DITF Bakterien statt Erdöl: Textilen beschichten

Fossile Rohstoffe kommen nicht nur als Brennstoffe zum Einsatz – sie spielen auch bei Textilien eine große Rolle. So zum Beispiel bei der Ausrüstung technischer Textilien. Damit Stoffe wind- und wasserfest werden, nutzen Hersteller auf Erdöl basierende Stoffe wie Polyacrylate oder Polyurethane. Das verbraucht Ressourcen und belastet die Umwelt. Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) forschen deshalb an Polymeren aus nachwachsenden Quellen: Bakterien.

Forscher befüllt Rakel mit geschmolzenem PHA mit einer Heißklebepistole.
Forscher befüllt Rakel mit geschmolzenem PHA mit einer Heißklebepistole. - © DITF

Die Bakterien, aus denen die Polymere gewonnen werden, wachsen mithilfe von Kohlenhydraten und Fetten. Zudem benötigen sie eine erhöhte CO2-Konzentration und Licht mit angepasster Wellenlänge. Das so biotechnologisch hergestellte Polyester zählt zu der Gruppe der Polyhydroxyalkanoate (PHA).

PHA sind thermoplastisch, biologisch abbaubar und nicht toxisch. Im Vergleich zu anderen Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen wie Polysacchariden, Polyamiden aus Aminosäuren oder Polyester wie Polymilchsäure unterscheiden sich PHA im Wesentlichen durch die Anzahl der Kohlenstoffatome in der Wiederholungseinheit.

Biopolymere: Molekülaufbau weist Wasser ab

Dieser Molekülaufbau ist für die Beschichtung technischer Textilien interessant: Die Anordnung an sich zeigt wasserabweisende Eigenschaften. Zudem lässt sich die stabile Struktur anpassen.

Das heißt, Varianten auf Molekülebene führen zu verschiedenen Eigenschaften und das schafft großes Potenzial für die Herstellung wasserabweisender und mechanisch belastbarer Textilien in Outdoor-Bekleidung oder im Automobilbereich.

Ein weiterer Faktor, der Biopolymere für Beschichtungen attraktiv macht, ist die Tatsache, dass sie sowohl in kleineren Laborreaktoren als auch in großen Produktionsanlagen hergestellt werden können und dadurch zunehmend verfügbar sind.

Mithilfe einer Ummantelungsdüse beschichten die Forscher ein Baumwollgarn mit PHA.
Mithilfe einer Ummantelungsdüse beschichten die Forscher ein Baumwollgarn mit PHA. - © DITF

Bisher untersuchten Forscher PHA vor allem für medizinische Anwendungen. Die DITF hingegen untersucht bereits die Anwendung im textilen Bereich. Die Wissenschaftler zeigten beispielsweise, dass Beschichtungen aus PHA auf Garnen aus Baumwolle und Gewebe aus Baumwolle, Polyamid und Polyester glatt und gut haften. Dabei verwendete das Team sowohl PHA-Typen vom freien Markt als auch vom Forschungspartner Fraunhofer IGB hergestellte.

Lassen sich mit Biopolymeren beschichtete Textilien waschen?

Hinsichtlich auf ihre Verarbeitbarkeit ähneln PHA herkömmlichen Kunststoffen. Es zeigte sich, dass durch Extrusion das geschmolzene Polymer durch eine Ummantelungsdüse auf Baumwollgarne aufgetragen werden kann. Mithilfe einer Rakel gelang die Beschichtung des geschmolzenen Polymers auf Gewebe. Die Länge der molekularen Seitenkette des PHA spielt nach Angaben der DITF bei den Eigenschaften des beschichteten Textils eine wichtige Rolle. So seien zwar PHA mit mittellangen Seitenketten besser geeignet, um eine geringe Steifigkeit und einen guten textilen Griff zu erzielen, ihre Waschbeständigkeit sei jedoch gering. PHA mit kurzen Seitenketten eignen sich laut Forscher eher eine hohe Wasch- und Scheuerbeständigkeit zu erreichen, jedoch werde der textile Griff etwas steifer.

Nahaufnahme eines Baumwollgarns, das mit PHA beschichtet wurde.
Nahaufnahme eines Baumwollgarns, das mit PHA beschichtet wurde. - © DITF

Aktuell untersucht das Team, wie die Eigenschaften von PHA verändert werden können, um die gewünschten Beständigkeiten und die textilen Eigenschaften gleichermaßen zu erreichen. Des Weiteren planen sie die Formulierung wässriger Rezepturen für die Garn- und Textilausrüstung. Damit könnten wesentlich dünnere Beschichtungen auf die Textilien aufgebracht werden, als dies mit geschmolzenem PHA möglich ist.
Nicht zuletzt untersuchen die Forscher, ob sich PHA auch für die Herstellung von Fasern und Vliesstoffen eignen.

Exkurs: Mehr zur Forschung mit Biopolymeren und Cellulose

Biopolymere waren bisher vor allem für die Herstellung von Fasern interessant. Sie basieren auf nachwachsenden Rohstoffen, sind biologisch abbaubar und besitzen gute physiologische Eigenschaften.

Zu den Biopolymeren gehören

  • Polylacitid (PLA)
  • Polyhydroxybutyrat (PHB), ein aus erneuerbaren Rohstoffen fermentativ hergestellter Polyester
  • Cellulose und Chitin, die auf der Erde am weitesten verbreiteten Polysaccharide
  • Alginat

Mit geeigneten Spinnverfahren (Schmelz- oder Lösungsspinnen) können diese Biopolymere zu Fasern verarbeitet werden. Forscher der DITF beschäftigen sich mit chemischen und technologischen Aspekten der Herstellung dieser Biopolymerfasern.

Mithilfe neuer, ökologisch unbedenklicher Verfahren – zum Beispiel durch Einsatz von ionischen Flüssigkeiten als Lösemittel – können Fasern mit speziellen Eigenschaften für den Medizin- und Hygienebereich hergestellt werden.

Spezielle Airgab-Spinnverfahren ermöglichen die Herstellung hochorientierter Biopolymerfasern, die als Filamentfasern im technischen Bereich eingesetzt werden können, etwa als Präkursor für Carbonfasern oder als Verstärkungsfaser in Verbundwerkstoffen.