feel! Munich Dry Gin Der Gin des Lebens

In München-Pasing destilliert Textilreinigermeister Korbinian Achternbusch seinen eigenen Gin. Die Idee zum „feel! munich dry gin“ entstand in einer Bierlaune, anschließend arbeitete er sich schnell in das neue Handwerk ein. Sein Vorteil: Das Destillieren von Gin und die Arbeit als Textilreiniger sind gar nicht mal so verschieden.

  • Bild 1 von 5
    © Achternbusch
    In einer klassischen Anlage der Müller GmbH Brennereianlagen in Baden-­Württemberg destilliert Achternbusch den Münchner Gin.
  • Bild 2 von 5
    © Achternbusch
    Foto: Achternbusch
  • Bild 3 von 5
    © Achternbusch
    Der 27-jährige Korbinian Achternbusch arbeitet weiterhin als Textilreinigermeister. Fotos: Achternbusch
  • Bild 4 von 5
    © Achternbusch
    Der „feel! munich dry gin“ ist ein regionaler Gin mit rein biologischen Zutaten.
  • Bild 5 von 5
    © Bürgle
    XXXXX Foto: Bürgle

Als ich betrunken vom Oktoberfest heimfuhr, kam mir die Idee: Ich mache meinen eigenen Gin“, erzählt Textilreinigermeister Korbinian Achternbusch über die Anfänge seines „ feel! munich dry gin“. Bis heute ist der Schnaps ein echtes Münchner Kindl: In einem Hinterhof in München-Pasing destilliert Achternbusch den Wacholderschnaps auf knapp 70 m2. Alles in der kleinen Manufaktur ist Handarbeit, der 27-Jährige steckt jede freie Minute in die Weiterentwicklung seines Produkts. Das Besondere dabei: Der Schnaps ist nicht nur lecker, sondern auch biologisch, ungezuckert und sogar vegan.

Die Renaissance des Gin

Seit einigen Jahren erlebt Gin, das Kultgetränk der Engländer, eine Renaissance. Einst als Fusel verschrien, gilt er als neuer und aromatischer Wodka. Hunderte Sorten gibt es mittlerweile, die Labels Hendrick’s, Monkey 47, Berliner Brandstifter und The Duke sind in aller Munde. Wenn das Bier zu schwach und der ­Wodka zu hart ist, dann ist so ein „Gin and Tonic“ die ideale Zwischenlösung. Immer öfter trifft man regelrechte Gin-Enthusiasten, die stundenlang über den Schnaps und das dazu passende Tonic Water fachsimpeln. Korbinian Achternbusch war 19, als er seinen ersten Hendrick’s Gin, eine der bekanntesten Ginmarken weltweit, probierte: „Seitdem stehe ich auf Gin.“ Nach seiner Idee vor sieben Jahren beschloss der Münchner, auf seine Worte Taten folgen zu lassen: Er investierte 30.000 Euro in eine kupferne Destillieranlage, in der er heute seinen Gin herstellt. Für die Anschaffung verkaufte der damals frischgebackene Textilreinigermeister sein neues Cabrio: „Die Anlage war definitiv die bessere Investition als das Auto.“ Nichtsdestotrotz verlangten die Anfänge als Quereinsteiger in die Ginproduktion Achternbusch einiges ab. Neben seiner Arbeit im Familienbetrieb belegte er Seminare in österreichischen Obstbrennereien und recherchierte viel: „Ich habe davor ja nichts gewusst, ich bin Textilreiniger- und kein Destillateurmeister.“Trotzdem kam ihm sein Vorwissen zugute: „Jeder Reiniger destilliert. In der Reinigungsanlage verwende ich Per und hier ist es halt Alkohol. Das ist schon eine ähnliche Viskosität.“ Achternbusch begann zu experimentieren. Die ersten Versuche und Art und Weise, auf die der Alkohol das Wacholderaroma trug, faszinierten ihn: „Aber außer mir war leider erstmal keiner begeistert.“ Fast ein Jahr habe es gedauert, bis er mit seiner Rezeptur zufrieden war. Ein ständiges Herumprobieren mit Zitrusfrüchten, Beeren und Gewürzen nach dem „Versuch-und-Irrtum“-Prinzip war nötig. Zutat für Zutat mengte er bei und kontrollierte jedes Ergebnis: Schmeckt das? Kann man das trinken?

Das steckt im Biogin

17 „Botanicals“, also die Zutaten, mit denen der Gin destilliert wird, machen den „ feel! munich dry gin“ heute aus. Sie alle stammen aus kontrolliert biologischem Anbau. Achternbusch erklärt den Grund: „Als ich mit konventionellen Zutaten, beispielsweise mit Limetten, experimentierte, habe ich schnell störende Aromen bemerkt. Die gab es nicht mehr, als ich mit unbehandelten Limettenschalen arbeitete.“ Die großen Ginhersteller würden zuckern, um die bitteren Spritzmittel auf Zitrusfrüchten und anderem Obst zu überdecken. Für Achternbusch keine Option: „Man darf bis zu 0,1 g pro Liter zuckern. Was sich wenig anhört, ist nicht zu unterschätzen.“ Denn viele Produzenten würden mit chemischem Flüssigzucker arbeiten, der um ein Vielfaches stärker sei als Rohrzucker. Der Textilreinigermeister arbeitet deshalb ausschließlich mit biozertifizierten Produzenten: „Als Basis für den Gin habe ich ein Weizendestillat von einem Biobauern aus der Nähe von Wien. Der Bauer brennt den Weizen sogar, sodass ich ihn nur noch nach München holen muss.“

Achternbusch will seinen Gin aber nicht nur biologisch produzieren, sondern auch verschiedene Geschmackssegmente abdecken: Abgesehen vom klassischen Wacholder-Gin sollen deshalb auch eine Zitrusnote, ein beeriges und florales Aroma sowie eine gewisse Würze im Gin liegen. „Ich wollte damals etwas Modernes machen. Deshalb verarbeite ich weniger Wacholder, sondern mehr Limettenschalen“, erklärt Achternbusch die Zitrusnote. Für die fruchtig-beerige Note verwendet er Heidel-, Holunder- und Aroniabeeren. Dieses Beerentrio sei besonders wichtig: „Wenn man den Gin mit einer tiefgefrorenen Heidelbeere garniert, dann springt einen der Beerengeschmack regelrecht an.“ Das florale Botanical wird durch Lavendel abgedeckt, für eine leichte Schärfe sorgen Kubebenpfeffer und Koriander. Im Nachgeschmack des Gins kommt der Geschmack von Zitronenmelisse heraus, die eine frische Note mit sich bringt. „Alle Zutaten zusammen geben 4,5 kg, die in den Kessel kommen“, erklärt Achternbusch. Ein bisschen mehr als drei Stunden braucht er, um einen Kessel zu destillieren. Ganz bewusst verzichtet er auf eine Destillation mit Eiweiß – damit ist der Gin als eines von wenigen Ginprodukten in Europa vegan.

Der „feel!“ auf dem Markt

Trotz der genauen Rezeptur schmeckt nicht jeder „ feel! munich dry gin“ gleich. „Ich lasse ganz bewusst Geschmacks-abweichungen zu“, sagt Achternbusch. „Das liegt daran, dass die Zutaten nicht immer gleich schmecken und ich nicht blende, also nicht mehrere Chargen miteinander vermische.“ Der Textilreinigermeister verarbeitet alle Produkte in Handarbeit: Von der Vorbereitung der Rezeptur über das Destillieren bis hin zum Abfüllen und Verpacken. Um die Arbeit zu bewältigen, arbeitet er in Etappen: „Heute destilliere ich beispielsweise drei Durchgänge, ungefähr 221 Flaschen pro Kessel. Morgen muss ich wieder in die Reinigung. Und nächste Woche wird dann verpackt.“

Der Erfolg auf dem Schnapsmarkt kommt nicht von ungefähr, das hat Achternbusch gelernt. Durch mühsames Klinkenputzen brachte er seinen Gin anfangs an den Mann: „Das war komisch. In der Textilreinigung kamen die Menschen zur Beratung zu mir, jetzt musste ich auf einmal etwas verkaufen.“ In vielen Fällen verlief die Akquise erfolgreich, die Hauptabnehmer sind heute regionale Feinkostläden. „In München sind die besten Referenzen wohl das Gourmetrestaurant Dallmayr, der Basic-Biomarkt oder auch gute Hotels wie das Mandarin Oriental oder The Charles Hotel“, so Achternbusch. Aber auch online, beispielsweise auf Amazon, ist der Gin für rund 36 Euro erhältlich.

Wenn es die Zeit zulässt, veranstaltet der Münchner Destilleriebesichtigungen inklusive Ginverkostung: „Für mich ist das die schönste Art, den Leuten das nahezubringen, was mir solchen Spaß macht.“ Durch die Besichtigung würden die Kunden eine Nähe zum Produkt bekommen, die sonst kaum möglich sei.

Textilreiniger in Teilzeit

Bis Ende 2018 kümmerte sich Achternbusch noch in Abend- und Wochenendarbeit um sein Produkt, seit Anfang dieses Jahres arbeitet er in Teilzeit als Textilreinigermeister im Betrieb seiner Mutter und seines Onkels. Seit 80 Jahren ist die Textilreinigung und Wäscherei Sterr in Familienbesitz: „Meine Familie hat mich ein bisschen freigeschaufelt, damit ich mich auf den Gin konzentrieren kann. Ohne familiäre Unterstützung würde es nicht gehen.“

Die Arbeit in der Textilreinigung gefällt ihm, er weiß körperliche Arbeit zu schätzen: „Das ist es auch, was ich am Destillieren so mag. Es ist ein Handwerk, genau wie das Textilreinigen.“ Das Familienunternehmen möchte er deshalb nicht verlassen, er kann sich sogar vorstellen, den Betrieb eines Tages zu übernehmen. Trotzdem müsse das Ziel sein, einmal von der Ginproduktion zu leben: „Als Hobby ist das nicht zu finanzieren.“

Am liebsten würde er seinen „ feel! munich dry gin“ so groß machen, dass er beide Geschäfte gleichzeitig betreiben kann. „Schmutzige Wäsche wird es immer geben. Wenn man also nicht alles falsch macht, wird das Geschäft der Reinigungen funktionieren.“ Dasselbe gelte für Alkohol: „Die Menschen trinken, wenn sie Spaß haben, aber genauso trinken sie in wirtschaftlichen schlechten Zeiten.“ Tanja Bürgle www.feel-gin.de