Selbstversuch: Arbeiten in der Textilpflege Ein roter Daumen als Souvenir

RWTextilservice hat sich selbst an Mangel, Reinigungsmaschinen und Bügeltisch gestellt und in einem Textilpflegebetrieb mitgearbeitet. Lesen Sie, was unsere Volontärin bei ihrem Ausflug in die Arbeitswelt des Textilreinigers erlebt hat.

Oliver Liebl, Geschäfsführer der Textilpflege Liebl in Bad Wörishifen und Kaufbeuren, zeigte RWT-Volontärin Bianca Flachenecker, wie man in einem Textilpflegebetrieb arbeitet. - © Elvira Zech

Ein roter Daumen als Souvenir

Hitze, schmutzige Wäsche und ein schlechtes Image sind der Alltag eines Textilreinigers. "Den Dreck von anderen wegmachen" scheint die weitläufige Vorstellung von diesem Beruf zu sein. Aber kaum einer weiß, wie die Arbeit zwischen Waschmaschinen und Bügeleisen wirklich aussieht. Ob die Vorurteile stimmen und was den Beruf ausmacht, wollte ich herausfinden und habe in einem Textilpflegebetrieb mitgearbeitet.


Die Produktion ist im vollem Gang. Im Textilpflegebetrieb Liebl in Bad Wörishofen laufen Frauen mit vollen Wäschekörben zwischen Waschmaschinen, Mangel und Bügeltischen hin und her; aus den Bügeleisen strömt Dampf, es zischt. Heute arbeite ich hier mit, um den Arbeitsalltag eines Textilreinigers kennenzulernen. Ich bin Redaktionsvolontärin beim Fachmagazin RWTextilservice . Täglich höre, lese und schreibe ich über Reinigungsmaschinen, Lösungsmittel, Berufsbekleidung oder Waschprogramme. Was es bedeutet, täglich Berge an Wäsche zu pflegen, bügeln und trocknen, weiß ich nicht. Mir ist mulmig, ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. In meinem Kopf geistern Bilder von vergilbter Unterwäsche, undefinierbar stinkenden Flecken auf Jacken und braungelben Schweißrändern auf Hemden umher. Was mich zunächst erwartet, ist ein Mann in Hemd und Anzughose. Es ist Oliver Liebl, der Geschäftsführer der Textilpflege und mein Chef für einen Tag. Mit einem festen Händedruck und einem freundlichen Lächeln begrüßt er mich und sagt: "Wir hatten noch nie Besuch, der sich unsere Arbeit ansehen wollte."


Liebl hat den Betrieb von seinen Eltern übernommen, gelernter Textilreiniger ist er nicht. Er ist Elektroinstallateur, hat aber schon als Kind immer im Familienbetrieb mitgeholfen. So hat ihn irgendwann die Leidenschaft für den Beruf ergriffen, "auch wenn man mit einem Textilpflegebetrieb nicht das große Geld macht und die Arbeit ein Knochenjob ist", wie er zugibt. Neben der schweißtreibenden Hitze, die von den Maschinen ausgeht, würden auch saisonbedingte Überstunden in Herbst und Frühjahr zum Beruf gehören. Liebl weiß, dass Textilreinigertätigkeiten oft mit dem "Klofrauenjob" verglichen werden. In der Realität habe man es dagegen vielmehr mit Luxusgütern zu tun: Vom Boss-Anzug über Poetry-Daunenjacken und Ledermäntel bis hin zu Brokatvorhängen und Stofftieren.
Der Betrieb läuft gut, rund 1.800 Teile wäscht das ausschließlich weibliche Personal jeden Monat in Bad Wörishofen. Für einen so kleinen Betrieb sei das viel; denn 95 Prozent der Kunden sind Privatkunden.


Im Ladenbereich der Textilpflege kommt die Schmutzwäsche an. Eine Mitarbeiterin versieht die angelieferten Textilien mit einem kleinen grünen Zettel, auf dem Kundenummer, die Anzahl der zu pflegenden Artikel und das Abholdatum vermerkt sind, bis die Artikel wieder abgeholt werden. "Die Zettel sind wasserfest; so geht keine Information verloren", erläutert der Geschäftsführer sein System. Die Schmutzwäsche wird in einem Korb gesammelt, nach Farben sortiert und am sogenannten Detachiertisch vorbehandelt und von starker Verfleckung befreit.


Gefährliche Dämpfe


Viele kleine Fläschchen mit bunten Aufklebern stehen hier, manche ziert ein Totenkopf – einatmen oder Kontakt mit Schleimhäuten strikt vermeiden. "Das sind unsere Flecken- auch Detachiermittel genannt, mit denen wir z.B. Rostflecken vorbehandeln", führt mein Chef weiter aus. Manchmal komme hier aber auch gewöhnliches Spülmittel zum Einsatz.
In einer Ecke steht eine metallblaue Waschmaschine. Filialleiterin Elvira Zech entlädt die riesige Maschine, die beinahe so groß ist, wie zwei Mal zwei Haushaltswaschmaschinen. Ich werde eingespannt und helfe beim Entladen. In die gigantische silberne Trommel passt ungefähr ein Urlaubskoffer voll mit Kleidung. Daneben steht eine weitere Maschine – sie ist noch größer. In der Trommel drehen sich dunkelblaue Stoffe. In einem kleinen, verglasten Bullauge in der oberen Ecke der Waschmaschine schwappt eine transparente Flüssigkeit. Es handelt sich um eine Reinigungsmaschine, die ausschließlich mit dem Lösungsmittel KWL (Kohlenwasserstoff-Lösungsmittel) arbeitet. Ich erfahre, dass KWL zur chemischen Trockenreinigung verwendet wird. Mit diesem Reinigungsverfahren werden z.B. Mäntel oder Anzüge gepflegt. "Gleich nach dem Öffnen der Trommel müssen die Textilien schnell heraus, sonst kommen die giftigen Dämpfe in die Luft, das kann schädlich sein", warnt mich Liebl und öffnet die Trommel damit ich die Textilien herausholen kann. Und tatsächlich: Ein plastikartiger, beißender Geruch kriecht mir in die Nase.


An meinem nächsten Arbeitsplatz, dem Bügeltisch, liegt ein Berg Anzughosen für mich bereit. Schnell und ordentlich arbeiten lautet hier das Motto. Zum Glück bekomme ich eine kurze Einweisung von Fachfrau Elvira Zech. Sie arbeitet schon seit vielen Jahren in der Textilpflege und erklärt mir, worauf es ankommt: Ich falte eine dunkelbraune Anzughose im Schritt und streiche sie auf dem Bügelbrett glatt. Mit einem schmalen Pedal am Fuß des Bügeltischs kann ich einen Sog auslösen, der die Hose an die Auflage zieht. Das Pedal gedrückt, muss ich das Bügeleisen mit festem Druck an der Falte entlang bewegen. Kein Teil der Hose darf vergessen und nichts verrutscht werden. Dasselbe gilt für die andere Seite. Stolz hebe ich nach einer gefühlten halben Stunde die Hose in die Luft. Die Filialleiterin begutachtet sie und tadelt: "Das muss schneller gehen." Ich mache mich ans Dämpfen – vielleicht kann ich das besser. Dazu muss ich die Hose aufhängen, an den Beinen festhalten und mit dem Bügeleisen auf und ab fahren. So sollen letzte Falten am Bund und am Saum entfernt werden. Der dichte, weiße Dampf strömt aus allen Seiten des Bügeleisens auf den Bund und meinen Daumen. Es brennt, doch anstatt meine Hand wegzuziehen, reiße ich mich zusammen und mache weiter. Als auch noch meine Brillengläser beschlagen und ich nichts mehr sehen kann, stelle ich das Bügeleisen ab. Ich überlasse das lieber dem Fachpersonal. Aber es hat sich gelohnt – ich weiß jetzt zumindest in der Theorie, wie man eine Bundfalte richtig bügelt.


Heiß ist es hier, die Wärme von Bügeldampf, Mangel und Trockner ist so stark, dass Liebl selbst im Winter keine zusätzliche Heizung benötigt. Dafür wird die Arbeit im Sommer noch schweißtreibender.


Mängel bei der Mangel


Vom Bügelbrett werde ich zur Mangel geschickt. Drei Frauen schieben große Bettlaken in eine Walze, auf der anderen Seite kommen diese platt und heiß wieder heraus. Eine Mitarbeiterin ist ausgefallen, ich helfe aus. Beim Anlegen der Stoffe auf dem Förderband, das den Stoff in die Mulde befördert, muss ich darauf achten, dass keine Falten entstehen. Wir ziehen das Laken daher an beiden Seiten fest und schon fährt es in die Mangel. "Schnell, klappen Sie den Saum um. Die Knöpfe dürfen nicht ungeschützt durchlaufen", schreit die kleine Frau im weißen Kittel neben mir. Zu spät, schon ist der Knopf in der Ritze verschwunden. Auf der anderen Seite sehe ich mir das Bettlaken genauer an. Es ist perfekt geglättet, der Knopf allerdings zur Hälfte weggeschmolzen, das Tuch darunter leicht bräunlich. Ich habe Glück, das Laken gehört Liebl selbst; wäre es Kundeneigentum, müsste ich jetzt für Knopfersatz sorgen. Je teurer das Textil, desto höher die Verantwortung des Textilpflegers. Einmal hat ein Kunde mit Klage gedroht, nachdem sich ein 1.000-Euro-Blazer beim Reinigen verfärbt hat.


Die Zeit rennt. Ehe ich mich versehe, ist es 18 Uhr und Ladenschluss. Aber die Arbeit ist noch nicht vorbei. Die letzte Charge aus der Reinigungsmaschine, dunkelblaue Blazer eines Trachtenvereins, müssen noch säuberlich auf dünne Drahtbügel an ein Förderband gehängt und weiter zur Packstation transportiert werden. Dort hülle ich sie zusammen mit Frau Zech in Folie und hänge sie im Laden auf die Abholstange.


Mehr als nur "Dreck weg machen"


Geschafft, Feierabend. Mein Souvenir: Ein roter Daumen. Die Arbeit im Textilpflegebetrieb war extrem anstrengend und erforderte meine höchste Konzentration. Mit dem Waschen zu Hause hat die Arbeit nicht viel gemeinsam. Halbherziges Bügeln ist hier nicht erlaubt. Jede Kante musste perfekt sitzen, jeder Fleck entfernt sein – und alles für den Kunden. Bianca Flachenecker

www.textilpflege-liebl.de