Vor Ort: "Die feine Reinigung" Im Frühtau zu Lange

Ein bekanntes Wanderlied liefert die Vorlage für den Werbeslogan der Reinigung Lange: Wer bis 10 Uhr Textilien zur Reinigung bringt, bekommt einen Spezialpreis. Dementsprechend lang sind die Schlangen, die sich in den Morgenstunden an der Warenannahme des Ladenlokals im Sindelfinger Einkaufszentrum Breuningerland bilden.Im Frühtau zu Lange Horst Lange blickt auf 50 Jahre Erfahrung in der Reinigungsbranche zurück. Seine Familie war schon 1709 im Färbereigeschäft tätig. Dennoch hat sich der Unternehmer nicht in ein „gemachtes Nest“ gesetzt, sondern seine Reinigungsbetriebe ab 1977 selbst aufgebaut. Insgesamt neun Filialen in und um Stuttgart unterhielt er mit seiner Frau zu Spitzenzeiten. Heute gehören offiziell noch sechs Betriebe zu „Lange Die feine Reinigung“. Horst Lange und seine Frau haben sich aus Altersgründen aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und die Reinigungen verkauft oder verpachtet. Dennoch steht der Unternehmer seinen Pächtern und den neuen Eigentümern mit Rat und Tat zur Seite. Mit hörbarem Stolz erzählt er, dass die dienstälteste Mitarbeiterin seinen allerersten Betrieb übernommen hat und weiterführt. Mit 15 Jahren hatte sie dort angefangen. Die seit 1993 im Breuningerland in Sindelfingen ansässige Reinigung Lange wird mittlerweile von den Familien Goth und Wurst betrieben. Horst Lange hat ihnen das Unternehmen verpachtet und ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Obwohl die meisten Läden im Einkaufszentrum erst um 10 Uhr öffnen, nimmt die Reinigung bereits ab 8 Uhr Textilien an. Dieses Angebot nutzen zum Beispiel die Mitarbeiter der Läden im Breuningerland. Die Reinigung bietet ihren Kunden eine professionelle Textilpflegeleistung. Nach der Warenannahme werden die einzelnen Stücke in hell, mittel und dunkel sortiert. Gereinigt wird mit reinem Lösemittel. Nach dem Schleudern werden die Textilien zwei Minuten mit einem Faserschutz imprägniert. Die Konservierungsmittel im Faserschutz wirken in der anschließenden Trocknung keimtötend. Das Reinigungsgut wird im nächsten Schritt mit der Bügelmaschine Tex 60 behandelt. Anschließend bügelt eine Mitarbeiterin dann von Hand nach und achtet auf Flecken in den Textilien. Am angeschlossenen Detachiertisch werden Verfleckungen bei der Nachdetachur entfernt. Nach dem Finish werden die Kleidungsstücke auf ein Band gehängt und zur Verpackungsmaschine transportiert. Dort erhalten sie zum Schutz einen Folienüberzug. Als nächste und letzte Station vor der Abholung wartet die Sortieranlage an der Decke mit insgesamt 60 m Band. Sie stammt von einem italienischen Hersteller und wird über Multimatic vertrieben. Mehr als 4.500 Teile passen auf die Sortieranlage, die sich über die ganze Deckenfläche schlängelt. Rund 35.000 Textilien bearbeitet die Reinigung Lange allein im Breuningerland monatlich. Die Hälfte davon seien Oberhemden, erzählt Horst Lange. Der Energieverbrauch seiner Reinigungsmaschinen sei dabei äußerst gering: Nur 4 kW würden pro Charge benötigt. Der Wasserverbrauch liege bei 130 l je Charge. Das Kühlwasser wird aufgefangen und für den Waschvorgang genutzt. Die derzeitige Finanzkrise macht dem Unternehmer keine Angst: „Unsere Dienstleistung wird sowohl in der Konjunktur als auch in der Rezession immer nachgefragt. In der Rezession pflegen die Leute ihre alten Sachen mehr. In der Hochkonjunktur haben sie zu viel Arbeit, um sich auch noch mit der Textilpflege zu beschäftigen“, erzählt er seine Erfahrungen. Außerdem sei die Branche eine der wenigen, bei der Vorkasse geleistet wird und der Dienstleister seiem Geld nicht mühsam hinterherlaufen oder selbst in Vorkasse gehen muss. Die Preisgestaltung habe er immer am Kunden und nie an den Mitbewerbern orientiert, berichtet Horst Lange weiter: „Der einzige echte Konkurrent ist doch die Waschmaschine zuhause.“ Letztendlich bestimme die Auslastung den Preis. Wenn die Bänder in der Reinigung voll seien, könnte man darüber nachdenken, den Preis zu erhöhen. Sind sie leer, sollte er dagegen sinken. Seine Unternehmen konnte Horst Lange nur mit Hilfe seiner Frau Irmgard so erfolgreich aufbauen, erzählt er: „Sie stand immer neben mir und hat alles mitgetragen.“ Beide teilten die anfallenden Aufgaben. Während Horst Lange sich um die Technik und die Werbung kümmerte, übernahm seine Frau die Buchhaltung, das Personalwesen und den Bereich Reklamationen. Bis zu 120 Mitarbeiter beschäftigte die Reinigung Lange vor einigen Jahren. Nicht einer davon wurde im Zuge der Nachfolgeregelung beziehungsweise der Verpachtung und dem Verkauf entlassen. „Die alte Crew ist nahtlos dabei“, freut sich der Unternehmer. Einen gut gehenden Betrieb vergleicht Horst Lange mit einem Auto: Motor, Getriebe und Bremse seien gleichermaßen wichtig. Jemand müsse vorneweg gehen und den Antrieb übernehmen, aber ein anderer müsse gleichzeitig darauf achten, dass der Motor auch mit der richtigen Drehzahl läuft und dass im richtigen Moment auf die Bremse getreten wird. Wenn er heute auf sein Lebenswerk zurückblickt, resümiert Horst Lange: „Ich bedauere nichts. Ich würde alles wieder genauso machen!“Sandra Küchler