Marketing Phänomen "Pinkwashing": Was ist das?

In den Medien kursiert derzeit ein neuer Begriff: "Pinkwashing". Das englische Kofferwort setzt sich zwar aus der Farbe Rosa und der englischen Bezeichnung für Schönfärberei zusammen, es hat aber nur im übertragenen Sinne mit Waschen zu tun: Wer "pinkwäscht", färbt keine Textilien, sondern taucht sein Logo zu Marketingzwecken in Regenbogenfarben. Welche Botschaft dahinter steht und in welchem Farben noch "gewaschen" wird.

Weiße Wäsche und eine rote Socke
Der Begriff "Pinkwashing" kommt nicht von eingefärbter Wäsche. - © Monkey Business – stock.adobe.com

Früher war die Aufteilung der Begriffe klar: Schönfärber tönten im Mittelalter die Stoffe in leuchtenden Farben, Schwarzfärber tauchten Textilien in ein tiefes Schwarz und Blaufärber tränkten Tücher in Farbe aus Färberwaid. Das Handwerk hat sich längst gewandelt, die Begriffe aber halten sich bis heute. Mit einem Unterschied: Die Bedeutung ist eine andere.

Schon in den 70er-Jahren wurde grüngefärbt

Der geläufigste Begriff, der sich an die Berufssprache der Färber anlehnt, ist wohl das "Greenwashing". Es reicht zurück in die Zeit der 1970er-Jahre. Einer Zeit, in der viele ein Bewusstsein für den Schutz der Umwelt entdeckten. Unternehmer begannen diese Bewegung für sich zu nutzen und färbten ihr Image grün. Die Farbe Grün spielt dabei als Symbol für Natur und Umwelt an, die Bezeichnung waschen beschreibt den Umwandlungsprozess – wie etwa beim Reinwaschen von Schuld. Die Bezeichnung war geboren.

Das Oxford Dictionary beschreibt die "Grünfärberei" als Strategie, die gezielt Desinformation verbreitet, um einen Akteur in ein ökologisch verantwortliches Licht zu rücken. Als Desinformation gilt dabei die falsche Behauptung, sondern vielmehr das Verschleiern von Tatsachen. Beispielsweise, wenn Unternehmen einen Aspekt als nachhaltig hervorheben, um davon abzulenken, dass ihr Kerngeschäft nicht umweltfreundlich ist. Was die Zeit aber zeigte: Viele Verbraucher lassen sich von dieser Marketingstrategie locken.

"Greenwashing" in der Textilindustrie

In der Textilindustrie keimt der Vorwurf immer wieder hoch. Nicht zuletzt kritisiert werden Begriffe wie "Ocean Plastic". Diese Bezeichnung suggeriert Konsumenten, dass Plastik aus dem Meer gefischt und verarbeitet wurde. In vielen Fällen besteht das Produkt aber aus sogenanntem "Social Plastic", also Plastikabfällen, das von Stränden gesammelt wurde.

Fußballeuropameisterschaft bringt "Pinkwashing" ins Rollen

Aktuell wird allerdings nicht grün, sondern pink "gewaschen". Anstoß dazu gab die Fußballeuropameisterschaft "EURO 2020". Der Fußballverband UEFA ließ prüfen, ob der Torwart der deutschen Nationalmannschaft, Manuel Neuer, eine Kapitänsbinde in Regenbogenfarben tragen darf. Politische Statements zu senden, ist den Spielern verboten. Als Reaktion darauf färbten viele Firmen ihre Logos bunt ein: in Regenbogenfarben.

Mit der Regenbogenflagge drücken Menschen, deren Identität von der heterosexuellen Welt abweicht, ihren Stolz aus. Die Szene nennt sich LGBTQ+. Das aus der englischen Sprache entlehnte Kürzel steht für lesbisch-schwul-bisexuell-transgender-queer-intersexuell, das Plus soll weitere Identifikationsformen miteinschließen. An dieser Stelle kam "Pinkwashing" ins Spiel, der Vorwurf: Viele Unternehmen geben nur vor, tolerant zu sein, setzen es in der Praxis aber nicht um.

Blau, Lila und Gelb – die Farbpalette der Marketingexperten

Wie Textilfärber nutzen Marketingspezialisten die ganze Farbpalette: Wer "blaufärbt" lenkt moralisch ab. Das tun Unternehmer beispielsweise, wenn sie vorgeben, sich für ethische und soziale Kampagnen einzusetzen. In der Kritik stehen dabei häufig Textilhersteller, die sich für faire Löhne aussprechen, aber nur kurzfristige Kampagnen oder oberflächliche Maßnahmen umsetzen.

Der Begriff geht auf die blaue Farbe der Vereinten Nationen (UNO) zurück. Zur Jahrtausendwende schloss die UNO mit Unternehmen einen weltweiten Pakt, der die Globalisierung sozialer und ökologischer gestalten sollte. Das Problem: Die Einhaltung der Prinzipien wurde nicht kontrolliert. Die Firmen konnten folglich das Emblem auf die Werbefahnen drucken, ohne die dahinterstehenden Werte zu leben und umzusetzen.

Weniger bekannt sind andere Farben wie " Purplewashing". Lila gilt als Farbe der feministischen Bewegung. Wer sein Unternehmen Purpur färbt, gibt vor, sich für die Gleichstellung der Geschlechter einzusetzen. In manchen Fällen wird das genderfreundliche Image vorgeschoben, um Fremdenfeindlichkeit oder Ablehnung gegenüber dem Islam als Feminismus darzustellen. In Deutschland bezeichnet dieser Begriff meist Unternehmen, die Gleichberechtigung verkünden, aber nur einen niedrigen Anteil an Frauen in Führungspositionen beschäftigen.

Die Liste lässt sich weiter fortsetzen: Mit der Farbe Braun stellen sich Unternehmer diverser dar, als sie sind. Gleiches gilt für Schwarz. Wer von " weißwaschen" (Whitewashing") oder " gelbwaschen" spricht, bezeichnet damit eine rassistische Praxis in der amerikanischen Unterhaltungsindustrie: Nicht-weiße Charaktere, etwa Asiaten, werden mit weißen Schauspielern besetzt.