Im Gespräch Veränderungen in der Branche: Die Rolle der ETSA

Im Spannungsfeld zwischen europäischer Politik und der Dynamik der Branche bewegen sich die Textilpflegeverbände. Einer davon ist die European Textile Service Association (ETSA). Im Interview spricht Hartmut Engler, der neue ETSA-Schatzmeister, über Herausforderungen für Branche und Verband.

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© Muhammad Shoaib – stock.adobe.com
Herr Engler, Sie sind noch relativ neu in Ihrer Rolle bei CWS und ETSA. Können Sie angesichts dieser neuen Perspektive beschreiben, wie Sie den Verband sehen und welche Rolle ETSA Ihrer Meinung nach in der Textildienstleistungsbranche spielt?

Hartmut Engler: ETSA ist die Stimme unserer Branche auf europäischer Ebene. Sie dient als Plattform für den Austausch von Informationen und Best-Practice-Beispielen und setzt sich gleichzeitig für die Interessen unserer Branche auf politischer Ebene ein.

Die ETSA unterstützt und berät politische Entscheidungsträger zu Themen, die erhebliche Auswirkungen auf unsere Branche haben können, zum Beispiel bei der Normung in den Bereichen Hygiene, Umweltschutz, Qualität und Sicherheit für die Träger von Berufsbekleidung.

Wie kann sich ETSA an die Veränderungen in der Textildienstleistungsbranche anpassen, insbesondere angesichts der Dynamik und des ständigen Wandels in der europäischen Politik?

Die Branche ist zunehmend von Umweltvorschriften betroffen, weil sich die europäische Politik ständig weiterentwickelt. Daran muss sich die ETSA orientieren und zum Beispiel nachhaltige Projekte und Initiativen fördern und unterstützen und für Leitlinien einstehen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, bei dem die ETSA eine entscheidende Rolle spielt, ist die Förderung von Innovationen. Die Branche muss wettbewerbsfähig bleiben und sich durch neue Forschungs- und Entwicklungsprojekte oder Technologietransfers den verändernden Kundenbedürfnissen anpassen. Darüber hinaus sollte die ETSA – in Hinblick auf den internationalen Charakter der Textildienstleistungsbranche – internationale Partnerschaften und Kooperationen eingehen, die weltweiten Entwicklungen im Blick behalten und von globalen Best-Practice-Beispielen lernen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die ETSA proaktiv auf politische Entwicklungen reagiert, sich für die Interessen der Branche einsetzt und die langfristige Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit der europäischen Textildienstleistungsbranche fördert.

Seit Juni 2023 leitet Dr. Thomas Neyers die ETSA. Der vorherige Präsident Andreas Holzer musste die Branche durch Corona, die Energiekrise, den Personalmangel und die Inflation steuern. Die drei letztgenannten belasten die Branche nach wie vor. Vor welchen weiteren Herausforderungen steht die europäische Textilservicebranche derzeit?
  • Nachhaltigkeit und Umweltvorschriften: Die Textilindustrie steht unter wachsendem Druck, nachhaltiger zu arbeiten und ihren ökologischen Fußabdruck weiter zu verringern. Dies umfasst den Einsatz umweltfreundlicher Materialien, einen optimierten Einsatz von Ressourcen und Energie und Abfallreduzierung.
  • Digitalisierung: Die Branche befindet sich aufgrund der Digitalisierung in einem tiefgreifenden Umbruch. Die Integration von IoT-Technologien (Internet der Dinge) und automatisierten Prozessen birgt das Potenzial, die Effizienz zu steigern, aber dieser Übergang erfordert Investitionen und Schulungen. Die gesamte Branche und alle ETSA-Mitglieder würden von allgemeingültigen Standards profitieren.
  • Technologische Innovationen: Neue Technologien wie fortschrittliche Wasch- und Trocknungsprozesse sowie Chemische Reinigungsverfahren bieten Möglichkeiten die Servicequalität zu verbessern und gleichzeitig die Betriebskosten zu senken. Die ETSA weist auf solche Innovationen aktiv hin und zeigt auf, wie sich Unternehmen EU-Subventionen sichern können.
  • Management der Lieferkette: Die starke Abhängigkeit der Branche von globalen Lieferketten birgt Risiken wie Lieferengpässe oder geopolitische Unsicherheiten. Die ETSA bleibt bei solchen Entwicklungen auf dem Laufenden und informiert ihre Mitglieder umgehend, damit diese reagieren können.
CWS war Opfer eines großen Cyberangriffs und hat sich seitdem angepasst, ist widerstandsfähiger geworden. Glauben Sie, dass die Branche in einer guten Position ist, um die Digitalisierung (und ihre Risiken) anzugehen, oder glauben Sie, dass mehr getan werden muss?

Meiner Ansicht nach hat die Branche das Potenzial der Digitalisierung nur zögerlich für neue Geschäftsmöglichkeiten genutzt. Nichtsdestotrotz haben wir in den letzten Jahren einige Fortschritte gesehen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass sich die Vorgehensweise der Cyberkriminellen ständig weiterentwickeln. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, kontinuierlich in ihre Sicherheitsinfrastruktur zu investieren, mit den neuesten Technologien Schritt zu halten und das Bewusstsein der Mitarbeitenden für Cybersicherheit zu schärfen. Die ETSA wird auch weiterhin ihre Mitglieder über neue digitale Bedrohungen und die besten Möglichkeiten zum Schutz ihrer Unternehmen informieren und aufklären.

Zur Person

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© ETSA

Im Juni 2023 wurde Hartmut Engler zum Schatzmeister der ETSA gewählt.

Seit 2021 verantwortet Hartmut Engler das CWS Workwear Business als Chief Executive Officer.

Er blickt auf mehr als 25 Jahre Berufserfahrung im Dienstleistungssektor zurück, viele Jahre davon in leitender Funktion, u.a. leitete er als Vorsitzender der Geschäftsführung das Deutschlandgeschäft bei OTIS.

Wo sehen Sie die Zukunft der europäischen Textildienstleistungsbranche und wie positioniert sich die ETSA?

Die Zukunft der europäischen Textildienstleistungsbranche hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der Umsetzung neuer und strengerer Vorschriften auf europäischer und nationaler Ebene. Diese Vorschriften decken ein breites Spektrum ab, das Nachhaltigkeit, Energiesparinitiativen, Abfallmanagement sowie die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks umfasst.

Meiner Meinung nach ist ETSA die am besten positionierte Organisation innerhalb unserer Branche, um die vielschichtigen Herausforderungen effektiv anzugehen. Um ihren Einfluss zu erhöhen, sollte die ETSA ihre Mitgliederbasis erweitern, indem sie einem breiteren Spektrum von Branchenakteuren die Mitgliedschaft ermöglicht. Darüber hinaus kann die engere Zusammenarbeit mit nationalen Verbänden die ETSA dabei unterstützen, sich noch stärker für die Interessen unserer Branche einzusetzen und politische Entscheidungen zu beeinflussen, um eine nachhaltigere Zukunft sicherzustellen.

Herr Engler, wie stellen Sie in Ihrer Funktion als Schatzmeister sicher, dass die Finanzstrategien von ETSA mit den oben genannten Herausforderungen und Zielen übereinstimmen?

Tatsächlich sehe ich eine Diskrepanz zwischen unseren Zielen und unserem Budget. Wir müssen versuchen, attraktiver für die bestehenden Mitglieder zu werden und neue hinzugewinnen. Eine breitere Mitgliederbasis verschafft uns die notwendigen finanziellen Mittel, um die Interessen unserer Branche auf der europäischen Bühne noch wirksamer zu vertreten. Dort besetzen wir eine gewisse Nische. Um bessere Ergebnisse für unsere Branche zu erzielen, ist es daher zwingend erforderlich, dass wir unserer Stimme mehr Stärke verleihen.

Wie stellen Sie sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem ETSA-Vorstand, dem Sekretariat und Dr. Neyers als Präsident vor?

Prinzipiell ist Kontinuität für die Arbeit und den Erfolg der ETSA von entscheidender Bedeutung. Genauso wie lebhafte und konstruktive Diskussionen. Ich bin überzeugt, dass wir in unserem neuen Team Bestehendes erfolgreich fortführen und gleichzeitig neuen Herausforderungen aufmerksam begegnen. Der Erfolg unseres Teams wird sich an den Ergebnissen messen lassen. Ich freue mich auf eine enge Zusammenarbeit mit Dr. Neyers und dem gesamten Team, um in den kommenden Jahren zum Erfolg der ETSA beizutragen.