RFID in der Modebranche Händler treiben Hersteller an

Die Transpondertechnologie RFID ist seit Jahren im Kommen, auch in der Modebranche. In immer mehr Bekleidungsstücken finden sich die kleinen Chips, die Herstellern und Händlern die Arbeit erleichtern sollen. Datenschützer haben jedoch nach wie vor Bedenken.Spart Zeit bei der Inventur: Mit RFID-Chips kann jedes Teil einzeln identifiziert werden. Foto: Thomas Aumann, Fotolia3 Paketzusteller nützen sie, um Päckchen nachverfolgen zu können, Bibliotheken organisieren damit ihren Bestand – die Transpondertechnologie RFID. In vielen Branchen ist sie kaum noch wegzudenken. Dabei steht RFID für Radiofrequenz-Identifikation. Mit Hilfe von auf Chips gespeicherten Informationen kann man damit Produkte berührungslos und eindeutig identifizieren. Auch in der Modebranche hält diese Technologie zunehmend Einzug. Auf Herstellerseite arbeitet seit einigen Jahren Gerry Weber mit RFID und auch s.Oliver hat bereits eine Projektgruppe zu dem Thema ins Leben gerufen. Am stärksten ist der Trend aber seitens der Händler. So hat C&A in den umsatzstärksten Häusern Pilotprojekte gestartet und die Adler Modemärkte haben erst kürzlich in ihren 170 Geschäften ein RFID-gestütztes System installiert. „Der größte Vorteil ist, dass die Unternehmen damit berührungslos Daten erfassen können. Vor allem während der Produktion und der Inventur lohnt sich das“, sagt Andreas Schneider, Berater des Verbandes German Fashion in RFID-Fragen. Denn die Chips funken zu einer Antenne, die im Laden installiert ist. Die Antenne wiederum ist verbunden mit einem digitalen Erfassungssystem. „In sieben Minuten können so 1.000 Teile aufgenommen werden, Inventuren also öfter stattfinden“, erläutert Schneider. Es ließen sich Sortimentslücken erkennen und Diebstähle verhindern. Die Einsparungseffekte seien so groß, dass sie die Investitionen ausgleichen. Das bestätigt auch Gerry Weber: Die Investitionskosten hätten sich in spätestens 24 Monaten amortisiert. Doch als der Modehersteller die RFID-Technik vor einigen Jahren eingeführt hat, schlugen Datenschützer Alarm. Ihre Sorge: Die Chips könnten dazu genützt werden, Daten der Kunden zu speichern. Außerdem könnten Bewegungsprofile der Käufer erstellt werden, da die Chips in bis zu 6 m Abstand von Antennen erfasst werden könnten. „Da Bekleidung in der Regel langlebig ist und einer einzelnen Person gehört und nur von dieser getragen wird, können Menschen, die Bekleidung mit integrierten RFID-Chip tragen, mittels der ausgelesenen Nummern nachverfolgt werden“, erläutert Rena Tangens vom Verbraucherschutzbund Digitalcourage die Bedenken. „Und wenn sie an anderer Stelle identifiziert werden, etwa durch Zahlung mit EC- oder Kreditkarte oder durch Gesichtserkennung bei Videoüberwachung, können sie eben auch als Person identifiziert werden.“ Datenschützer fordern verbindliche RegelnRFID-Experte Schneider sieht darin kein Problem. „Das Bundesdatenschutzgesetz regelt eindeutig, dass ohne Einwilligung der Kunden keine personenbezogenen Daten gespeichert werden dürfen“, erläutert er. Es sei auch nicht möglich, Bewegungsprofile zu erstellen, da die Daten beim Eintreten in ein anderes Geschäft nicht gespeichert würden. Und über das deutsche Datenschutzgesetz hinaus regelt die Richtlinie „Privacy Impact Assessment (PIA)“ der Europäischen Union die Handhabung der Technologie. Darin festgehalten ist unter anderem ein standardisierter Prozess im Umgang mit RFID. So müssen personenbezogene Daten beim Verlassen des Ladens deaktiviert werden. „Die PIA war ein riesiger Schritt nach vorne, um Standards festzulegen“, sagt Schneider. Die Regeln sind allerdings noch nicht verbindlich und haben lediglich Selbstverpflichtungscharakter. „Die Hersteller und Händler halten sich aber daran. Sie wollen verhindern, dass die Vorgaben gesetzlich verankert werden“, so der Berater. Die Einwände der Aktivisten sind nach Meinung von Schneider daher unbegründet. „Derzeit ist der RFID-Chip in Bekleidung vergleichbar mit dem Barcode auf einer Milchtüte: Er sagt, was man in den Händen hält, und dahinter steht eine fortlaufende Nummer.“ Nach Meinung der Datenschützer ist die Selbstverpflichtung allerdings nicht ausreichend. „Der Handel muss per Gesetz verpflichtet werden, RFID-Chips beim Kauf unaufgefordert zu entfernen“, fordert Datenschützerin Tangens. Um glaubhaft zu machen, dass sie RFID-Chips nur zum Wohl ihrer Kunden einsetzen, sollten sich Händler und Hersteller in ihren Verbänden selbst für ein solches Gesetz starkmachen. Gerry Weber hat auf die Kritik der Datenschützer reagiert. Dem Vorwurf, die Hersteller würden ihre Kunden ausspionieren, will das Unternehmen durch einen transparenten Umgang mit RFID entgegenwirken. „Wir weisen unsere Kunden über Aufsteller und Flyer im Kassenbereich auf die neue Technologie hin“, erläutert Michel Feurich, CIO bei Gerry Weber. Zudem erkennen sie durch den Aufdruck „EPC“ auf dem Etikett, dass in dem Bekleidungsstück ein RFID-Chip eingearbeitet ist. Die Chips, die sich meist im Pflegeetikett befinden, seien außerdem darauf ausgelegt, nach zwei Wäschen und einer chemischen Reinigung kaputtzugehen. Textilpflegebranche könnte profitierenDabei nützt der Hersteller RFID nach eigener Aussage ausschließlich für logistische Zwecke. Auf dem Transponder seien daher nur die Daten des bisherigen Barcodes und eine Seriennummer des Teiles gespeichert. „Es ist uns wichtig, zu versichern, dass Gerry Weber keine personenbezogenen Daten im RFID-Transponder speichert. Sie werden weder erhoben noch verarbeitet noch genutzt“, führt Feurich aus. Aufgrund der vielen Vorteile, die sich in der Logistik durch die Chips ergeben, ist er aber überzeugt davon, dass deren Einsatz in der Modebranche künftig zunehmen wird. Und in der Tat: Durch das Treiben der Händler müssen auch immer mehr Hersteller über RFID nachdenken. Schon jetzt werden sie von ihren Retailern immer mehr in die Prozesse einbezogen. „Noch tun sie sich allerdings schwer damit, den Anforderungen an getaggte Ware zu entsprechen“, sagt Schneider. Schon die Beschaffung der Labels sei oft ein Problem. Die Fashion Group RFID, ein Zusammenschluss von Modeherstellern, hat darauf reagiert und mittlerweile für die Nutzung von RFID das PINK-Konzept eingeführt, das sich an den Labelstandards von C&A orientiert. Irgendwann könnte die Nutzung von RFID in der Modebranche auch einen positiven Effekt auf Wäschereien und Reinigungen haben. Es könnten etwa Pflegeanweisungen oder Informationen über die Materialien darauf gespeichert werden. Das sei allerdings noch Zukunftsmusik, meint Schneider. „Theoretisch wäre es möglich, es wäre auch sinnvoll. Doch die aktuellen Chips, die sich wirtschaftlich rechnen, sind nach zwei bis drei Wäschen kaputt.“ 7