Vor Ort:Neues Finish-Zentrum in den Ludwigshafener Werkstätten Mensch und Maschine

Auch wenn Maschine oder Gerät über vorzügliche produktionstechnische Eigenschaften verfügen, müssen sie noch lange nicht dafür geeignet sein, als Arbeitsmittel für behinderte Menschen erfolgreich eingesetzt werden zu können. Die Betreuer in den Ludwigshafener Werkstätten waren kreativ und haben für die neuen Finisher ein illustriertes Arbeitsheft erdacht.

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    LinksMit dem Korrektur-Bügeleisen beseitigt die Werkstattbeschäftigte kleinere Falten während des Finish-Prozesses.
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    RechtsEtwas oberhalb der Pedale erkennt man die Piktogramme, die zur Schulung aufgebracht wurden.
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    Die „unreine Seite“: Für textile Sauberkeit sorgen Waschschleudermaschinen in Trennwandausführung.
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Mensch und Maschine

„Diese Geräte sind für unsere Zwecke ideal“, sagt Norbert Brenner, Bereichsleiter in den Ludwigshafener Werkstätten, und meint damit den Finish-Geräte-Satz von Malavasi/Pallas, der vor kurzem in der dortigen Wäscherei installiert wurde. In der Pfalz wird seit 1968 das Gemeinschaftswerk für Menschen mit Behinderungen GmbH betrieben, als dessen Träger der Caritasverband der Diözese Speyer und die Evangelische Heimstiftung Pfalz fungieren. Die Werkstätten mit Betriebsstätten in Ludwigshafen und in Schifferstadt sind ein Bestandteil des Gemeinschaftswerks. Zum Einzugsgebiet zählen Ludwigshafen, Speyer, Frankenthal und der Landkreis Ludwigshafen.

Das Tätigkeitsspektrum der Werkstätten umfasst dieMetall- und Holzverarbeitung, Garten- und Landschaftspflege, Tampondruck, Filterherstellung, Betriebsküche, Verpackungsarbeiten, Lager und Logistik sowie eine Wäscherei. Die Produktqualität wurde nach DIN ISO 9001:2000 zertifiziert.

„Neben Produktion und Dienstleistung wird in den Ludwigshafener Werkstätten ein Schwerpunkt aufeine angemessene berufliche Bildung für die behinderten Menschen gelegt, um ihre Leistungs- und Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu steigern oder wiederzugewinnen“, erklärt Fachdienstleiterin Christiane Fischer.Nicht zuletzt durch permanente Schulungsmaßnahmen könne es gelingen, die behinderten Menschen am Arbeitsleben teilnehmen zu lassen.

In zwei Betriebsstätten sind Wäschereien eingerichtet, im Hause der zentralen Verwaltung in Ludwigshafen-Oggersheim und in Schifferstadt. Derzeit befindet sich der Oggersheimer Betrieb noch im Baustellenstadium, da die Wäscherei aus dem Souterrain in lichte Räume im Erdgeschoss zog, was logistisch günstiger ist. Denn ein Transportwesen, das aus einem 6,5-Tonner und einem Sprinter besteht, ist, so Norbert Brenner, eine wichtige Voraussetzung für die in Ludwigshafen angestrebte Dienstleistung, die eben doch etwas mehr ist als Wäsche zu säubern und zu finishen.

Die Kunden stammen im Wesentlichen aus dem Objektbereich. Hauptkunde ist die BASF AG, die den Hauptteil der Flachwäsche liefert. Bewaschen werden auch Gaststätten im näheren Umkreis, Kinderheime und Schulen. Auch Wohnheime für behinderte Menschen, darunter das eigene Haus, zählen zu den Kunden. Pro Woche wird derzeit ein Wäschevolumen von 5 t in Oggersheim bearbeitet, die etwa gleiche Menge wandert in Schifferstadt durch die Waschmaschinen und Finish-Anlagen. Flachwäsche steht mit 85% weit vorn, wobei die Formteile, so Brenner, allmählich aufholen. Beschäftigt werden in Oggersheim 18 laufend geschulte Werkstattbeschäftigte. Betreut werden sie durch zwei fachlich ausgebildete Mitarbeiter. Konsequent wurde die neue Wäscherei gemäß Hygieneanforderungen geplant und eingerichtet, eine Raumtrennung in „reine“ und „unreine“ Seite wurde realisiert. Entsprechend sind die sechs Waschschleudermaschinen mit Beladekapazitäten von 8 bis 90 kg Trockenwäsche in Trennwandausführung gebaut und installiert. Weitestgehend werden in der Oggersheimer Wäscherei Flüssigprodukte als Wasch- und Waschhilfsmittel eingesetzt. Die Dosierzentrale befindet sich im Keller, etwas abseits der heutigen Wäschereiräume, um, wie Brenner sagt, die Bereiche Dosiertechnik und „unreine Seite“ klar zu trennen.

Die saubere Wäsche wird auf der „reinen“ Seite entladen und wandert in einen der drei Trockner, die jeweils 30 kg bearbeiten können. Da die Flachwäsche dominiert, wurde in eine leistungsfähige Mangel investiert. Der Zweiroller mit 3 m Arbeitsbreite schafft eine Menge weg – und das bei hoher Finish-Qualität. Eine vollautomatische Faltanlage ist nachgeschaltet, so dass die Aufgabe des Personals am Ende der Mangelstraße im Wesentlichen darin besteht, die Qualitätskontrolle vorzunehmen und den Auslauftisch abzuräumen.

Der Formwäscheanteil wird in einem Finish-Zentrum bearbeitet, das vom Vertriebsunternehmen Pallas Finish-Systeme GmbH, Goldbach, geliefert wurde. Es handelt sich um bewährte Maschinen des norditalienischen Produzenten Malavasi: eine Universalpresse Mabi 52 und einen Universalfinisher der Magnumm-Bauserie. Beide Anlagen werden vom zentralen Dampfkessel versorgt. Vorbereitende Finish-Aufgaben an Kitteln oder Hemden werden an der Universalpresse geleistet, wo Kragen, Knopfleisten und Manschetten in optimaler Qualität gebügelt werden. Die fertig gepressten Teile werden anschließend auf dem Finisher zu Ende bearbeitet, also kurz mit Dampf beaufschlagt und anschließend getrocknet. Die Leistung des Trocknungsgebläses lässt sich dank Frequenzumrichter auf die mehr oder weniger ausgeprägte Empfindlichkeit des aktuell zu bearbeitenden Textils einstellen.

Besonders geschätzt werden die Finisher aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit. Wenn die durch die Programmierung vorgegebene Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte eingehalten wird, sind Fehlbedienungen ausgeschlossen. Hier setzte auch ein hausinternes Schulungsprojekt ein, das durch den Fachdienst – Holger Neufeld und Gruppenleiterin Sylvia Strehlow – maßgeblich gestaltet wurde: Zu den einzelnen Maschinen wurden detaillierte Arbeitsanweisungen in Schrift und Bild angefertigt, die auf die Fähigkeit der behinderten Menschen, komplexe Arbeitsfolgen zu lernen und schließlich zu beherrschen, abgestimmt sind. So wird beispielsweise am Finisher die Funktion der einzelnen Pedale mit Piktogrammen dargestellt, die groß und gut sichtbar angebracht sind. Die Zeichen und Symbole kehren in der Arbeitsanweisung wieder, wo die dahintersteckende Funktion und die jeweilige Position in der Reihenfolge des Arbeitsablaufs genau erklärt werden. Das illustrierte Arbeitsheft hat sich, so Christiane Fischer, inzwischen bewährt. Vermeiden möchte man in Ludwigshafen, dass der oder die einzelne Bedienperson sich ausschließlich auf ein Arbeitsgerät, eine Maschine, konzentriert. Nach Maßgabe der individuellen Fähigkeiten sollte jeder an jedem Arbeitsplatz der Wäscherei einsetzbar sein. „So können wir eine ähnlich flexible Personalplanung betreiben wie eine gewerbliche Wäscherei“, erklärt Brenner.

„Mit dem neuen Finish-Zentrum von Pallas erzielen wir mittlerweile eine Qualität, die selbst unsere anspruchsvollsten Kunden überzeugt“, stellt Brenner fest und fährt fort: „Das liegt natürlich auch an der Qualität der Maschinen. Entscheidend für den Einstieg in das Arbeiten mit dieser Technik war jedoch die hervorra-gende Einweisung, die Heinz Essmann mit hoher Kompetenz, viel Geduld und einer gehörigen Portion Humor durchführte.“ Womit wieder einmal bestätigt wird, dass die beste Technik nur dann funktioniert, wenn die begleitenden Dienstleistungen wie Schulung und Einweisung mindestens ebenso funktionieren. kpl