Branchenübergreifender Dialog Textile Kette: Warum Textilreiniger eine entscheidende Rolle spielen (sollten)

Als textile Kette wird die Wertschöpfungskette als Gesamtheit aller Stufen, die ein textiles Erzeugnis durchläuft, verstanden. Das bedeutet also konkret von der Fasergewinnung bis zur Entsorgung. Vielfach ist jedoch jeder in seiner Stufe sehr auf seinen jeweiligen Prozess und das entsprechende Ergebnis fokussiert, ohne in ausreichendem Maße die nächste oder auch die vorherige Stufe einzubeziehen.

Textiler Kreislauf
Die fachgerechte Aufbereitung von Textilien sucht man in gängigen Darstellungen textiler Lebenszyklen vergeblich. Warum das ein Fehler ist. - © Katrin – stock.adobe.com

Spagat zwischen Theorie und Praxis

Was verbirgt sich hinter der textilen Kette? In der Praxis wünschen sich Designer beispielsweise zur Umsetzung ihrer Ideen Verarbeitungsweisen, die technisch nicht oder nur mit übermäßigem Aufwand möglich sind. Oder die Kreativen stellen Materialien für ein Bekleidungsstück zusammen, die sich in Bezug auf die Pflege so konträr verhalten, dass das Produkt quasi ein Einwegartikel ist. Ein weiteres Beispiel wäre, dass Bekleidungshersteller nicht selten Anforderungen an Stoffe und Zutaten stellen ohne zu wissen, was technisch überhaupt machbar ist. Auch gewisse Veränderungen, die neue Gesetze und Verordnungen mit sich führen, wie Restriktionen in Bezug auf Chemikalien, machen manche altbewährte, herkömmliche Performance zu einer Herausforderung. Und schluss­endlich stellen auch Verbraucher immer wieder Anforderungen an Textilien, die nicht zu erfüllen sind oder dessen Erfüllung einen hohen Preis fordert, den sie wiederum nicht gewillt sind zu zahlen .

Sprich: Bestenfalls müsste jeder innerhalb der textilen Kette umfangreiches Wissen über jede einzelne Prozessstufe haben.

Dass das jedoch lebensfern ist, liegt auf der Hand. Der Fachkräftemangel in diversen Stufen trägt auch noch mal wesentlich dazu bei. Weniger utopisch klingt der Ansatz, die Kommunikation innerhalb der textilen Kette derart zu stärken, dass Unternehmen über den eigenen Tellerrand schauen. Hilfreich ist dabei sicherlich, dass heutzutage die Übertragung von Informationen nicht mehr nur auf dem Wege face to face möglich ist, sondern es auch diverse Möglichkeiten des digitalen Austausches gibt.

Textilbranche: "Kommunikation statt Konfrontation"

Bereits 1985 wurde in München erkannt, dass der Dialog zwischen der Textil- und der Bekleidungsindustrie gefördert werden muss, um das ein oder andere Problem wie oben erwähnt erst gar nicht aufkommen zu lassen: Der DTB Dialog Textil-Bekleidung wurde aus der Taufe gehoben. Unter dem Motto "Kommunikation statt Konfrontation" bietet der Verein nun seit 37 Jahren eine Plattform für intensiven Austausch in Form von Infotagen, Seminaren und Projekten zu diversen Fragestellungen und bindet über die Industrie hinaus auch den Handel mit ein.

Der Austausch brachte jedoch auch hervor, dass für viele Unternehmen die Definition von textiler Kette an der Ladentür aufhört. Der Handel wird noch mit einbezogen, aber danach ist Schluss. Dass auch die Pflege unweigerlich ein Teil der textilen Kette ist, wird leicht stiefmütterlich betrachtet. Wie wichtig auch die sachgerechte Textilpflege ist – und das nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit, um die Lebensdauer der Textilie zu verlängern –, ist den Akteuren in den vorherigen Prozessstufen häufig nicht klar. Das Nachsehen hat dann der Verbraucher oder der Textilpflegebetrieb. Auch hier ist mehr Dialog zwischen den Branchen wünschenswert.

Textilpflege gehört zur textilen Kette: EFIT und DTB im Gespräch

Bereits vor vielen Jahren ist der DTB eine Kooperation mit der EFIT – Europäische Forschungsvereinigung innovative Textilpflege e.V. eingegangen, um die jeweiligen Mitgliedsfirmen aus den unterschiedlichen Bereichen an einen Tisch zu bringen. Beide Institutionen sind sich bewusst, dass der Dialog noch wesentlich zu verbessern ist und auch hier das jeweilige Verständnis für einander erhöht werden sollte. Hierzu mal ein paar Beispiele :

Drei Probleme von "Downgrading" bei Pflegeempfehlungen für Textilreiniger

  1. Das Verständnis fängt bei der sachgerechten Angabe der Pflegeempfehlung durch den Hersteller an. Nicht selten beklagen Textilpflegebetriebe, dass bei der Pflegeempfehlung bewusst " downgegradet" wurde. Gemeint damit ist, dass aus Gründen der Reklamationsvermeidung eine schonendere Behandlung angegeben wurde als das Teil tatsächlich erfahren darf. Das schränkt den Textilpflegebetrieb in seinem Tun natürlich ein bzw. lässt ihn möglicherweise auf eigene Gefahr handeln.
  2. Das Thema "Downgrading" kann jedoch auch noch zu ganz anderen Problemen führen. Zur Generierung der entsprechenden Symbole für das Endprodukt werden in der Regel die jeweiligen Empfehlungen sämtlicher Einzelteile quasi in einen Topf geschmissen und dann "lediglich" nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner Ausschau gehalten. Wird bereits bei den Einzelteilen vorsichtshalber eine schonendere Behandlung angegeben, führt dies nicht selten dazu, dass unterm Strich nichts mehr möglich ist. Das wiederum führt zu einem Verkaufshemmnis und so wird dennoch irgendeine Pflegeempfehlung angegeben, die möglicherweise nicht sachgerecht ist. Die Zeit und die Kosten einer Überprüfung der Pflegeempfehlung sind meist nicht da. Das Nachsehen hat wieder der Textilreiniger.
  3. Auch ist es durchaus kein Geheimnis, dass in den Abteilungen, in denen die Pflegeempfehlung erstellt wird, eher selten umfangreiches Wissen über die Vorgänge bei der Pflege vorhanden ist. Somit werden auch aus Unwissenheit nicht sämtliche Behandlungsmöglichkeiten angegeben. Die Möglichkeit der Nassreinigung wird von vielen Bekleidungsherstellern nicht angegeben, da diese Pflegebehandlung ihnen schlicht (noch?) nicht bekannt ist.

Textile Kette im Gespräch: Das wünschen sich Textilreiniger

  • Textilreiniger wünschen sich beispielsweise von den Bekleidungsherstellern auch einen Ersatzteil-Service. Geht ein Knopf bei der Pflege kaputt oder verloren, so hätte manch ein Textilpflegebetrieb gerne einen direkten Ansprechpartner bei den Markenherstellern, um einen Ersatzknopf zu ordern. In den Headquartern der Hersteller gibt es eher selten weder einen Ansprechpartner noch Ersatzknöpfe.
  • Eine weitere Sache, die den ein oder anderen Textilpflegebetrieb schon vor Probleme gestellt hat, sind spezielle Färbungen. Das Teil verändert nach der Pflege seine Farbe extrem oder verblasst und der Kunde reklamiert. Aber weder der Kunde noch der Textilpflegebetrieb hatten zuvor Kenntnis darüber, ob die Farb­veränderung im Lebenszyklus der Hose, Jacke oder was auch immer nicht vom Designer gewollt war.
  • Ganz aktuell sind auch die Restriktionen in Bezug auf Imprägnierungsmittel. Die Bekleidungsbranche setzt mehr und mehr auf nachhaltige, alternative Imprägnierung, verbannt die Fluorchemie gänzlich und arbeitet mit sogenannten C0-Impräg­nierungen (Sprich: C-Null-Imprägnierungen). Was jedoch genau herstellerseitig als Erstimprägnierung aufgegeben wurde, ist nicht ersichtlich. Der Textilpflegebetrieb steht bei der Nachimprägnierung folglich vor einem Rätsel. Häufig vertragen sich Erst- und Nachimprägnierung nicht. Die Nachimprägnierung lagert sich auf und führt zu einer Veränderung der Warenoberfläche und des Griffes.

Diese Beispiele machen deutlich, wie wichtig die Fortführung des Dialoges bis hin zum Textilpflegebetrieb ist. Textil- und Bekleidungshersteller sollten mehr über die Prozesse und Möglichkeiten in der Textilpflege wissen, aber ebenso die Textilpflege auch die Herangehensweisen der Textil- und Bekleidungshersteller sowie gewisse technische Einschränkungen besser verstehen lernen.

Ein DTB-"Infotag Textilpflege" am 18. Oktober 2022 soll den Dialog fördern. Details zur werden derzeit erstellt.