Kostenexplosion im Gesundheitswesen Kollabiert die Textilversorgung?

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Betriebswirtschaft für Textilreinigungen und Wäschereien

Die Preis- und Kostenexplosion setzt den Textilservice unter Druck. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Kosten für die Branche von 112 auf 134 Indexpunkte. Gleichzeitig sind Verträge zwischen Textildienstleistern und Krankenhäusern über mehrere Jahre fixiert. Zudem haben Krankenhäuser nur begrenzte Möglichkeiten, steigende Kosten weiterzureichen. Wie lange kann das noch funktionieren?

Die steigenden Energiepreise belasten nicht nur Textildienstleister.
Die steigenden Energiepreise belasten nicht nur Textildienstleister. - © Kalawin - stock.adobe.com

Fast dreißig Jahre – von 1993 bis 2020 – bewegten sich die Verbraucherpreise in Deutschland um eine Inflationsrate von etwa zwei Prozent. Einer ganzen Generation fehlt damit die Erfahrung des Wirtschaftens in inflationärer Umgebung. Diese Zeit ist vorbei. Auch das Gesundheitswesen und seine Lieferkette wird sich mit den Konsequenzen auseinandersetzen müssen.

Mit Blick auf die Textilversorgung des Gesundheitswesens sind die größten Kostenblöcke im Textilservice schnell identifiziert:

  • Personal (45 %)
  • Textilkosten (22 %)
  • Energie und Kraftstoffe (15 %)

In allen Positionen gab und gibt es dramatische Kostensteigerungen.

Trotz Subvention: Energiekosten bleiben hoch

Die Energiepreise bzw. -kosten gehören seit Jahren zu den instabilsten Bereichen in der Kostenlandschaft des Textilservice. Trotz der Energiepreisbremse sind die Energiekosten seit dem Jahr 2015 doppelt so stark gestiegen wie der Kostenindex für den Textilservice insgesamt. Die Energiepreisbremsen gelten zunächst bis Ende 2023. Politisch gesehen ist unklar, wie die Subventionierung weitergeht. Generell lässt sich noch nicht absehen, ob und wie der Umbau der deutschen Energieversorgung zu niedrigeren Energiekosten führt.

Textilversorgung: Arbeitskosten legen erneut kräftig zu

Die im Index ausgewiesenen Anstiege beim Kostenblock Personal fallen aktuell noch vergleichsweise gering aus. Dies rührt daher, dass in den Kostenindex lediglich die branchenspezifischen Tarifabschlüsse einfließen. Hier gab es jedoch erst spät im Oktober 2022 und erneut im Juni 2023 Entwicklungen. Mittlerweile ist klar, dass bis März 2025 in einigen Entgeltgruppen die Gehälter und Löhne stufenweise um bis zu 19 Prozent steigen werden.

Textilkosten: Teuerung der Rohstoffe

Die Textilkosten der Branche stiegen im Zeitraum Ende 2021 bis März 2023 um 19 Indexpunkte, ebenso haben die gewerblichen Waschmittel im gleichen Zeitraum um 40 Indexpunkte zugelegt. Darüber hinaus steigen die Finanzierungskosten der Unternehmen. Vom Jahresende 2022 bis Mitte 2023 kletterte der Finanzierungskostenindex um 73 Punkte von 174 auf 247 Indexpunkte.

Die Kostenexplosion im Textilservice grafisch verdeutlicht.
Die Kostenexplosion im Textilservice grafisch verdeutlicht. - © DTV

DTV erwartet keine kurzfristige Entspannung

Mit einer kurzfristigen Entspannung der Kostensituation ist nicht zu rechnen. Der Deutsche Textilreinigungs-Verband DTV erwartet in den kommenden Monaten kein Ende der Kostpreissteigerungen in den zentralen Bereichen Personal, Waschchemie, in Deutschland produzierte Textilien und Finanzierung. Die Energiepreise werden politisch niedrig gehalten, aber es ist weder klar, wie dies 2024 weitergeht, noch ob die Energiewende zu erträglichen Energiekosten führen wird. 2023 und auch 2024 werden die Kostpreise des Branchenindex daher alle Voraussicht nach weiter ansteigen.

Kollabiert Textilserivce? Krankenhäuser haben nur begrenzten Spielraum

Während es für die Textilservicebetriebe schwer ist, Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben, ist es für Krankenhäuser nahezu unmöglich. Denn die Krankenhausentgelte in Deutschland werden durch eine Mischung aus staatlichen Verhandlungen und Abstimmungen zwischen verschiedenen Akteuren festgelegt. Dabei hat der sogenannte Landesbasisfallwert vorrangig den Zweck, die erwartete allgemeine Kostenentwicklung im DRG-Fallpauschalensystem (Diagnosis Realted Groups) zu berücksichtigen.

Der Landesbasisfallwert ist der Basispreis für die einzelnen DRG-Leistungen. Jährlich vereinbaren die beteiligten Parteien auf Landesebene, zu denen die Krankenhausgesellschaften und die Krankenkassenverbände gehören, den Landesbasisfallwert für das kommende Jahr. Die Veränderung des Landesbasisfallwerts wird im Vergleich zum Vorjahr durch eine Obergrenze limitiert, die sich auf die Entwicklung des Veränderungswerts gemäß Paragraph 9 Absatz 1b Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) stützt. Der Veränderungswert – also die Obergrenze – für das Jahr 2023 beträgt 4,32 Prozent und wurde am 1. Dezember 2022 vom GKV-Spitzenverband (Verband der Gesetzlichen Krankenversicherungen), dem Verband der Privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vereinbart.

Lösungsansätze?

Die Einnahmenseite der Krankenhäuser ist augenscheinlich limitiert. Die hohen Kostensteigerungen seit Ende 2021 lassen sich damit nicht auffangen. Es bleibt die Frage: Wie kann dieses Problem aufgelöst werden? Eine stärke Beteiligung der Länder wäre eine Variante. Denn die Finanzierung der Investitionskosten für Krankenhäuser ist gesetzlich den Bundesländern auferlegt. Allerdings lässt die finanzielle Unterstützung der Krankenhausprojekte durch die Länder seit geraumer Zeit zu wünschen übrig. Dies zeigt sich in einer bemerkenswerten Abnahme der Investitionsbeteiligung der Länder, die von 25 Prozent im Jahr 1972 auf lediglich etwa drei Prozent im Jahr 2020 gesunken ist.

Verlierer auf allen Seiten?

Das Dilemma, das sich einerseits aus der begrenzten Erhöhung der Einnahmen bei den Krankenhäusern und andererseits den enormen Kostensteigerungen auf der Dienstleisterseite ergibt, wird sich nur schwer auflösen lassen. Ein Absenken der Qualität und Menge der Textilversorgung ist nicht im Sinne einer hygienischen Versorgung der Patienten und des Personals und damit undenkbar. Eine Weitergabe der explodierenden Kosten ist für die textilen Dienstleister oft eine Überlebensfrage.

Die Krankenhäuser sind ebenso wie die Dienstleister nicht in der Lage, dieses Dilemma zu lösen. Andere Lösungen als eine externe Wäscheversorgung würden die Krankenhäuser noch teurer bezahlen müssen. Es scheint, als ob die Kostenexplosion aktuell nur Verlierer kennt. Das System der Krankenhausfinanzierung stößt an seine Grenzen.

Kostenermittlung Krankenhäuser

Um die tatsächlichen Kostenentwicklungen der Krankenhäuser zu ermitteln, berechnet das Statistische Bundesamt jährlich einen Orientierungswert. Er spiegelt die Personal- und Sachkostenentwicklungen im Krankenhausbereich wider und wird zum 30. September eines Jahres veröffentlicht. Quelle: www.bundesgesundheitsministerium.de/service

Der nach § 10 Absatz 6 Satz 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) vom Statistischen Bundesamt am 30. September 2022 veröffentlichte Orientierungswert für das Jahr 2023 beträgt 6,07 Prozent. Die im Bundesanzeiger am 09. September 2022 veröffentlichte Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V für das Jahr 2023 beträgt 3,45 Prozent. Nach § 10 Absatz 6 Satz 3 KHEntgG ermitteln die Vertragsparteien die Differenz zwischen den entsprechenden Werten und vereinbaren den Veränderungswert gemäß § 9 Absatz 1b Satz 1 KHEntgG. Der Veränderungswert nach § 9 Absatz 1b Satz 1 KHEntgG für das Jahr 2023 beträgt 4,32 Prozent. Quelle: www.gkv-spitzenverband.de

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