„RWin 2013“-Gewinner Meinrad Himmelsbach, Sachverständiger Mit Mikroskop und Feingefühl

Kompetenz als Textilreiniger zeigt Meinrad Himmelsbach täglich im eigenen Betrieb. Dass er auch mit Leidenschaft dabei ist, merkt man, wenn ihm auch nach zehn Stunden Arbeit nicht die Lust am Thema Textilpflege vergeht. Dann betätigt er sich als Sachverständiger für das Textilreinigerhandwerk.

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    Meinrad Himmelsbach am Mikroskop: Die Arbeit als Sachverständiger erfordert Fingerspitzengefühl. Fotos: Schönhaar
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    Im Keller des Hauses Himmelsbach in Freiburg tun sich alte Schätze auf: Regale voll mit Platten, die für den Textildruck genutzt wurden.

Mit Mikroskop und Feingefühl

Mit Mikroskop, Pinzette und Laptop sitzt er da. Fingerspitzengefühl braucht man als Sachverständiger für die Textilreinigung. Meinrad Himmelsbach hat nicht nur das. Langjährige Berufserfahrung und Leidenschaft für seinen Beruf als Textilreiniger bringt er mit. Und viel Gefühl für Textilien. Der Diplom-Betriebswirt (BA) ist Textilreinigermeister und von der Handwerkskammer Freiburg öffentlich bestellter Gutachter für das Textilreinigerhandwerk. 2012 wurde er für seine Idee eines Onlineshops für Schadensfallbegutachtung mit dem Branchenaward „RWin“ ausgezeichnet. Auf der Website www.sv-himmelsbach.de können Nutzer Kurzgutachten und ausführliche Sachverständigengutachten anfordern, einfach und bequem über ein Formular auf der Website. Der Onlineshop läuft gut an. „Die Klickraten steigen, das Interesse ist da“, berichtet Himmelsbach, der zusammen mit seinem Bruder Christian Himmelsbach die Reinigung Färberei Himmelsbach in Freiburg führt.

Verwinkelte Zimmer im Altstadthaus

Die Räume, in denen der Betrieb produziert, sind ungewöhnlich. Ein altes Haus mitten in der Innenstadt mit verwinkelten Treppenhäusern und Zimmern. Dennoch hat alles seinen Platz, die Mitarbeiter finden ihre Wege durch die Gänge, die durch die hängende Ware entstehen. Wenn man am Finisher steht, hat man einen besonders schönen Ausblick direkt auf den Gewerbebach, der durch die Freiburger Gässchen fließt. Aber das Gewässer ist nicht nur ein
Augenschmaus.

Die Reinigung Färberei Himmelsbach hat eine lange Geschichte, die mehr als 125 Jahre zurückreicht. 1884 gründeten Karl und Maria Magdalena Himmelsbach die „Färberei und Druckerei Karl Himmelsbach“ in Gegenbach. Das Einfärben und Bedrucken von Stoffen war der Schwerpunkt in den ersten Jahrzehnten des Unternehmens. Im Keller des Altstadthauses und jetzigen Firmensitzes in Freiburg tun sich noch Schätze aus dieser Zeit auf: Regale voll mit „Holzmodel“, die für den Textildruck genutzt wurden, mit Mustern aus verschiedenen Zeiten.

Seit 1913 sitzt das Unternehmen in Freiburg in der Gerberau, denn dort gab es durch den Gewerbebach genügend Wasser und eine Wasserkraftanlage, die man zur Energiegewinnung nutzen konnte. Seit zwei Jahren ist ein neuer Generator installiert. Die doppelt geregelte Kaplan-Turbine kann bei einem Gefälle von 1,40 m und einer Durchflussmenge von rund 1.500 l/sec rund 80.000 kWh/Jahr produzieren. Genutzt wurde der Bach schon seit jeher. Relikte von alten Schwungrädern zeugen davon. „Früher wurde mit der Wasserkraft kein Strom erzeugt, sondern die Mechanik direkt an die Maschinen übertragen“, erläutert Meinrad Himmelsbach.

Moderne Maschinentechnik erlaubt es auch, anfallende Prozesswärme wiederzuverwenden und Abgase bei der Dampfproduktion durch Wärmetauscher in nutzbare Energie umzuwandeln. So werden sowohl die Abluft der Dampfproduktion durch einen Abgaswärmetauscher als auch die Prozesswärme in Warmwasser umgewandelt, welches dann für die Heizung der Wohnungen und Betriebsräume im Haus verwendet werden kann.

Reinigungsmaschine in Flieder

Auch die Reinigungstechnik wird auf dem aktuellen technischen Stand gehalten. Demnächst werden drei neue KWL-Reinigungsmaschinen von Multitex in den Freiburger Betrieb geliefert. Der Clou: Die Farben der Maschinen haben die Himmelsbachs nach den (auf der Messe Heimtextil im Januar vorgestellten) aktuellen Farbtrends ausgesucht. Waren die Maschinen bisher rot, gelb und grün, kommen jetzt Farbtöne von Flieder bis Beige zum Einsatz. Das soll für eine freundliche, moderne Arbeitsumgebung sorgen und die Mitarbeiter motivieren.

Zu den Mitarbeitern zählen auch einige Azubis und Praktikanten. Das Unternehmen setzt sich dafür ein, jungen Menschen berufliche Perspektiven zu bieten. „In Zusammenarbeit mit dem Internationalen Bund für Sozialarbeit (IB), den Einrichtungen ,St. Elisabeth - Leben, Lernen, Arbeiten‘ und IN Via bieten wir Praktikumsplätze für Jugendliche und junge Erwachsene als Trainingsmöglichkeit und Sprungbrett für den Einstieg in die Arbeitswelt an“, erläutert Christian Himmelsbach. Während bei diesen Jugendlichen das Training von geregelter Arbeitszeit, kontinuierlichem Arbeitseinsatz und Durchhaltevermögen im Vordergrund steht, dreht sich bei den Praktikanten, die sich auf eine Textilreinigungsprüfung vorbereiten, alles um die fachliche Seite. Meinrad
Himmelsbach zeigt einem von von ihnen z.B., wie man ein „Paradekissen“ aufbügelt - eine Herausforderung und gute Übung. „Ich verbinde das mit Erinnerungen an die Wäscherei Schlecker in Neckarsulm, bei der ich vor 25 Jahren als Fachpraktikant während meiner Ausbildung gerlernt habe, diese Kissen zu stärken und zu bügeln. Das gebe ich gerne weiter“, sagt Himmelsbach.

„Gutachterei“ als Ausgleich

Ein weiteres Engagement: Seit rund sieben Jahren ist Himmelsbach als Sachverständiger tätig. Für ihn ist das eine Art Hobby. „Ich mache das gerne, auch nach zehn Stunden Arbeit“, sagt er. Gerade wenn er im Betrieb viel körperlich arbeiten musste und mechanische Aufgaben zu lösen waren, ist die „Gutachterei“ ein geistreicher Ausgleich. Entschieden für die Sachverständigentätigkeit hat sich Himmelsbach, weil er mit Gutachten seine eigene Reinigungsarbeit betreffend nicht zufrieden war, sie wenig qualifiziert fand. „Ich wollte versuchen, es besser zu machen und so auch Kollegen zu helfen“, sagt der Textilreinigermeister.

Bei seiner Arbeit als Sachverständiger versucht er, keine „eigene Gerechtigkeit“ in die Berichte einzubringen. „Man muss möglichst neutral sein, ausgewogen und Emotionen raushalten“, betont er. Begründungen sind wichtig und das Schließen vom einen aufs andere, außerdem Genauigkeit. Dabei kommt auch das Mikroskop zum Einsatz. Interessant ist es allemal, sich Fasern in der Vergrößerung anzusehen. Der Sachverständige freut sich jedesmal, wenn ein Fall „geknackt“ ist. Es gibt aber auch immer wieder ungeklärte Schadensursachen. Damit die Qualifikation der Sachverständigen im Textilreinigerhandwerk konstant hoch ist, engagiert sich Himmelsbach für eine Überprüfung des Fachwissens der Sachverständigenanwärter. Kompetenz und Qualität sind auch seine Maximen im eigenen Betrieb. „Qualität ist Zukunftssicherung“, meint Himmelsbach. Man sollte sich nicht auf seinen guten Ruf verlassen, sondern versuchen, kontinuierlich „mehr zu bieten“. „Das bekommen die Kunden mit und das ist die beste Werbung.“

Ideen für neue Außengestaltung

Für einen auffallend positiven Außenauftritt wollen die Brüder Himmelsbach den gesamten Betrieb in mittelfristiger Zukunft von außen neu gestalten. Beim Besuch von RWTextilservice waren gerade die letzten Handwerker da, um eine Überdachung des Hofs fertigzustellen. Beleuchtungskonzepte und mehr schweben den Brüdern vor. Aber bereits jetzt gibt es rund um die Reinigung Färberei Himmelsbach einige Blickfänge (siehe Kasten „Ein Krokodil für Freiburg“). Innovationsfreude und Mut zu Neuem hat Meinrad Himmelsbach auch mit seinem Onlineshop zur Schadensfallbegutachtung bewiesen. So kommen Tradition und Innovation im Hause Himmelsbach in Einklang.