Reklamationsmanagement (Teil 1) „Danke für Ihre Reklamation!“

Statt bei einer Beschwerde gleich in die Abwehrhaltung zu gehen, sollten Sie dem Kunden mit einer positiven Einstellung gegenübertreten. Kritische Informationen geben Ihnen die Chance, Fehler auszuräumen und sich ständig zu verbessern. Wenn Sie einige Regeln beherzigen, haben Sie sogar gute Chancen, die Kundenbeziehung zu verbessern.Ob über das Telefon oder persönlich, wenn sich ein Kunde bei Ihnen beschwert, sollten Sie nicht nach einem Schuldigen suchen, sondern eine Lösung anbieten.Foto: Archiv/mev„Danke für Ihre Reklamation!“ Der richtige Umgang mit Reklamationen ist ein wesentlicher Bestandteil eines erfolgreichen Kundenmanagements. Ist ein Kunde dauerhaft unzufrieden, ist er wechselbereit und macht zu allem Übel auch noch negative Werbung: So erzählt ein unzufriedener Kunde durchschnittlich 14 anderen Personen von seinem Erlebnis. Ein zufriedener Kunde teilt es dagegen nur sieben Personen mit. Das beste Instrument der Kundenbindung ist also eine erstklassige Reklamationsbearbeitung. Sie sollten sich dabei bewusst sein, dass nicht die Beschwerde das große Übel ist, sondern eine falsche Abwicklung. Kunden, die sich beschweren, wollen den Chef sprechen. Wenn Reklamierer in der Unternehmenskultur als Nörgler gesehen werden, lässt der Chef sich jedoch nur ungern sprechen. Auch die Mitarbeiter stellen sich in solchen Fällen auf Abwehr ein. Oft wird dann zu wenig daran gedacht, dass ein unzufriedener Kunde das Recht hat, seine Ansichten, Wünsche und Forderungen vorzubringen. Wenn der Kunde sich gegenüber dem Betrieb äußert, gibt er ihm bewusst eine Nachbesserungsmöglichkeit. Doch Beschwerden werden von den Chefs häufig ausschließlich als Kostenfaktor betrachtet. Tatsächlich entstehen bei der Bearbeitung von Beschwerden Kosten. Doch diese Kosten sind in Relation zu den erzielbaren Nutzeneffekten zu setzen. Die in Beschwerden enthaltenen kritischen Informationen geben der Firma die Chance, Fehler auszuräumen, d.h., sich ständig zu verbessern und dabei Kosten zu sparen. Die perfekte Erledigung von Beschwerden ist außerdem ein Kundenbindungsinstrument. Häufige erste Reaktion im Betrieb: Es wird nach einem Schuldigen gesucht, statt nach einer Lösung. Dabei erhält der Kunde oft Informationen, die ihn gar nichts angehen: „Das hat eine Aushilfe zu vertreten“, „Das liegt am Spediteur“, „Der Computer ist abgestürzt“, „Die Termine waren zu eng“, „Der Stress zu groß“. Der Reklamierer versteht das als Ausrede, außerdem verliert er das Vertrauen. Noch immer gilt: Über das Unternehmen darf der Mitarbeiter nicht negativ sprechen, auch nicht bei Reklamationen. Erklärungen über interne Pannen gehören zu den Tabuthemen. Am besten ist es natürlich, Umzufriedenheiten vorzubeugen. Wenn im Vorfeld klar wird, dass ein Liefertermin nicht eingehalten werden kann, muss der Kunde darüber informiert werden. Und zwar sofort. Je früher, desto besser. Wenn der Kunde bei fälligen Terminen selbst mahnen muss und dann die Verzögerung erst erfährt, entsteht Ärger. Ein Lieferverzug ist nicht immer vermeidbar. Wird er aber rechtzeitig gemeldet, ist der Ärger beim Kunden kleiner. Allerdings muss der zweite Termin unbedingt eingehalten werden. Denn ein erneuter Verzug wäre unverzeihlich. Wer reklamiert, ist verärgert. Überlegen Sie also nicht gleich, ob der Kunde Recht hat oder nicht - zeigen Sie Anteilnahme an seinem Ärger. Die Gefühlsebene des Reklamierers muss angesprochen werden. Das ist der erste Schritt: Der Kunde will Verständnis für seinen Ärger hören. Es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern wie man es dem Kunden sagt. Verständnis äußern heißt nicht, ein Zugeständnis zu machen. Mit der Anteilnahme spricht man die Gefühle des Reklamierers an. Das abgedroschene „Tut mir leid“ gilt es zu vermeiden. Mit „Verständnis“ kommt man dagegen weiter. Sagen können Sie z.B.: -„Für Ihre Enttäuschung habe ich Verständnis.“ -„Ich kann Ihren Ärger verstehen.“ Auch wenn es schwerfällt: Versuchen Sie, in einer Reklamation auch die positiven Aspekte und somit die Chancen für Ihren Betrieb zu sehen gibt (siehe Kasten „Kundenbeschwerden Positive Aspekte“). Erklären Sie auch Ihren Mitarbeitern, dass es im Reklamationsmanagement bestimmte Tabuthemen gibt( siehe Kasten „Kommunikation: Fünf Tabuthemen“ Achten Sie auch auf die „Fangfragen“ des Kunden, wie etwa: Wieso geht das nicht? Warum können Sie nicht liefern? Weshalb dauert das so lange? Liegt es am Vorlieferanten? Ist nichts mehr am Lager? Was sagt denn der Chef dazu? Verdeutlichen Sie dem Kunden, dass die Panne einmalig passiert ist und dass er sich sonst auf Sie verlassen kann. „Verpacken“ Sie Negatives möglichst positiv. Die Annahme von Kundenreklamationen darf sich nicht nur auf mündliches Informieren beschränken. Häufig wird in der Hektik vieles vergessen. Legen Sie größten Wert darauf, dass es zur schriftlichen Aufnahme einer Beschwerde kommt. Intern wie extern werden Notizen ernster genommen als das mündliche Weiterleiten. Zum Informationsfluss einer Reklamation gehört von Anfang an die schriftliche Erfassung der Reklamationsdaten. Benutzen Sie ein firmenspezifisches Annahmeformular. Der Zweck eines Formulars besteht in erster Linie darin, systematisch bestimmte Informationen und Tatbestände auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit zu erfassen. Notizen im Formular entlasten Ihr Gedächtnis, führen zur systematischen Annahme und ersparen Ihnen jedes Mal, die Fragen zu überlegen. I n der Praxis haben sich Formulare bewährt, die firmenspezifisch gestaltet sind. Die Datenfelder sind so anzuordnen, dass sie der Bearbeitungsfolge der Reklamationsannahme entsprechen. Notizen macht man im Beisein des Kunden, dann fühlt er sich ernst genommen. Wer am Telefon Notizen macht, kündet dies wörtlich an: „Ich notiere.“ Auch wenn Sie für Reklamationsfälle gut gerüstet sind in manchen Fällen kommt erschwerend ein aggressives Verhalten des Kunden hinzu. Die Problematik behandeln wir im zweiten Teil unserer Serie Reklamationsmanagement. Noch mehr Tipps zum Umgang mit reklamierenden Kunden erhalten Sie in der Mai-Ausgabe von RWTextilservice .Rolf Leicher