen unsere Vertretungen im Ausland in allen wichtigen Märkten Werbung. Mit einem speziellen Programm sprechen wir gezielt Top-Einkäufer großer Unternehmen an und bieten ihnen zur Texcare einige Benefits.

Um den deutschsprachigen Branchennachwuchs für die Texcare zu gewinnen, haben wir uns einiges einfallen lassen. Unter dem Slogan "Young Competence" gibt es Aktionen für Auszubildende und wir kooperieren dazu u. a. mit den Berufsschulen in Frankfurt, Hannover und Zürich. Workshops und geführte Themen-Rundgänge stehen auf dem Programm.

Gibt es Kooperationen mit ­Verbänden?

Wir arbeiten traditionell eng mit unseren Partnerverbänden DTV und VDMA Textile Care, Fabric and Leather Technologies zusammen. Sie beraten uns bei der strategischen Ausrichtung der Texcare, unterstützen unsere Marketingkampagne im In- und Ausland und legen gemeinsam mit uns die Inhalte des Rahmenprogramms fest. So gestalten beide Verbände im Rahmen des Texcare Forums einzelne Themenkomplexe.

Unter dem Dach der ETSA arbeiten wir aber auch sehr eng mit den übrigen europäischen Fachverbänden zusammen. Darüber hinaus bestehen durch unsere Beteiligung an den Branchenmessen in Nordamerika und in Asien gute Kontakte in diese Weltregionen. Und schließlich nutzen manche
Brancheninstitutionen die Leitmesse auch als Plattform für ihre eigenen Veranstaltungen.

Zum Beispiel lädt CINET am 8. und 9. November zu seinem Weltkongress ein und verleiht die Global Best Practices Awards, ein Event, das Wäscher und Reiniger aus vielen Ländern nach Frankfurt holt.

Welche besonderen Akzente setzt das Rahmenprogramm?

Herzstück des Rahmenprogramms wird das Texcare Forum sein, das an allen vier Messetagen die Top-Themen beleuchtet. Zusammen mit unseren Partnern haben wir ein informatives Programm zusammengestellt.

  • Zum Thema Automatisierung werden wir einerseits, in Kooperation mit dem VDMA, einen Fokus auf Wäschereien legen, sowie andererseits, gehostet von EFIT, auf Textilreinigungen und B2C.
  • Die Hohenstein Laboratories beleuchten die Trends bei Hygiene in Wäschereien. Der Themenkomplex Energie und Ressourcen des VDMA wird sich mit Innovationen rund um die Nachhaltigkeit beschäftigen.
  • Unter dem Stichwort "Kreisläufe" wirft ETSA einen Blick auf das wichtiger werdende Textilrecycling und der DTV stellt neue Geschäftsmodelle in der Kreislaufwirtschaft vor.

Darüber hinaus bieten wir erstmals zur Texcare geführte Messerundgänge an. Sie sollen helfen, auf die kleineren, möglicherweise "versteckten Perlen" unter den Innovationen aufmerksam zu machen.

Und schließlich möchte ich alle Teilnehmer herzlich zu unserer täglichen Happy Hour ab 17:30 Uhr in die Galleria, direkt neben der Halle 8, einladen. Hier kann man sich in entspannter Atmosphäre austauschen, neue Menschen kennenlernen und alte Bekannte wiedersehen.

Worauf freuen Sie sich denn besonders?

Ich freue mich besonders darauf, die Besucher und Aussteller auf den Ständen ins Gespräch vertieft zu erleben. Wir stehen natürlich aktuell im engen Kontakt mit den Herstellern und sehen, wie viel Mühe sie sich mit ihren Messeständen geben. Manche arbeiten intensiv daran, ihre neuesten Maschinen fertig zu haben, um sie im November zeigen zu können – und zwar in Aktion. Es gibt so viel zu entdecken nach der langen Pause und ich bin sicher, die Texcare 2024 wird ein Highlight für die Branche.
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