Wäschekennzeichnung durch Patching Dem Bedarf und Budget angepasst

In der Wäscherei der Justizvollzugsanstalt (JVA) Chemnitz bewährt sich die Kennzeichnung der Oberhemden und der Berufskleidung für Köche durch Patching. Ein teures computergesteuertes System wäre unter den gegebenen Bedingungen wohl eher zu viel des Guten. Dem Bedarf und Budget entsprechend hat der Betrieb im vergangenen Jahr in neue Wäschereitechnik investiert.

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    Betriebsleiterin Marion Werner: „Mit den neuen Maschinen können wir endlich wirtschaftlich arbeiten.“
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    Die Chefin gibt am Bildschirm die Namen für die Etiketten ein.
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    Die unsortierte Wäsche der privaten Auftraggeber im unreinen Teil der Wäscherei.

Dem Bedarf und Budget angepasst

Helle, saubere Produktionsräume und Technik vom Feinsten: Am 1. Juli des vorigen Jahres ging nach zweiwöchigem Probelauf die neue Wäscherei in der Teilanstalt Reichenhain der Justizvollzugsanstalt Chemnitz in Betrieb. „Wir haben alle Hände voll zu tun. Seit Anfang März arbeiten wir sogar in zwei Schichten“, berichtet Marion Werner, seit sieben Jahren Wäschereileiterin in der JVA. In der Wäscherei sind 18 weibliche Häftlinge beschäftigt.

Ebenfalls unter Regie der Anstalt wird eine Näherei betrieben. Dort werden im Auftrag von privaten Kunden unter anderem Frottierhandtücher und andere Textilien mit Emblemen bestickt. Darüber hinaus ist in dem neuen Produktionsgebäude noch genug Platz für eine privat betriebene Modenäherei. Die Unternehmerin bildet mit Unterstützung durch Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds acht junge inhaftierte Frauen zu IHK-geprüften Modenäherinnen aus.

In der Wäscherei wurde die Technik mit einer Kapazität von täglich knapp 2 t so konzipiert, dass eine breite Palette von Dienstleistungen individuell, aber auch möglichst wirtschaftlich bewältigt werden kann. Marion Werner: „Unsere Auftraggeber sind außer den drei Teilanstalten der JVA Chemnitz die Justizvollzugsanstalten Zwickau und Plauen. Außerdem waschen wir für das zentrale Ausbildungszentrum der Justizschule in Bobritzsch sowie die Wäsche der Vollzugsbediensteten und der Polizei.“

Ein Betrieb, in dem fast alles möglich ist

Hinzu kommen mit einem Volumen von etwa 20 Prozent private Aufträge von der Technischen Universität Chemnitz, der Volkssolidarität und aus der Gastronomie. Unter Mitarbeitern in sächsischen Staatsministerien hat es sich längst herumgesprochen, dass ihre Oberhemden in Reichenhain tipptopp gepflegt werden.

Ein Betrieb also, in dem mit Ausnahme von Gesundheitswäsche und Chemischreinigung alles möglich ist. Der Maschinenpark wird der Variabilität der Produktionsvolumina und Waschgänge gerecht: Es wurden – jeweils mit Durchlade – zwei Waschschleudermaschinen mit einem Fassungsvermögen von 67 kg installiert, eine weitere für 47 kg Wäsche und eine Maschine mit 34 kg Fassungsvermögen. Für kleine Posten stehen zwei Waschschleudermaschinen ohne Durchlade mit Kapazitäten für 13 und 24 kg bereit.

In fünf Trocknern können 4, 17, 22, 34 und 45 kg Wäsche getrocknet werden. Eine Dosieranlage gewährleistet sowohl eine exakt am Bedarf orientierte Anwendung des Flüssigwaschmittels als auch einen gleichbleibenden Qualitätsstandard des Waschergebnisses. An der Mangel lassen sich bis zu zwei Bettlaken synchron bearbeiten. Oberhemden, die Wäsche aus den Anstaltsküchen, Schlafanzüge, T-Shirts und andere Kleidungsstücke werden manuell gebügelt.

Der Schlüssel für eine rationelle Produktion und die Vermeidung von Fehlern liegt in der Organisation. Marion Werner: „Die Anstaltswäsche hat Vorrang.“ Flachwäsche und Anstaltskleidung werden durch die JVA sortiert in Säcken angeliefert. Weil die Gefangenen aus einem Fundus mit frischer Wäsche versorgt werden, ist keine Kennzeichnung erforderlich.

Hemden sind Chefsache

Die privaten Auftraggeber liefern hingegen ihre Wäsche unsortiert in die Wäscherei. „Wir müssen daher die Teile je nach Pflegeanleitung sortieren“, erläutert die Wäschereileiterin. Der Abholtermin wird mit dem Kunden individuell vereinbart. Um Verwechslungen zu vermeiden, wird die Wäsche der privaten Kunden in verplombten und mit der Kundennummer versehenen Netzen gewaschen. Die Gefangenen tragen jeden Vorgang akribisch in ein Buch ein. Jeder Auftrag wird vor der Auslieferung durch die Wäschereileitung kontrolliert.

Die Vorbereitung der Oberhemden ist indessen Chefsache: Marion Werner persönlich versieht jedes Hemd am unteren Saum mit dem Namen des Kunden und dem Kürzel des jeweiligen Ministeriums, in dem er beschäftigt ist. „Seit Oktober des vorigen Jahres ist eine Patchinganlage in Betrieb. Sie hat sich bisher bestens bewährt“, berichtet sie. Für den Bedarf in der Anstaltswäscherei reiche dieses Kennzeichnungssystem aus, so die Wäschereileiterin.

Die Bedienung ist denkbar einfach: Am Bildschirm tippt Marion Werner den Namen des Kunden ein. Der wird dann auf einen schmalen Folienstreifen gedruckt. Unter einer Temperatur von 213 °C auf das Gewebe gestanzt, hält das Material den Einflüssen der Waschmechanik und der Chemie sowie hohen Temperaturen lange Zeit stand.

Berufskleidung aus der Anstaltsküche

Nach der Anlieferung der Oberhemden kontrolliert die Wäschereileiterin die Aufträge auf Vollständigkeit und reicht sie dann an die Wäscherei weiter. Ebenfalls unter Kontrolle von Marion Werner werden die gewaschenen und gebügelten Teile je nach Kundenwunsch eingetütet oder auf Bügel gehängt. Die Lieferung erfolgt wöchentlich. Auch für die Kennzeichnung der Berufskleidung aus der Anstaltsküche ist das Patching bestens geeignet. Und das, obwohl diese Teile täglich und unter höheren Temperaturen gewaschen werden.

Gegenwärtig wird die Privatkleidung der Gefangenen in Netzen gewaschen. Marion Werner: „Wir überlegen gerade, ob wir auch in diesem Bereich künftig das Patching anwenden können.“ Sie bezweifelt indessen, ob solch eine Neuerungsmaßnahme tatsächlich im Interesse der Gefangenen wäre, denn: „Die Pflege der privaten Kleidung muss aus dem eigenen Budget finanziert werden.“ Und das ist ja im Strafvollzug nicht gerade üppig.

Auch würden wohl kaum die personellen Kapazitäten ausreichen, um die private Wäsche von 900 männlichen und weiblichen Gefangenen aus allen drei Chemnitzer Teilanstalten nach Nummern zu sortieren. „Die Situation in der JVA ist anders als in einem privaten Betrieb“, räumt die Wäschereileiterin ein. Sie könne die Gefangenen nur sehr eingeschränkt nach individuellen Fähigkeiten und Motivation einsetzen. Ein Umstand, der wiederum Fehlerquellen begünstigen könnte. Eine Investition in ein elektronisches Kennzeichnungssystem würde aber wiederum den öffentlichen Haushalt unverhältnismäßig stark belasten.

Vorschläge für Verbesserungen

Wenngleich durch die Installation modernster Technik ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit erreicht wird, muss im Strafvollzug auch immer das Ziel, die Gefangenen zu resozialisieren, im Blickfeld bleiben. „Die Frauen sind zufrieden, dass sie Beschäftigung haben“, weiß Marion Werner. In dem neuen Produktionsgebäude habe sich das Arbeitsklima erheblich verbessert und mitunter komme es sogar vor, dass eine Gefangene mit ihr über persönliche Probleme spricht.

Ganz wichtig: „Die Frauen bringen sich ein und machen zuweilen Vorschläge für eine Verbesserung des Produktionsablaufs.“ Einmal habe eine Gefangene die Wäschereileiterin gefragt: „Was machen wir nur mit meinen Babys, wenn ich entlassen werde?“ Die „Babys“ waren die Trockner, für die die junge Frau während des Vollzugs verantwortlich gewesen war. Reinhard Wylegalla