Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung Wenn der Kunde nicht bezahlt

Der Schuldner genießt in der heutigen Rechtsordnung mehr Verständnis als der Gläubiger. Entsprechend hoch und damit zeitraubend sind die Hürden, die der Gläubiger bei der Verfolgung seiner Ansprüche zu überwinden hat. Daher sollte der Schuldner konsequent überwacht werden.

Wenn der Kunde nicht bezahlt

Schon seit geraumer Zeit sinkt die Zahlungsmoral kontinuierlich: Eine wachsende Zahl von Schuldnern versucht, durch selbst genehmigte Stundungen Zinsaufwendungen zu reduzieren und sich Liquiditätsvorteile zu verschaffen – alles Vorteile zu Lasten des Gläubigers, des Textilreinigers. Besonders in einen Abwärtssog geratenen Betrieben fehlt es an ausreichender Liquidität zum Ausgleich längst fälliger Rechnungen, und man befriedigt schließlich nur noch „aufsässige“ Gläubiger. Die Übrigen „vergisst“ man, vertröstet sie und behauptet schließlich eine (nicht erfolgte) Bezahlung offener Rechnungen – nur um weiter Zeit zu gewinnen. Abgesehen vom Zinsmehraufwand und von Liquiditätsnachteilen droht dem Dienstleister Lieferanten mit zunehmendem Alter der Forderung deren Totalausfall. Dagegen schützen nur eine laufende Bonitätsüberwachung der Debitoren (Schuldner) und vor allem eine konsequente Zahlungskontrolle.

Die außergerichtliche Mahnung:Wurde eine Forderung bei Fälligkeit nicht ausgeglichen, sollte der Schuldner spätestens fünf Tage später an die Bezahlung erinnert und um Rechnungsausgleich innerhalb von zehn Tagen gebeten werden. Verstreicht diese Frist erfolglos, empfiehlt sich, schon drei Arbeitstage nach Terminablauf nochmals zu monieren und eine Nachfrist von acht Tagen zu setzen. Die dritte daran sich unmittelbar anschließende Mahnung (je nach Einzelfall wird man auf die „zweite“ Erinnerung bereits verzichten) ist aus Beweisgründen durch Einschreiben mit Rückschein zu versenden. Verweisen Sie unmissverständlich in ihr auf die Überfälligkeit Ihrer Forderung (ein höflicher Konjunktiv könnte Ihr Vorhaben gefährden!) und kündigen Sie das Beschreiten des Rechtsweges an, wenn nicht binnen zehn Tagen der Ausgleichsbetrag bei Ihnen eingegangen ist.

Mahnbescheid
oder Klage?

Stehen dem Schuldner keine Gegenansprüche oder Einwendungen aus der Reinigung zu und ist die Forderung noch nicht verjährt, können Sie nach Ablauf der letztgenannten Frist als Gläubiger Mahnbescheid beantragen oder den Säumigen auf Zahlung verklagen. Zweifellos führt der Mahnbescheid rascher zu einem vollstreckbaren Titel als die Klage vor Amts- oder Landgericht – sofern der Schuldner nicht Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt, eine leider nicht seltene Praktik zahlungsunwilliger Schuldner. Erwarten Sie Widerspruch gegen einen Mahnbescheid, sollten Sie daher – um nicht wert-
volle Zeit zu verlieren – sofort Klage einreichen (lassen). Eine (Haupt)Forderung ohne Nebenkosten bis zu 5.000 Euro wird in erster Instanz vor dem Amtsgericht verhandelt (kein Anwaltszwang), höhere Forderungen vor dem Landgericht (Anwaltszwang). Allerdings sollte man auch bei kleineren Forderungen einen Anwalt einschalten, um eine prozessgerechte Klageschrift vorlegen zu können. Der Mahnbescheid ist dem Amtsgericht des Antragstellers (nicht des Schuldners!) vorzulegen; Sie sollten hierzu bereits einen Anwalt beauftragten, notwendig ist es betragsunabhängig freilich zunächst noch nicht.

Im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids ist auf eine genaue, dem Handelsregister entsprechende Wiedergabe von Firmenbezeichnung und gesetzlicher Vertretung des Unternehmens zu achten. Handelsgerichtlich nicht eingetragene Geschäftsbezeichnungen dürfen den Schuldnernamen nur ergänzen; Mahnbescheide gegen Schuldner ohne bekanntem Wohnsitz sind unstatthaft.

Weiter ist der Zahlungsanspruch präzise zu bezeichnen, z.B. „Forderung aus Dienstleistung gemäß Rechnung vom ...“: die Hauptforderung (Rechnungsbetrag), nach Verzug angefallene vorgerichtliche Kosten, Zinsansprüche ab Verzug (i.d.R. angefallene Bankschuldzinsen) sowie Verfahrenskosten (z.B. mahnbescheidbedingte Gerichts- und Anwaltskosten). Schon im Mahnbescheid sollte festgehalten werden, an welchem Gericht notfalls ein streitiges Verfahren zu führen ist: An dem für den Sitz des Schuldners örtlich zuständigen Amtsgericht/Landgericht, Kammer für Handelssachen, oder – falls zwischen Kaufleuten ein abweichender Gerichtsstand vereinbart war – an dem hier festgelegten Gericht.

Liegt der Forderung ein unbezahlter Scheck/Wechsel zugrunde, kann Scheck- bzw. Wechselmahnbescheid beantragt werden; der so genannte Urkundenmahnbescheid kann hier vernachlässigt werden. Der Antrag auf Mahnbescheid ist mit an der Gerichtskasse erhältlichen Kostenmarken zu versehen (Gebühren vgl. Gerichtskostentabelle zuzüglich Zustellungsgebühr). Ein „Entwurfsblatt“ verbleibt beim Antragsteller.

Zustellung, Widerspruch/Einspruch und Klage:Mit Zustellung des Mahnbescheids hat der Schuldner zwei Wochen Zeit, gegen den Mahnbescheid Widerspruch einzulegen (ob sachlich berechtigt oder nicht) und somit den Antragsteller auf den Klageweg zu verweisen. Verzichtet der Schuldner auf den Widerspruch (dies teilt das Gericht dem Antragsteller gleichfalls mit), kann der Gläubiger Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids stellen, gegen den der Schuldner binnen 14 Tagen Einspruch einlegen kann (was den Antragsteller ebenfalls auf den Klageweg verweisen würde).

Ist wegen Widerspruchs/Einspruchs der Klageweg zu beschreiten, empfiehlt sich, anfallende weitere Gerichtskosten erst zu entrichten, wenn die Fertigstellung der Klageschrift binnen einer Woche sichergestellt ist, um sich nicht selbst in Terminschwierigkeiten zu bringen.

Die Zwangsvollstreckung:Verzichtete der Schuldner auf einen rechtzeitigen Einspruch, erhält der Antragsteller auf Grund des Vollstreckungsbescheids einen vollstreckbaren Titel gegen den Zahlungspflichtigen mit der gleichen Wirkung wie ein rechtskräftiges/vorläufig vollstreckbares Gerichtsurteil, ein gerichtlicher Vergleich, die vollstreckbare Ausfertigung eines Insolvenztabellenauszugs oder etwa eine notarielle Schuldurkunde mit Vollstreckungstitel.

Auf Antrag des Gläubigers führt auf Grund eines Vollstreckungsbescheids die Zwangsvollstreckung durch der am Wohnort des Schuldners zuständige Gerichtsvollzieher, zuständig für Mobilienpfändungen (Mobiliar, Bargeld etc.) – Antrag über die Gerichtsvollzieherverteilungsstelle am Amtsgericht des Schuldners – bzw. das örtlich zuständige Amtsgericht des Schuldners, zuständig für Forderungspfändungen und Zwangshypotheken.

Der Gerichtsvollzieher kann – soweit noch nicht erfolgt – gleichzeitig beauftragt werden, die erforderliche Zustellung des Vollstreckungstitels vorzunehmen. Widerspricht der Zahlungspflichtige einer Durchsuchung, hat der Gläubiger bei dem für den Schuldner örtlich zuständigen Amtsgericht eine gerichtliche Durchsuchungsgenehmigung zu beantragen und auf Grund dieses Durchsuchungsbeschlusses einen neuen Vollstreckungsauftrag zu erteilen.

Gepfändete Gegenstände versteigert der Gerichtsvollzieher öffentlich; der Erlös fließt an den Gläubiger, insoweit er zur Befriedigung seiner Forderungen benötigt wird. Finden sich keine pfändbaren Gegenstände, erhält der Gläubiger eine Unpfändbarkeitsbescheinigung. Eine Pfändung von Kontoguthaben (die Bankverbindung des Schuldners ist auf Grund seiner Briefvordrucke meist bekannt) geht regelmäßig ins Leere, so dass sich auch eine Pfändungsbenachrichtigung über den Gerichtsvollzieher erübrigt.

Führten Vollstreckungsmaßnahmen nicht zur vollen Befriedigung des Gläubigers, kann dieser bei dem für den Schuldner örtlich zuständigen Amtsgericht Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung stellen. In dieser Versicherung hat der Schuldner Vermögen sowie Schulden aufzulisten und darzulegen, wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet; dabei reicht jedoch die alleinige Behauptung, er sei Gelegenheitsarbeiter oder von Zuwendungen Dritter abhängig, nicht aus (LG Stuttgart, AZ 10 T 84/92). Weigert sich der Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, kann er zur Erzwingung der Erklärung auf Antrag des Gläubigers inhaftiert werden – wenn und so lange der Antragsteller die „Pensions“-Kosten für den Gefängnisaufenthalt übernimmt (auf deren Ersatz durch den Schuldner der Gläubiger einen – meist zwar nicht durchsetzbaren – Rechtsanspruch hat).

War eine Mobiliarpfändung während der normalen Zeit vergeblich, kann der Gerichtsvollzieher auf Antrag des Gläubigers auch nachts oder an Sonn- und Feiertagen vollstrecken. Das kann sich bei Forderungen gegen Gastwirte empfehlen. Das „Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“ ermöglicht auch die Zwangsvollstreckung in den EU-Partnerländern auf Grund eines deutschen Titels, doch gestaltet sich ihr Vollzug länderunterschiedlich erheblich schwieriger und umständlicher und damit noch zeitraubender als im Inland.

Unabhängig von den Verjährungsfristen für die ursprüngliche Forderung verjähren titulierte Forderungen grundsätzlich erst nach 30 Jahren. Der Schuldner einer bereits verjährten Forderung kann die Leistung mit Verjährungshinweis wirksam verweigern).

Insolvenzverfahren:Mit Insolvenzeröffnung verliert der Gemeinschuldner das Recht, über das insolvenzbefangene Vermögen zu verfügen; hierzu setzt das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter ein, der sich durch eine entsprechende Bestallungsurkunde ausweist.

Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen innerhalb einer festgesetzten Frist (Aufforderungen hierzu werden in einem „Pflichtblatt“ veröffentlicht) anzumelden: Formblatt (zweifach) unter Beifügung entsprechender Belege. Auch sind Ab- oder Aussonderungsrechte (z.B. wegen Eigentumsvorbehalts) beim Insolvenzverwalter geltend zu machen; es empfiehlt sich darüber hinaus, dies auch dem Insolvenzgericht mitzuteilen. Auskünfte über Verfahrensstand, zu erwartende Insolvenzquoten und dergleichen erteilt ausschließlich der Insolvenzverwalter. Leider gehen bei den meisten Insolvenzverfahren die Gläubiger des untergegangenen Unternehmens leer aus. Michael Bandering