Bundesleistungswettbewerb der Textilreiniger Die besten Gesellen im Land

Jedes Jahr kommen die besten jungen Textilreiniger Deutschlands an einem Ort zusammen, um ihr Können im Bundesleistungswettbewerb unter Beweis zu stellen. Sortieren, Waschen, Bügeln – das gesamte Arbeitsspektrum müssen die frischgebackenen Gesellen beherrschen.

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    1Nico Brockmann beim Titrieren.
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    2Jenny Bergmann beim Fleckenentfernen.
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    3Anja Burghart beim Wäschesortieren.
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    4Daniel Caspari beim Bügeln.
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    5Andrea Brüning an der Reinigungsmaschine.
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    6Alle Beteiligten (v.l.n.r.): Anja Burghart, Horst Becker, Jenny Bergmann, Mara Sola (Koordinatorin), Andrea Brüning, Udo Nagelschmidt, Gerd Hanisch, Stefanie Seibel-Neu, sitzend: Nico Brockmann, Daniel Caspari.

Die besten Gesellen im Land

In diesem Jahr ist es die Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode, in der sich die Wäscherelite zum Kräftemessen trifft. An einem kühlen Oktobermorgen sitzen die fünf jungen Frauen und Männer im Aufenthaltsraum des Technikums, einem flachen Gebäude im Innenhof der Schule. Als Beste ihres Bundeslandes haben sie sich für die Teilnahme qualifiziert und sind aus allen Teilen Deutschlands in die Mainmetropole gereist. Den Tag zuvor hatten sie noch Zeit zum Üben, heute wird es ernst. Bei Kaffee und Brötchen versuchen sie zu entspannen und sich auf die bevorstehenden Aufgaben vorzubereiten. „Das Warten ist das Schlimmste“, sagt Daniel Caspari aus Herne. Poster hängen an der Wand: Wie wasche ich empfindliche Sachen? Wie wasche ich Weißwäsche? Nach und nach treffen die vier Prüfer ein und besprechen sich leise.

Pünktlich um 9 Uhr gibt Prüfer Horst Becker den Startschuss: „Zwei Leute bitte zu mir in die Wäscherei, drei kommen zu den anderen Stationen.“ Nico Brockmann aus Oebisfelde ist der Erste, der einen Waschplan erstellt und durchführt. Auf dem Tastenfeld neben dem großen Sichtfenster der Waschmaschine stellt er Temperaturen und Zeiten ein: erst fünf Minuten bei 30°C, um Eiweißflecken zu entfernen, dann zehn Minuten bei 60°C. Horst Becker hilft, wenn die Bedienung der Maschine nicht ganz klar ist. Während sich die Waschtrommel dreht, hat Nico Zeit, die Waschlauge zu titrieren. Vier Inhaltsstoffe muss er bestimmen: den Gesamtalkaligehalt, den Ätzalkaligehalt, die Menge an aktivem Sauerstoff und die Wasserhärte. Nebenan ist Jenny Bergmann aus Oldenburg dabei, auf einem weißen Stück Stoff zehn Flecken zu identifizieren. Farbe, Geruch, Griffgefühl und Randform der Flecken helfen ihr dabei, sie richtig zu erkennen. Möglichkeiten gibt es viele -Kugelschreiber, rote Bete, Senf, Kaffee oder Rotwein sind nur einige davon. Vier Stück davon muss sie mit geeigneten Mitteln entfernen. Verschiedenfarbige Plastikfläschchen stehen auf einer Ablage bereit, Fettlöser, Tintenlöser, Eiweißlöser, Fruchtfarbenlöser. Anja Burghart aus München sortiert Wäsche aus zwei mannshohen Gitterboxen in verschiedene Haufen. Helles und Dunkles,Baumwolle und Chemiefaser, Verflecktes und Empfindliches. 15 Minuten hat sie dafür Zeit, dann muss sie den Prüfern Rede und Antwort stehen, warum sie was wie sortiert hat. „Wolle wird getrennt von feinen Stoffen, weil sie stark fusselt“, weiß sie und „Bei diesem Jackett würde ich die Knöpfe in Alufolie wickeln oder es als Ganzes in ein Netz stecken“, ergänzt sie. „Hier geht es darum, Textilien und ihre Eigenschaften richtig zu erkennen“, erklärt Prüfer Udo Nagelschmidt. „Werden sie nass oder chemischgereinigt? Ist das eine kritische Faser? Gibt es Flecken und wenn ja, wie sind sie zu behandeln? Wurden die Taschen kontrolliert?“

Großen Raum nimmt das Glätten von Kleidungsstücken ein. Zwei Hosen und ein Sakko sind maschinell zu bügeln, drei Oberhemden und drei Kittel zu pressen, eine weiße Rüschenbluse mit dem Bügeleisen zu plätten. Daniel Caspari legt ein Hemd in die Kragen- und Manschettenpresse, danach wird es in der Ärmelpresse regelrecht aufgeblasen. Zum Schluss hängt er das Hemd auf den Ständer des Doppelrumpfkabinetts, zieht es glatt, steckt es mit Nadeln fest und lässt es in den offenen Spalt der Maschine einfahren, wo Vorder- und Rückseite automatisch geglättet werden. War es jedoch nicht richtig befestigt, können auch unerwünschte Falten entstehen, die dann noch mit der Hand herausgebügelt werden müssen. Daniel arbeitet zügig, schleust die Hemden und Kittel wie am Fließband durch die drei Stationen, denn die Zeit ist begrenzt und er muss die Sachen auch noch fachgerecht zusammenlegen. Andrea Brüning aus Berlin wird derweil zur Reinigungsmaschine befragt, die mit vielen Trommeln, Boxen, Schläuchen und Kabeln mächtig im Raum steht. „Was kann diese Maschine alles?“, lautet die erste Frage von Udo Nagelschmidt, die die junge Textilreinigerin auch richtig beantwortet: Waschen, Trocknen, Lösungsmittel zurückgewinnen, verschmutztes Lösungsmittel destillieren. Danach geht es richtig in die Technik hinein: Welche Sicherheitseinrichtungen gibt es und wo sitzen sie? Wie wird der Nadelfänger gewartet? Wie lange bleibt das Lösungsmittel in der Reinigungstrommel? Wann kann der Trockner geöffnet werden? Andrea Brüning gerät ins Schwitzen.

Sechs Stunden dauert der Prüfungsmarathon. 30 gebügelte Hemden und Kittel liegen zur Begutachtung bereit, zehn Hosen, fünf Sakkos und fünf Blusen hängen auf Kleiderbügeln, 50 Fleckenangaben müssen gesichtet werden. Gegen 16 Uhr winkt der Lohn der Mühen: Nico Brockmann heißt der Sieger, gefolgt von Daniel Caspari auf dem zweiten Platz. Dritte ist Anja Burghart geworden.

Dr. Andrea Groß