Hochschule Niederrhein "KnitCycle": Recycling beim Produktdesign mitdenken

Können gestrickte Produkte so entwickelt werden, dass sie sich am Ende durch ein Faser-zu-Faser-Recycling zu hochwertigen Fasern aufbereiten lassen? Genau das untersucht die Hochschule Niederrhein (HSNR) im Forschungsprojekt "KnitCycle – kreislaufgerechte Produktentwicklung für Flachstricktextilien" gemeinsam mit dem Textilunternehmen Bache Innovative.

Das Team des FTB der Hochschule Niederrhein zu Besuch bei der Firma Bache GmbH, mit der es im Rahmen von "KnitCycle" Recycling-Versuche durchführt.
Das Team des FTB der Hochschule Niederrhein zu Besuch bei der Firma Bache GmbH, mit der es im Rahmen von "KnitCycle" Recycling-Versuche durchführt. - © Hochschule Niederrhein

87 Prozent des weltweiten Textilabfalls in der Bekleidungsindustrie landen auf Deponien oder werden verbrannt. Von den 13 Prozent, die noch mechanisch weiterverarbeitet werden, enden die meisten Alttextilien als Dämmmaterial (Downcycling). Nicht einmal ein Prozent werden zu hochwertigen Fasern aufbereitet, aus denen wieder neue Kleidung entsteht.

Hochschule Niederrhein: "KnitCycle"

Vor diesem Hintergrund hat die Hochschule Niederrhein das Forschungsprojekt "KnitCycle" gestartet. Die Idee: Je mehr Textilabfall zurück im Kreislauf landet, je weniger muss entsorgt werden. Das entlastet die Umwelt und die Unternehmen. Denn Produktionsabfälle und -überhänge zu vernichten, kostet Geld. Die Herstellung neuer Fasern ebenso. Je nach Faserstoff kommen Kosten wie Wasserverbrauch, starker Pestizid- und Düngemitteleinsatz sowie lange Transportwege mit hohen CO2-Emissionen zulasten der Umwelt hinzu.

Die Projektpartner des "KnitCycles"

Die Projektpartner erarbeiten daher ein Konzept, mit dem gestrickte Produkte so entwickelt werden können, dass sie sich zu hochwertigen Fasern neu aufbereiten lassen, aus dem anschließend neues, industriell verarbeitbares Garn für Bekleidung hergestellt werden kann. Im Idealfall lässt sich das später abermals recyceln.

Dazu analysieren die Partner im ersten Schritt, welche Faktoren und Verfahren sich am besten eignen, um Textilien schon bei ihrer Entstehung so zu planen, dass sie am Produktlebensende optimal recyclingfähig sind. Das Motto "Design for Recycling" hat gleichzeitig den Anspruch, dass sich Ästhetik, Qualität und Langlebigkeit der Produkte dabei nicht verschlechtern. Die Frage ist also: Welche Parameter benötigen Textilien beim mechanischen Recycling und welche Produkteigenschaften erzielen das beste kreislauffähige Ergebnis?

"KnitCycle" konzentriert sich auf Pulloverwaren und Produkte, die auf Flachstrickmaschinen endformgerecht in Deutschland produziert werden. Dafür liefert und produziert die auf 3D-Strickwaren spezialisierte Firma Bache Innovative eigenes Abfall- und Forschungsmaterial.

TURNS Faserkreisläufe unterstützt das Projekt mit Experten-Knowhow. Das Unternehmen stellt recycelte Garne aus verschiedenen gebrauchten, ausrangierten Alttextilien her.

Das untersuchen die Forscher

Die Faser-zu-Faser-Recycling-Versuche finden am hochschuleigenen Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung (FTB) statt. Mit einer eigenen Reißmaschine für das Textilrecycling ermitteln die Forscher die optimalen Prozessparameter für das Recycling der jeweiligen Produkttypen. Die in diesem Prozess gewonnenen Reißfasern analysiert und bewertet das Team dann u.a. mit Unterstützung der Firma Textechno H. Stein GmbH & Co. KG aus Mönchengladbach.

Mittels unterschiedlicher Aufbereitungs- und Spinnverfahren stellen die Forscher aus den Reißfasern anschließend neue Garne her. Im Anschluss testen sie, wie sich die Fasern wiederverspinnen lassen – auch in Kombination mit anderen Naturfasern, um mit möglichst hochwertigen neuen Produkten den Produktkreislauf zu schließen. An Labor-Strickmaschinen erzeugt das Team erste 2D-Strickproben. Die finalen Strickprodukte aus den recycelten Garnen stellt der Kooperationspartner Bache Innovative her.

"In Zukunft werden wir lernen, dass es eigentlich keine Abfallstoffe gibt, nur Wertstoffe, die einer anderen Verwendung zugeführt werden und als neue Ressourcen der Zukunft dienen", sagt Ellen Bendt, HSNR-Professorin für Modedesign mit dem Schwerpunkt Strick- und innovatives Produktdesign.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben für zwei Jahre mit insgesamt rund 290.000 Euro, davon fließen 225.000 Euro an die HSNR.