Justizvollzugsanstalt Aichach Waschen hinter Gittern: Zu Besuch in der Gefängniswäscherei

Bis zu 18 Gefangene arbeiten in der Gefängniswäscherei der Justizvollzugsanstalt Aichach, der Großteil davon sind Frauen. Die Arbeit ist effizient und dient als Resozialisierungsmaßnahme. R+WTextilservice war vor Ort und erhielt exklusive Einblicke.

Gefängniswäscherei
Die Arbeit in der Gefängniswäscherei ist beliebt und gilt als effektive Resozialisierungsmaßnahme. - © Cristian Ciobanu – stock.adobe.com

Ein grün bepflanzter Innenhof, eine Kirche, eine Kindertagesstätte – umgeben von alten Mauern, die teils noch aus der Kaiserzeit stammen. Erste Eindrücke des Geländes der Justizvollzugsanstalt Aichach lassen auf den speziellen Charakter der Haftanstalt schließen.

Insgesamt sind in der JVA circa 450 Gefangene inhaftiert, davon rund 95 Männer – in den meisten deutschen Gefängnissen sind diese Relationen umgekehrt. Die JVA bietet ihren Häftlingen unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten und Ausbildungsberufe, überwiegend aus dem Handwerk. Gearbeitet wird u.a. in der Gefängniswäscherei.

Die Wäscherei des Frauengefängnisses ist beliebt. Einer der Gründe: Weibliche Inhaftierte messen Faktoren wie Frische und Reinheit des eigenen Körpers und der Wäsche einen höheren Stellenwert bei als männliche Gefangene. "Der größte Unterschied zwischen einem Frauen- und einem Männerknast ist der Geruch. Frauen achten erfahrungsgemäß eher auf hygienische Aspekte, wozu auch die Sauberkeit der Bekleidung zählt", erklärt Lars Dau, Leiter des Arbeitswesens der JVA. Speziell aus diesem Grund lockerte ein ehemaliger Direktor einige Regeln der JVA – u.a. dürfen die Gefangenen nun ihre eigene in das Gefängnis Bekleidung mitbringen und tragen.

Gefängniswäscherei zieht in Neubau

Gefängniswäscherei
Der Neubau ist seit 2018 in Betrieb und beheimatet die Gefängniswäscherei, die -bäckerei, die -küche sowie den Magazinbereich der Haftanstalt - © R+WTextilservice

Vor anderthalb Jahren ist die Gefängniswäscherei in einen Neubau gezogen. Die Sicherheitsbedingungen, die Platzverhältnisse und die hygienischen Zustände in dem alten Anstaltsteil ließen ein Arbeiten unter anständigen Bedingungen nicht mehr zu, so Dau. Die Planer erstellten ein neues Versorgungskonzept des zukünftigen Gebäudes, das die Arbeitsbedingungen erheblich verbessern und auch logistische Vorteile mit sich bringen sollte. Das Aufsichtspersosal kann die Gefangenen jetzt direkt von dem Zellentrakt durch ein Tunnelsystem, inklusive Kontrollcheckpoint, Aufzügen und Überwachungskameras, zur Arbeitsstätte bringen – ohne sie umständlich über den Hof führen zu müssen.

2011 begannen die Bauarbeiten, deren Abschluss ursprünglich für 2014 geplant war. Aufgrund von Verzögerungen kam es allerdings erst 2018 zur Eröffnung des neuen Gebäudes, das neben der Wäscherei auch die Bäckerei, die Küche und den Magazinbereich – eine große Lagerhalle mit Essensvorräten und Hauswirtschaftsartikeln – beherbergt.

So wird in der Gefängniswäscherei gearbeitet

Insgesamt arbeiten zwischen 15 und 18 Frauen in der Wäscherei, wobei diese Zahl schwankt und von Haftentlassungen abhängt. Die Wäscherei soll zwar wirtschaftlich effizient sein, bietet in erster Linie aber Arbeitsplätze als Resozialisierungsmaßnahme für die Frauen an. Nach Verbüßung ihrer Haftstrafe lassen sie sich dadurch oft leichter in die Gesellschaft integrieren. Die Frauen verdienen dort außerdem Geld, das sie größtenteils für die Übergangszeit nach der Haftentlassung ansparen müssen.

"Externe Geldgeber wie Freunde oder Familie gibt es heutzutage nicht mehr in der Häufigkeit wie damals, als es üblich war, dass Gefangene von außerhalb unterstützt wurden. Die Mehrzahl der Insassinnen sind finanziell gesehen auf sich selbst angewiesen", sagt Dau. Abhängig von Kriterien wie Arbeitszeit, Aufenthaltsdauer oder Zuschüssen verdienen die Wäscherinnen durchschnittlich 14 Euro pro Tag. Die tägliche Arbeitszeit beträgt circa 6,5 Stunden. Auf weitere Stunden kommen die Gefangenen nicht, da die Arbeitszeit extrem begrenzt ist und "Pflicht"-Pausen wie das gemeinsame Mittagessen oder der Hofgang diese unterbricht. Am Wochenende hat die Wäscherei geschlossen.

Drei Mitarbeiterinnen betreuen die Wäscherinnen

Das Arbeiten im Gefängnis ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben und aufgrund des Nebenverdiensts attraktiv, sondern bietet auch eine der wenigen Möglichkeiten des Auslaufs. Gefangene, die keiner Arbeit nachgehen – weil es keine gibt oder weil sie krankheitsbedingt nicht dazu in der Lage sind – verbringen den Großteil des Tages in ihrer Zelle. Ein Team von drei Mitarbeitern betreut die Wäscherinnen. Robert Henkel, Betriebsleiter der Wäscherei, ist gelernter Textilveredler und per Stellenausschreibung in die Gefängniswäscherei gelangt. Ihm zur Seite steht u.a. Mirjam Dennerlöhr als hauswirtschaftliche Betriebsleiterin. "Wir sind keine Wärter im herkömmlichen Sinne, sondern kommen aus der Branche und wissen über die Abläufe Bescheid", sagt Henkel. "Wir überwachen und unterstützen unsere Wäscherinnen bei ihrer Arbeit, größere Probleme haben wir selten", ergänzt Dennerlöhr.

Anders als in Männergefängnissen wird in der Gefängniswäscherei Aichach auf etwaige Konfliktpotenziale wie ethnische oder religiöse Unterschiede, verschiedene Nationalitäten oder die Schwere der begangenen Straftaten der Insassinnen keine Rücksicht genommen. "Es kommt natürlich immer mal wieder zu Konflikten. Eine gezielte Trennung der Strafgefangenen bei ihren Schichten ist aber organisatorisch kaum möglich und bei uns auch einfach nicht nötig ist", sagt Dau.

Gefängniswäscherei: Zwischen Eigenbedarf und Kundenservice

Gefängniswäscherei
Robert Henkel (r.), Textilveredler und Betriebsleiter der Wäscherei, und Mirjam Dennerlöhr, hauswirtschaftliche Betriebsleiterin, sind für den reibungslosen Ablauf in der Gefängniswäscherei der Justizvollzugsanstalt Aichach verantwortlich. - © R+WTextilservice

Die Wäscherei ist hauptsächlich für die Sauberkeit der Gefangenenbekleidung zuständig, die einen Anteil von circa 80 Prozent der Auslastung ausmacht.Zusätzlich zur Gefangengenbekleidung der eigenen Haftanstalt ist die Gefängniswäscherei auch für die Bekleidung der JVA Augsburg-Gablingen zuständig. Der Rest setzt sich aus Textilien von externen Kunden zusammen. Einige Hotel- und Gastronomiebetriebe gehören zum Kundenstamm, aber auch Privatpersonen können hier ihre Hemden und Hosen waschen lassen. Gängige Zusatzangebote wie ein Bügelservice gehören ebenfalls dazu. Privatkunden geben ihre Wäsche im Textilpflegegeschäft der JVA Aichach ab, das sich, zusammen mit einer Bäckerei und einem Blumenladen, auf dem JVA-Gelände befindet – allerdings vor den geschlossenen Mauern und somit für Passanten frei zugänglich.

Da aufgrund von ständig wechselndem Personal, bedingt durch Haftentlassungen, altersbedingtes Ausscheiden und Neubesetzungen, die Qualität der Services nicht ganzjährig garantiert werden kann, sind die Preise billiger als im Markt üblich. "Wir wollen keine Konkurrenz zu anderen Betrieben darstellen. Es gibt allerdings Bedarf in Aichach, weswegen das Konzept aufgeht. Generell ist unsere Haftanstalt eng mit der Stadt verwurzelt und bei den Stadtbewohnern akzeptiert. Es herrscht ein harmonisches Miteinander. Nicht jede JVA kann das von sich behaupten", erklärt Dau. Insgesamt schreibt die Gefängniswäscherei beständig schwarze Zahlen.

So läuft die Produktion der Wäscherei der JVA Aichach ab

Die Wäscherei ist in zwei eigenständige Bereiche unterteilt. Die schmutzige Wäsche wird in einen der separaten Bereiche geliefert. Für die Schmutzwäsche von Privatkunden gibt es dort eine Außentür, wo ein Transporter die Wäsche aus dem hauseigenen Textilpflegegeschäft oder von der JVA Augsburg-Gablingen anliefert. Die Gefangenenbekleidung aus der eigenen Anstalt gelangt über interne Wege in die Wäscherei.

Die Wäscherinnen sortieren die schmutzige Wäsche und geben sie in eine der vier Primus-Waschschleudermaschinen. Zwei von ihnen fassen 140 kg, eine 110 kg und eine 44 kg. Täglich werden bis 2,5 t Wäsche gewaschen. In diesem Bereich befindet sich auch der Dosierraum, der den Waschschleudermaschinen über die eingestellten Programme die passend zusammengesetzten Flüssigwaschmittel der Firma Kreussler zuführt.

Auf der anderen Seite der Waschschleudermaschinen beginnt der andere Bereich, der durch eine Desinfektionskabine erreichbar ist. Dort holen die Mitarbeiter die fertig gewaschene Wäsche heraus und bringen sie zur nächsten Station. Flachwäsche kommt in die Mangel, Bekleidung in einen der vier die Trockner von Novatec und Stahl. Die Bekleidung von Privatkunden gelangt danach noch in den Finishbereich, wo neben einem Hemdenfinisher auch zwei Bügelstationen, ein Pressesatz mit Rumpfkabinett und eine Kragen- und Ärmelpresse zur Verfügung stehen. Eine Besonderheit der Wäscherei ist zudem, dass die Mitarbeiter nahezu alle zusätzlichen Tätigkeiten, sei es die Wäsche vorzubereiten, zusammenzulegen oder nach zujustieren, händisch ausführen.

Mensch statt Maschine

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Bis zu 18 Gefangene arbeiten in der Gefängniswäscherei der Justizvollzugsanstalt Aichach. Für die Fotoaufnahmen mussten die Insassinnen aus rechtlichen Gründen den Raum verlassen. - © R+WTextilservice

"Wir brauchen die Arbeitsplätze. Je mehr wir automatisieren, desto weniger Arbeitskräfte benötigen wir. Unsere Oberbekleidungsfaltmaschine beispielsweise kommt nur in seltenen Fällen zum Einsatz, wenn wir wirklich sehr viel Wäsche auf einmal bearbeiten müssen", so Henkel. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu anderen Wäschereibetrieben ist die schwierige Kalkulierbarkeit wirtschaftlicher und sozialer Faktoren. Der Maschinenpark ist zwar auf einem guten Stand der Technik, Nachbesserungen lassen sich jedoch nicht beliebig durchführen. "Wenn wir eine neue Maschine brauchen, können wir nur vorgeben, was diese leisten muss. Da wir eine staatliche Institution sind, erfolgen dann europaweite Ausschreibungen, wovon dann in aller Regel das günstigste Angebot den Zuschlag erhält. Geräte frei hinzukaufen können wir dementsprechend nur sehr bedingt", erklärt Henkel.

Auch bei den Trendthemen Nachhaltigkeit und Umweltschonung tut sich die Gefängniswäscherei schwer. "Wir haben als staatliche Institution einen Vorbildcharakter, deswegen wollen wir ressourcenschonend waschen und mit gutem Beispiel vorangehen. Da unsere finanziellen Rahmenbedingungen aber andere sind als in der freien Wirtschaft, ist die Umsetzbarkeit für uns häufig umständlicher als für reguläre Wäschereibetriebe. Dennoch halten wir uns an die Vorgaben", sagt Dau.