EuGH-Urteil Kauf auf Messen: Haben Kunden ein Widerrufsrecht?

Wer auf Messen verkauft, muss wissen: Kunden haben mitunter ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Sie können also vom Kauf zurücktreten. Das hat kürzlich der Europäische Gerichtshof entschieden. Geklagt hatte ein deutsches Ehepaar, das eine Messe in Bayern besuchte. Im Juni findet die "Texcare International 2020" in Frankfurt am Main statt. Was Sie als Aussteller beachten können.

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden
Kunden können ein Widerspruchsrecht beim Kauf auf Messen haben. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. - © Studio_East – stock.adobe.com

Wer auf Messen verkauft, muss wissen: Kunden haben mitunter ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Sie können also vom Kauf zurücktreten. Das hat kürzlich der Europäische Gerichtshof entschieden. Geklagt hatte ein deutsches Ehepaar, das eine Messe in Bayern besuchte. Im Juni findet die "Texcare International 2020" in Frankfurt am Main statt. Was Sie als Aussteller beachten können.

Die Vorgeschichte: Die Eheleute wurden an einem Stand angesprochen, an dem sie in einer der Ausstellungshallen vorbeiliefen. Der dortige Mitarbeiter verwickelte die Besucher in ein Gespräch, um sie vom Kauf eines Elektrogerätes zu überzeugen. Der Mann folgte dem Verkäufer in den Stand und schloss dort einen Vertrag über den Kauf ab. Später erklärte er jedoch gegenüber dem Unternehmen, nicht mehr an dem Vertrag "festhalten" zu wollen. Er berief sich auf deutsche Vorschriften zum Widerrufsrecht. Das sah das Unternehmen anders und klagte. Der Käufer solle den vertraglich vereinbarten Preis bezahlen.

Die Streitfragen: Entscheidend für die Beurteilung, welches Recht gilt, ist der Ort, an dem der Vertrag geschlossen wurde. Dabei interresieren zwei Fragen:

  1. Gilt ein Messestand überhaupt als "Geschäftsraum" eines Unternehmens?
  2. Zählt es als "außerhalb" der Geschäftsräume, wenn Aussteller Besucher auf dem Gang ansprechen?

Die Angelegenheit betrifft sowohl deutsches Recht als auch europäisches. Das Amtsgericht Straubing leitete den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiter. Dieses sollte vorab klären, ob der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume zustande kam. Zu der Entscheidung kommt das Gericht.

Was gilt als Geschäftsraum?

  • Der Begriff des Geschäftsraums wird in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83 so definiert: Geschäftsräume sind entweder unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt oder aber bewegliche Gewerberäume, in denen er diese für gewöhnlich ausübt. Öffentlich zugängliche Orte wie Straßen, Einkaufszentren, oder Sporthallen, die der Unternehmer ausnahmsweise für seine Geschäftstätigkeiten nutzt, zählen nicht dazu.
  • Ein Messestand, an dem der Unternehmer seine Tätigkeiten an wenigen Tagen im Jahr ausübt, fällt dann unter den Begriff "Geschäftsräume", wenn der Messestand für den Durchschnittsverbraucher als solcher erkennbar ist. Sprich, es ist klar ersichtlich, dass es sich um einen Verkaufsstand handelt und der Kunde damit rechnen kann, dass er dort zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird. Siehe auch: Urteil vom 7. August 2018, Verbraucherzentrale Berlin. Einzelfälle prüft das Gericht.
  • Der Gang einer Messe zählt nicht als Geschäftsraum - gemäß Art. 2 Nr. 8 der oben genannten Richtlinie in Verbindung mit Art. 2 Nr. 9.

Grundsätzlich heißt das:

  • Für den Verkauf von Waren auf einer Messe können in Bezug auf das Widerrufsrecht besondere Maßstäbe gelten.
  • Ein Verbraucher darf einen Vertrag innerhalb der ersten 14 Tage widerrufen, wenn er diesen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen hat - gemäß Art. 9 der Richtlinie 2011/83 EU über die Rechte der Verbraucher
  • Ein Messestand muss als Verkaufsstand erkennbar sein.

Wie im vorgestellten Rechtsstreit weiter entschieden wird, ist nun Sache des zuständigen Amtsgerichts.