Die Gemeinschaftswäscherei Hildesheim feierte 30-jähriges Jubiläum Der Mensch steht im Mittelpunkt

Seit 30 Jahren integriert die Gemeinschaftswäscherei Hildesheim Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt. Am 23. November 2007 lud das Unternehmen zu Jubiläumsfeier und Tag der offenen Tür ein. Gleichzeitig präsentierte die Wäscherei eine neue automatische Sortieranlage für Bewohnerwäsche.

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    Martin Kannegiesser (r.) gratulierte Pastor Ulrich Stoebe, Diakonie Himmelsthür, gwh-Geschäftsführer Joachim Liegl und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Assessor Rolf Pätzold (v.l.n.r.).Fotos: em
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    Schülerinnen des Bischöflichen Gymnasium Josephinum Hildesheim führten den Gästen Schwesterntrachten vor.
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    Die neue Sortieranlage für Bewohnerwäsche ordnet die Wäschestücke im hängenden Prozess.
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    Bis zu 30.000 Kleidungsstücke unterschiedlichster Größe können in der Sortieranlage gespeichert werden.

Der Mensch steht im Mittelpunkt

Die Räumlichkeiten der Gemeinschaftswäscherei Hildesheim gGmbH (gwh) im Stadtteil Sorsum waren gut gefüllt, als Geschäftsführer Johann Liegl ans Rednerpult trat, um die mehr als 800 Besucher willkommen zu heißen. Zuvor hatte die Band Dixie King’s aus Magdeburg für Stimmung gesorgt. „Außer unseren Kunden stehen vor allem unsere Mitarbeiter im Mittelpunkt“, sagte Liegl. Insgesamt arbeiten 280 Mitarbeiter in der Wäscherei, deren Gesellschafter die Diakonie Himmelsthür ist. Davon haben 120 Beschäftigte eine Behinderung. Im Unternehmen werden sie voll in den ersten Arbeitsmarkt integriert. Zurzeit werden im Betrieb sechs junge Menschen zum Textilreiniger ausgebildet, zwei haben ein Handicap. Die Gemeinschaftswäscherei bietet Dienstleistungen im Segment der Gesundheitswäsche an – von der Mietwäschevollversorgung inklusive Berufskleidung über Lohnwäsche bis hin zu Bewohnerwäsche inklusive chemischer Reinigung.

„Arbeitstäglich bearbeiten unsere Mitarbeiter 30.000 kg Wäsche für rund 100 Kunden“, berichtet der Geschäftsführer. Zu den Kunden zählen Krankenhäuser, Altenwohn- und Pflegeheime, Behinderteneinrichtungen, aber auch Rettungsdienste, Feuerwehren und Labore in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Unsere Stärke ist eine flexible Kundenorientierung“, schloss Liegl seine Rede. „Kunden- und Dienstleistungssystemberatungen sowie eine begleitende Betreuung sind wichtige Bestandteile unserer Dienstleistungen.“

Als Nächster ergriff der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Assessor Rolf Pätzold, das Wort. Er erinnerte sich an die Anfänge der gwh, die ihre Tätigkeit am 15. September 1977 in dem eigens dafür errichteten Neubau aufgenommen hat. Damals stand die Wäscherei noch unter der gemeinsamen Trägerschaft der Diakonischen Werke Himmelsthür und des Landes Niedersachsen, welches sich 1984 aus dieser zurückzog. „Aufgabe und Ziel der Gemeinschaftswäscherei war und ist es, Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt einzugliedern und die gemeinschaftliche Arbeit von Behinderten und Nichtbehinderten zu fördern“, erklärte Pätzold. Dabei handelt es sich bei den Arbeitsplätzen um keine Schonarbeitsplätze. „Unsere Mitarbeiter müssen wie in jedem anderen industriellen Betrieb auch unter Belastungen wie Lärm und Zeitdruck arbeiten“, betonte der Vorsitzende des Aufsichtsrates. Schließlich erwarten die Kunden der Gemeinschaftswäscherei eine hervorragende Leistung und Qualität und das bei ansprechenden Preisen. Der Bedarf an fachkundigen und motivierten Mitarbeitern ist daher nach eigenen Angaben groß. „Die Wäscherei hat seit Jahren steigende Mitarbeiterzahlen und die Tendenz für die nächsten Jahre ist ebenfalls positiv“, berichtete Pätzold. 2007 konnte die Wäscherei nach eigenen Angaben mehr als 20 neue Arbeitsplätze schaffen, die zur Hälfte mit Menschen mit Behinderungen besetzt wurden.

Für ein wenig Auflockerung zwischen den Grußworten sorgte eine Modenschau, die den Besuchern Schwesterntrachten von der Antike bis ins Jahr 2030 zeigte. 14 Schülerinnen der Theatergruppe des Bischöflichen Gymnasiums Josephinum Hildesheim präsentierten unter Applaus des Publikums die typische Kleidung der Hygieia, die als erste Krankenpflegerin galt, die Tracht der Hildegard von Bingen oder auch die strenge Uniform der Florence Nightingale. Fehlen durften aber auch die modernen Kasacks und Hosen nicht, die in der Wäscherei aufbereitet werden. Zum Abschluss warf die Modenschau einen Blick in die Zukunft. Das Krankenpflegepersonal der Zukunft trägt einen reflektierenden Overall und ist per Roller unterwegs zu den Patienten.

Der Direktor der Diakonie Himmelsthür, Pastor Ulrich Stoebe, verglich in seiner Ansprache die Gemeinschaftswäscherei mit einem Kind, das erwachsen wird. „Und als Eltern darf man stolz auf sein Kind sein“, sagte Stoebe. Bei der gwh handele es sich nicht um eine Hauswäscherei, sondern um eine moderne Großwäscherei im industriellen Maßstab, die über die Grenzen der Diakonie und der Stadt Hildesheim weit hinausreiche. „Viele Leute fragen sich aber oft, wie eine Wäscherei und Gemeinnützigkeit zusammenpassen“, berichtete der Direktor. „Wer so fragt, versteht wenig von Ökonomie und Diakonie.“ Denn beides schließe sich laut Stoebe nicht aus. Der Gewinn, den die Wäscherei erwirtschafte, käme wieder der Gemeinnützigkeit zugute. Schwarze Zahlen würden also das Gemeinwohl fördern. „Gemeinnützigkeit verhindert Ökonomie nicht, sondern adelt sie“, brachte der Pastor es auf den Punkt. Daher dankte er allen, die im Rahmen der Wäscherei etwas tun, was den Menschen nützlich ist. „Ich danke den Mitarbeitern für jeden Tropfen Schweiß, den sie bei ihrer Arbeit vergießen“, sagte Stoebe abschließend.

Als Gastredner hatte die gwh den Inhaber des Unternehmens Kannegiesser und Präsidenten Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, nach Hildesheim eingeladen. Anfang November wurde die neue automatische Sortieranlage für Bewohnerwäsche des Herstellers in der Gemeinschaftswäscherei installiert. Diese ist nach Angaben der Wäscherei und des Herstellers die weltweit erste ihrer Art. Kannegiesser lobte die Investition. Zeige sie doch, dass die Wäscherei auf die Zukunft vertraut. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels und des zunehmenden Alters der Gesellschaft sei die Arbeit der Wäscherei wichtig. „Ohne Wäschereien würde der Alltag in Krankenhäusern, Altenheimen oder auch auf Kreuzfahrtschiffen nicht funktionieren“, gab der Unternehmer zu bedenken. Insbesondere die Bearbeitung von Bewohnerwäsche sei anspruchsvoll und teuer, da sie sich schwerer automatisieren ließe. Die Gemeinschaftswäscherei belege hier eine Spitzenposition, was den rationellen Umgang mit der arbeitsintensiven Ware anginge. So war es auch die Gemeinschaftswäscherei, die bei Kannegiesser eine Anlage anfragte, die die Bewohnerwäsche im hängenden Prozess sortiert. „Die gwh könnte hier einen Maßstab setzen und als Vorbild für andere Unternehmen dienen“, sagte Kannegiesser.

Ansehen konnten sich die Besucher die Sortieranlage für Bewohnerwäsche während der anschließenden Führung durch den laufenden Betrieb. Die Anlage verfügt über eine Speicherkapazität von 30.000 Bewohnerwäscheteilen. Je Stunde kann sie bis zu 2.500 Wäscheteile sortieren. Über die Sortieranlage werden alle persönlichen Wäschestücke von Bewohnern aus Altenpflege- oder Behindertenwohneinrichtungen verarbeitet. Angefangen von Unterwäsche und Socken, über die gesamte Oberbekleidung bis hin zu persönlich genutzter Bettwäsche können so alle Teile nach Kunden, Wohngruppe, Bewohner und einer vorgegebenen Artikelreihenfolge sortiert werden. Die Bewohnerwäscheteile sind mit Barcode ausgestattet und werden während des gesamten Bearbeitungsprozesses mehrfach über Barcode und Chip gelesen. Damit werden laut gwh Fehlstellungen und Vertauschungen nahezu ausgeschlossen. Nach der Sortierung wird die Bewohnerwäsche in einer Packmaschine automatisch verpackt.

Insgesamt werden 7.000 Bewohner von Altenpflege- und Behindertenwohneinrichtungen mit zusammen mehr als zwei Millionen im System registrierten Bewohnerwäscheteilen von der Wäscherei versorgt. Arbeitstäglich werden je nach Wochentag zwischen 17.000 und 35.000 Wäschestücke nach Bewohnern sortiert und verpackt bis in die Wohnbereiche der Kunden geliefert.em