Technischer Kongress und Unternehmertreffen von Intex Ein Bildungsmarathon

Am 25. und 26. April 2007 lud der Industrieverband Textil Service (Intex)seine Mitglieder zum Frühjahrs-Unternehmertreffen nach Mettmann bei Düsseldorf ein. Gleichzeitig fand im Rahmen der International Detergency Conference der jährliche technische Kongress statt – ein Bildungsmarathon quer durch die Themen der professionellen Textilpflege.

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    Moderator und Referenten des Themenblocks „Funktionen von Textilien“: Ulrich Kuntze, Dr. Klaus-Dieter Zastrow, Dr. Harald Lutz, Siegfried Görig und Christian Vogel (v.l.n.r.).
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    Sie sprachen über die Logistik: Frank Marquart, Peter Langkafel und Moderator Jürg Depierraz (v.l.n.r.).
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    LinksDas Team von Intex freute sich über eine gelungene Veranstaltung: Andreas Schumacher, Klaus Jahn, Susanne Schönmeier und Ruben Höpfer (v.l.n.r.).RechtsKatharina Meyersrenken erläuterte, welche Versicherungen zum Risikomanagement in einer Wäscherei gehören.
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    Erst wenn die RFID-Technologie zum gleichzeitigen Lesen mehrerer Tags verwendet werde, mache sie Sinn, sagte Dr. Klaus Ackerstaff.
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    Katharina Meyersrenken erläuterte, welche Versicherungen zum Risikomanagement in einer Wäscherei gehören.

Ein Bildungsmarathon

Zu Beginn der Veranstaltung verglich Klaus Jahn, Geschäftsführer von Intex, Eschborn, das Tagungsprogramm mit einem Marathon – immerhin galt es in acht Stunden 16 Vorträgen zuzuhören. Zwar taten die Teilnehmer an diesem Tag nichts für ihre körperliche Kondition, die geistige Kompetenz wurde jedoch von der ersten Minute an gefordert. Die vielfältige Vortragsreihe war in vier Themenblöcke unterteilt:

◇Funktionen von Textilien.

◇Logistik als Erfolgsfaktor.

◇Optimieren von Betriebsabläufen.

◇Neue Technologien.

Zu jedem Block waren Experten aus Industrie und Forschung eingeladen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Klaus Jahn sowie Mitgliedern und Freunden des Verbandes:Ulrich Kuntze, Kuntze &Burgheim Textilpflege, Hannover, Jürg Depierraz, Geschäftsführer des Verbands Textilpflege Schweiz, Bern, Johannes Wittenbrink, Widi-Wirschaftsdienste Hellersen, Lüdenscheid, und Magnus Lutz, MNIPartners, Freiburg im Breisgau.

Ob dem Textilservice rosige Zeiten bevorstehen. Auf diese Frage ging Andreas Schumacher, Intex, Eschborn, ein und präsentierte die Ergebnisse des Branchenkompendiums 2006. Über die Veränderungen, vor denen die textile Mietdienstleistung steht, sprach Volker Kamm, Partner der Kamm Malberg Consulting, Hamburg. Große internationale Anbieter reagierten darauf – so der Referent – mit Wachstumsstrategien mittels Akquisition, Preiswettbewerb oder Verdrängung; kleinere Unternehmen suchten sich Marktnischen, die sie individuell bedienen könnten. Kamm fasste diesen Trend in fünf Thesen zusammen:

◇Da sich der Arbeitsmarkt verändert, – alte Berufsbilder verschwinden, neue kommen hinzu –, ändern sich auch die Anforderungen an Berufskleidung.

◇Der mobile Mensch ist für die textile Dienstleistung immer schwerer zu erreichen.

◇Der Standard für Berufskleidung steigt und fällt zugleich – die Qualitätsschere öffnet sich.

◇Flexible Vereinbarungen müssen starre vertragliche Bindungen ersetzten oder zumindest ergänzen.

◇Die Zufriedenheit des Trägers muss beim Berufskleidungsleasing stärker in den Fokus rücken.

Den erstenBeitrag im Themenblock „Innovative Funktionen von Textilien – eine Herausforderung für den Textilservice?“ hielt ChristianVogel vom SächsischenTextilforschungsinstitut (STFI), Chemnitz, über das elektrostatische Aufladen von persönlicher Schutzkleidung(PSA). Läd sich ein Textil im privaten Gebrauch antistatisch auf (z.B. beim Laufen über einen Teppich), ist dies höchstens unangenehm, da der Träger einen leichten elektrischen Schlag erhält, sobald er beispielsweise ein Möbelstück berührt. Bei PSAkönne das Aufladen jedoch zu technischen Störungen oder lebensbedrohlichen Gefährdungen führen, warnte Vogel. Daher sollte Schutzkleidung für sensible Arbeitsbereiche in der Chemieindustrie, bei Tankstellen, in der Pharmazie oder Medizin mit antistatischen Eigenschaften ausgerüstet werden. Teilweise schreibt der Gesetzgeber auch multifunktionelle Schutzkleidung vor, wobei die elektrostatische Ableitfähigkeit eine von mehreren Anforderungen an ein Textil sein kann. Das STFI bietet dazu Messungen und Zertifizierungen für Textilien an.

Reinraum-, ESD-(Electro Static Discharge) und antistatische Kleidung stellt das Unternehmen HBSchutzkleidung, Thalhausen, her. Siegfried Görig, Vertriebsleiter, machte deutlich, dass ESD-Kleidung keine PSA ist, da sie in der Industrie nicht den Menschen, sondern das Produkt schützt, das hergestellt wird. Bei solchen Textilien stehe nicht der Preis, sondern der Nutzen und die Funktion im Fokus. Damit eine statische Ladung komplett von Ärmel zu Ärmel fließen kann, müssen die Nähte zuverlässig leiten. Deshalb seien die Nähte bei ESD-Kleidung ein kritischer Punkt. Das Produkt Naptex von HB Schutzkleidung könne laut Referent bis zu 120-mal industriell gewaschen werden.

Das „Sicherstellen von permanenter Waschbeständigkeit antimikrobieller Ausrüstungen“ war das Thema von Dr. Harald Lutz, CHT R. Beitlich, Tübingen. „Die Bedeutung und der Anspruch an funktionale Ausrüstungen wachsen ständig“, sagte der Referent, „Textilien benötigen heute intelligente chemisch hochwirksame Lösungen.“ Ein Beispiel hierfür aus dem Hause CHT sei Isys AG, eine auf aktivem Silber basierende Komponente, die auf der textilen Oberfläche verankert und so permanenten Schutz vor Bakterien biete. Sind antibakterielle Ausrüstungen aus der Sicht des Anwenders nötig? Mit dieser Frage befasste sich Dr. Klaus-Dieter Zastrow, Vivantes-Klinikum Spandau, Berlin. Da Silberionen Bakterien inaktivieren, werden sie bereits seit Jahrhunderten verwendet und erfahren heute eine Renaissance. Bei Gardinen in Krankenhäuser machte eine antibakterielle Ausrüstung beispielsweise Sinn, da multiresistente Erreger so nicht von einem auf den nächsten Patienten übertragen werden können.

Auch der Themenblock Logistik begann mit einer Frage: „Wird Logistik zum entscheidenden Erfolgsfaktor in den nächsten fünf Jahren?“ Lukas Schönberger vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, Frankfurt am Main, gab einen Überblick darüber, was Logistikdienstleister für Unternehmen des Textilservices leisten können. Dabei steht der textile Dienstleister bei der Entscheidung, pro oder contra Outsourcing, vor derselben Frage wie seine eigenen Kunden: Möchte ich diese Kompetenz an einen Externen vergeben?Wenn ja, wie nah lasse ich einen Dienstleister an mein Unternehmen heran?Welche Aufgaben soll er für mich erfüllen, welche sehe ich weiterhin als meine Kernkompetenz an?

Für Frank Marquard vonMeyer &Meyer Internationale Spediteure, Osnabrück, dessen Unternehmen logistische Dienstleistung anbietet, umfasst der Fullservice heute standardmäßig unter anderem Transport, Zoll, Aufbereitung, Qualitätssicherung, Warehousing und Informationsmanagement. Weiteres Potenzial für Anbieter und Auftraggeber sieht er vor allem darin, gemeinsame Ressourcen zu nutzen oder gemeinsam neue Märkte zu öffnen. Weitere Entwicklungen böten RFID-Technologie, Datenmanagementplattformen oder Finanzflüsse. Bereits heute stelle Meyer &Meyer seinen Kunden 350.000 m2 Lagerfläche für Textilien zur Verfügung und übernehme für die Textilindustrie zum Beispiel Bügelarbeiten.

Für den Fall, dass sich der textile Dienstleister dafür entscheidet, den Transport der Ware im eigenen Betrieb zu belassen, stellte Peter Langkafel, Unternehmensberater, Liebenburg, vor, wie sich Touren effizient planen lassen. Das grundsätzliche Problem sei – so der Referent –, dass Servicefahrer, sobald sie das Werksgelände verließen, auf sich selbst gestellt sind. Um die Leistung der Fahrer zu vereinheitlichen, schlägt Langkafel vor, sogenannte Richtzeitwerte nach der REFA-Methode für die gefahrenen Kilometer, den Service beim Kunden sowie für die Leistungen im eigenen Betrieb einzuführen. Mit diesen sowie unter Berücksichtigung gesetzlicher Bestimmungen könnten Touren neu geplant und damit Betriebs- und Arbeitskosten rationalisiert werden.

Ebenfalls über das „Optimieren von Betriebsabläufen“ sprachen die folgenden Referenten im Bildungsmarathon. Lutz Vossebein, wfk-Forschungsinstitut, Krefeld, wog Kosten und Nutzen von Qualitätsmanagementsystemen ab. Dabei müsse jeder textile Dienstleister für sich die Frage beantworten, für welchen Bereich er seine Textilien in Zukunft anbieten möchte. Der Referent:„In den hygienisch anspruchsvollen Bereichen werden Risikoanalyse und Qualitätsmanagementsysteme bereits heute von vielen Kunden gefordert.“ Zertifizierte System wie zum Beispiel RABC führten dazu, dass der Betrieb eine definierte, gleichbleibende Qualität liefert. Außerdem könnten sie dazu beitragen, dass die Qualität bis zum Endprodukt dauerhaft verbessert werde.

Schließt ein Repräsentant eines Unternehmen Versicherungen ab, sollte er seine Entscheidung in mehrerer Hinsicht abwägen. Dazu gehört laut Katharina Meyersrenken, Versteegen Assekuranz Versicherungsmakler, Berlin, unter anderem eine Risikoanalyse anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten, ein optimierter Versicherungsschutz für Sachwerte, Ertragsausfall sowie eine (Umwelt-)Haftpflichtversicherung. Ebenfalls zum Versicherungsmanagement gehöre es, Selbstbehalte in weniger kritischen Bereichen abzuschließen, da eine Selbstbeteiligung hier im Schadensfall das kleinere Übel sei. Auch solle das Risiko zu anderen Unternehmen abgegrenzt werden, zum Beispiel bei Montagen oder Transporten der Zuliefererindustrie. BeiInstallationen ist ein Abnahmeprotokoll ratsam. Ein unternehmerisches Restrisiko, dass der Versicherer den gewünschten Schadensersatz nicht umfänglich bzw. nicht leiste, sei jedoch nicht zu vermeiden, so die Referentin. „Ziel von Arbeitsschutzmanagement ist, die betriebliche Organisation, Arbeitsbedingungen und -abläufe so sicher und gesund wie möglich zu gestalten sowie einen Beitrag für die Zufriedenheit der Mitarbeiter und zum wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen zu leisten“, sagte Norbert Schneider, Leiter der Textil- und Bekleidungsberufsgenossenschaft, Mönchengladbach. Die Berufsgenossenschaft bietet den Betrieben Hilfe bei der Umsetzung von Arbeitsmanagementsystemen (AMS) an und vergibt Zertifikate, die jeweils drei Jahre gelten. Die Kosten für die Zertifizierung werden durch die Mitgliederumlage finanziert und fallen dadurch für den einzelnenBetrieb nicht an. Von europäischer Seite regeln die Betriebssicherheits-, Biostoff- und Gefahrstoffverordnung den Arbeitsschutz in den Betrieben. Einen Blick in die Zukunft wagten die Referenten des letzten Themenblocks mit dem Titel „Wertvolle Technologien oder teure Spielereien?“, in dem verschiedene Neuerungen aus der Industrie vorgestellt wurden. Kritisch stellte Dr. Klaus Ackerstaff, Datamars, Lugano/Schweiz, die RFID-Technologie vor, die auch in seinem Unternehmen hergestellt wird. Entscheidend für die Einführung von RFID sei eine sogenannte Return-on-Investment(ROI)-Kalkulation. Erst wenn die Technologie zum gleichzeitigen Lesen mehrerer Tags – und damit bis zu 50 Textilien in zehn Sekunden – verwendet werde, mache sie Sinn. Dazu sind Antennen und Lesegeräte notwendig, die ständig weiterentwickelt würden. Das sogenannte Bulk-Reading mache jedoch nur dort Sinn, wo Textilien im Prozess nicht vereinzelt werden.

Bereits eingesetzt werden Multi-Read-Technologien in der Textil- und Bekleidungsindustrie, berichtete Rudolf Behrens, GS1 Germany, Köln. Daher habe sich eine globale Initiative der Anwender (unter anderem aus Handel, Konsumgüter-, Automobil-, Raum- und Luftfahrtindustrie, Logistikdienstleistern sowie Militär) zur EPC Global Inc. zusammengeschlossen. Die Vereinigung fordert, dass die Technologie weltweit standardisiert wird.

Mit diesem Blick in die Zukunft kamen die Teilnehmer des Bildungsmarathons gemeinsam am Ende der Veranstaltung an und hatten zwar keine goldene Medaille, aber dennoch ebenfalls etwas Wertvolles gewonnen:Neues Wissen und Denkanstöße, um ihre Unternehmen weiter voranzubringen. Linda Quadflieg