Antibakteriell funktionalisierte Textilien "Hautflora neutral"

Hohenstein Forscher haben ein Testsystem entwickelt, das die Sicherheit antibakteriell funktionalisierter Textilien dokumentiert. Gekennzeichnet werden können "sichere" Textilien mit dem neuen Qualitätslabel "Hautflora neutral".

Künstliches Hautmodell mit menschlicher Hautflora zur Risikobewertung antibakteriell funktionalisierter Textilien (HUMskin). - © Hohenstein Institute

"Hautflora neutral"

Besonders bei direkt auf der Haut getragener Bekleidung sind antibakterielle Textilien, z.B. mit Silber dotierte Produkte, aufgrund ihrer Anti-Smell-Wirkung sehr gefragt.


Antimikrobiell funktionalisierte Textilien finden sich in den letzten Jahren jedoch immer wieder in kritischen Medienberichten. Auch in einem aktuellen Test von Fahrradhosen der Zeitschrift Öko-Test (4/2013) wurden Textilien abgewertet, die Silber enthielten. Kritiker propagieren bei einer zu 'starken' antimikrobiellen Wirkung eine mögliche negative Beeinflussung der Hautflora des Menschen.


Doch bei dieser Kritik wird ein Aspekt fast immer übersehen: die tatsächliche Verfügbarkeit des Wirkstoffes Silber im damit ausgerüsteten Produkt. So widerlegten Wissenschaftler der Hohenstein Institute in Bönnigheim bereits vor einigen Jahren im Rahmen einer Feldstudie (AiF-Nr. 15537 N) die Befürchtungen bezüglich handelsüblicher antibakterieller Produkte.


Wirkung im mikroskopischen Bereich an der Faseroberfläche


Beim Vergleich des Einflusses normaler sowie antibakteriell funktionalisierter Chemiefasern auf Hautflora und Mikroklima zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Die Forschungsergebnisse belegen laut Hohenstein, dass antibakterielle Wirkstoffe in hochwertigen Textilausrüstungen so eingearbeitet sind, dass sie im mikroskopischen Bereich an der Faseroberfläche wirken und das Produkt vor Geruchsbildung schützen. Die meisten Silberionen sind also beim Tragen auf der Haut schlichtweg nicht verfügbar und können hier demnach auch keine Wirkung entfalten oder durch Schweiß oder Waschen verstärkt herausgelöst werden.


Nicht jedes Produkt kann aber vor Markteintritt in langen Feldstudien überprüft werden, ein Schnelltest fehlte bislang. Dieser Problematik haben sich die Hohenstein Forscher angenommen. Mit Hilfe eines neuen Testsystems können Textilhersteller bereits bei der Produktentwicklung die Auswirkungen antibakterieller Ausrüstungen auf die Hautflora untersuchen lassen.


Modell der menschlichen Hautflora


Die praxisorientierte Prüfung basiert auf einem standardisierten Modell der menschlichen Hautflora, bei dem Keimbesiedlung, Topographie und Milieueigenschaften einer gesunden Haut simuliert werden. Hierfür wurden Keimarten der Mikroflora einer menschlichen Epidermis ausgewählt und auf ein eigens entwickeltes künstliches Hautersatzmaterial (HUMskin) appliziert. Die Wirkung des Prüfmaterials gegenüber diesen Keimen wird in einer Tragesimulation über einen Kontaktzeitraum von 18 Stunden quantitativ analysiert und gegen ein Kontrollmaterial ohne antimikrobielle Ausrüstung bewertet. Dabei wird sowohl die Veränderung der Gesamtkeimzahl als auch die Anzahl der einzelnen Keime unter die Lupe genommen. Tritt innerhalb der Expositionszeit keine signifikante Keimreduktion auf, gilt das Textil als 'sicher' in Bezug auf die körpereigene Hautflora.


Die Prüfergebnisse können mit dem Hohenstein Qualitätslabel 'Antibakteriell & Hautflora neutral' ausgelobt werden. Voraussetzung für die Labelvergabe ist die erfolgreiche Prüfung auf antibakterielle Wirksamkeit nach DIN EN ISO 20743.


Durch das Hohenstein Qualitätslabel "Hautflora neutral" soll laut Hohenstein für den Verbraucher beim Kauf zukünftig ersichtlich werden, welches antibakterielle Textil nachweislich die Hautflora unbeeinflusst lässt. Das neu entwickelte Testsystem kann den Forschern zufolge darüber hinaus auch angewendet werden, um die Auswirkungen antibakterieller Kosmetika und Waschmittel zu untersuchen.


Weitere Informationen zum Thema gibt es unter www.hohenstein.de .