Niedrigtemperaturdesinfektion Hygienisch einwandfrei bei 40°C

Die Kosten für Energie steigen. In der Wäschereibranche trifft das vor allem die Betriebe, die Wäsche bei hohen Temperaturen desinfizieren. Daher werden Niedrigtemperatur-Waschverfahren zur Wäschedesinfektion unter dem Gesichtspunkt des Energiesparens zunehmend interessant.

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    © Büfa
    Viele Niedrigtemperaturverfahren zur Wäschedesinfektion wurden speziell für empfindliche Bewohnerwäsche aus Wolle oder Seide entwickelt.
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    © Christeyns
    Das Verfahren von Christeyns ist sowohl für den Einsatz in Waschschleudermaschinen als auch für Waschstraßen geeignet.
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    © Seitz
    Das Verfahren von Seitz basiert auf dem Prinzip der Nassreinigung und ist für alle Arten von Textilien geeignet.

Hygienisch einwandfrei bei 40°C

Wäsche aus Krankenhäusern gilt allgemein als infektionsverdächtig. Zu ihrer Pflege müssen daher Waschverfahren angewendet werden, die Bettwäsche, Berufskleidung und andere Gebrauchstextilien adäquat reinigen und desinfizieren. Die dafür angewendeten Prozesse lehnen sich in der Regel an die von dem Verbund für Angewandte Hygiene (VAH)/Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) oder dem Robert-Koch-Institut (RKI) gelisteten Verfahren an. Sie sollen dafür sorgen, dass jeder Patient, aber auch das Personal, mit sauberer, hygienisch einwandfreier Wäsche versorgt wird.

In Mietwäschereien oder externen Wäschereien ist es daher üblich, infektionsverdächtige Textilien bei hohen Temperaturen zu waschen und zu desinfizieren. Doch eine Wäschepflege bei 70°C und höheren Temperaturen scheint angesichts der ständig steigenden Preise für Strom, Öl und Gas nicht mehr zeitgemäß. Diese Entwicklung hat daher alternative Verfahren auf den Plan gerufen, deren niedrige Behandlungstemperaturen den Energieverbrauch in Grenzen halten sollen. Eine Niedrigtemperaturdesinfektion bei 40°C scheint die Lösung der Zukunft zu sein.

Doch die meisten Verfahren sind derzeit nur zur Listung beim
RKI angemeldet. Sie haben die Prüfungen noch nicht geschafft und wurde noch nicht offiziell gelistet (Stand: 4.Oktober 2007). Daher dürfen sie im Seuchenfall, wenn also eine Wäschedesinfektion mit einem der vom Robert-Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren zwingend erforderlich und gesetzlich vorgeschrieben ist, nicht eingesetzt werden. So lange das jedoch nicht der Fall ist, können auch dieNiedrigdesinfektionsverfahren zur Behandlung der infektionsverdächtigen Textilien aus dem Krankenhaus angewendet werden.

So genannte Niedrigtemperaturverfahren zur Wäschedesinfektion werden heute von allen führenden Waschmittelherstellern angeboten. Dabei unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Prozessführung, ihrer Behandlungszeit und Dosierung sowie der Art der zu behandelnden Textilien. Das bei der DGHM gelistete Esdogen-
Verfahren der Chemische Fabrik Kreussler, Wiesbaden, ermöglicht etwa eine chemothermische Desinfektion von Bettwäsche und Bettwaren, Berufs- und Arbeitskleidung sowie Oberhemden, Stations- und Patientenwäsche bei 40°C. Bei einer Einwirkzeit von 20 Minuten und nahezu neutralem pH-Wert werden auch empfindliche Stoffe aus Wolle oder Seide faserschonend sauber. Für die Niedrigtemperaturdesinfektion besonders empfindlicher Produkte wie Schutzkleidung oder Atemschutzmasken, die üblicherweise nicht in herkömmlichen Desinfektionsverfahren behandelt werden können, empfiehlt Kreussler das Lanadol-ABAC-Verfahren.

Dieses ist bereits ab 30°C wirksam, hartwasserbeständig und kann als Spülzonendesinfektionsmittel in Waschstraßen eingesetzt werden. Es erfüllt außerdem die im Ausland zur Wäschedesinfektion geforderten Normen DIN EN 1275 und DIN EN 1276-1. Wird für die Pflege der Wäsche jedoch eine RKI-Listung verlangt, steigt die Waschtemperatur auf 60°C. Zur Beseitigung von Bakterien und Viren bietet der Hersteller verschiedene RKI- und VAH/DGHM-gelistete Verfahren, die sich nach Angaben des Unternehmens durch sehr geringe Dosiermengen und kurze Einwirkzeiten auszeichnen. Die im Gesundheitswesen üblicherweise eingesetzten Textilien lassen sich so besonders gewebeschonend und wirtschaftlich waschen und desinfizieren.

Auch aus dem Hause Christeyns, Offenburg, kommt eine Methode zur hygienischen und schonenden 40-°C-Pflege für hochwertige, waschsensible Textilien.

Das Selox-Micran-/Peracid-Forte-Desinfektionswaschverfahren ist für hygiene- und temperatursensible Bewohnerwäsche aus Alten- und Pflegeeinrichtungen gedacht. Es ist sowohl für den Einsatz in Waschschleudermaschinen als auch für Waschstraßen geeignet.

Vom Unternehmen beauftragte Hygienegutachten belegen eine gute bakterizide, fungizide und viruzide Wirksamkeit des Verfahrens bei einer Einwirkzeit von zehn Minuten. Dadurch ist es möglich, bei gleicher Taktzeit und Geschwindigkeit wie beim klassischen 70°C Desinfektionsverfahren in der Waschstraße zu waschen. Um zukünftig auch eine Wäschedesinfektion an infektiös eingestuften Textilien vornehmen zu können, haben die Offenburger ihr Verfahren beim RKI zur Listung gemäß §18 Infektionsschutzgesetz für den Wirkungsbereich A (Anm. d. Red.: Bakterien) und B (Anm. d. Red.: Viren) angemeldet. Wird jedoch die Erfüllung der
RKI-Anforderungen verlangt, steigen auch bei den Verfahren die Temperaturen auf 60°C und mehr. Dann erfolgt die chemothermische Desinfektion bei einer Einwirkzeit von 15 Minuten.

Weiterhin hat Burnushychem, Steinau an der Straße, verschiedene Energie- und Ressourcenschonende Verfahren zur Wäschedesinfektion im Programm. Das den Richtlinien des DGHM entsprechende Sterisan-Verfahren wird für die Pflege weißer und farbiger Textilien außer Wolle empfohlen. Das auf eine Waschtemperatur von 40°C und eine Einwirkzeit von 15 Minuten eingestellte Verfahren eignet sich nach Aussagen des Unternehmens in erster Linie für Großwäschereien mit automatischer Dosierung für Waschschleudermaschinen und Waschstraßen. Ebenfalls bei 40°C wirksam ist das bereits im Jahr 2004 eingeführte Sensox-Verfahren der Hessen, welches speziell für empfindliche Wäschestücke aus Alten- und Pflegeheimen entwickelt wurde. Es entfernt Flecken und Gerüche bereits bei sehr niedrigen Temperaturen und schont dadurch die Fasern. Als Einbadverfahren entspricht es mit einer Einwirkzeit von 20 Minuten bei 40°C den Anforderungen der DGHM, eine Listung nach RKI steht jedoch noch aus. Soll infektiöse Wäsche behandelt werden, bie-tetder Hersteller eine Reihe von Verfahren,welche die Anforderungen des
Robert-Koch-Instituts für chemothermische Wäschedesinfektion erfüllen. Aber auch hier sind höhere Wirktemperaturen notwendig.

Ebenfalls bei 40°C wirkt das Geniox-Verfahren von Seitz, Kriftel. Das Verfahren, das die Anforderungen der EN 1276 und EN 1650 erfüllt, basiert auf dem Prinzip der Nassreinigung und ist für alle Arten von Textilien, egal aus welchen Materialien sie bestehen, geeignet. Selbst Woll- und Seidenwäsche, wie sie häufig bei der Bewohnerwäsche in Alten- und Pflegeheimen anzutreffen ist, kann äußerst schonend und zuverlässig desinfiziert werden. Eine RKI-Listung besteht für dieses Verfahren nicht. Wer ein von den Berlinern gelistetes Waschverfahren bei den Hessen sucht, kann auf Pulver-Flüssigwaschmittel-Kombinationen oder eine rein auf Flüssigkomponenten basierende Variante zurückgreifen. Beide Verfahren werden bei einer Einwirkzeit von 10 Minuten bei 70°C angewendet. Ebenfalls wirksam ist das Vollwaschmittel Megapur, das bei 60°C und 20 Minuten Einwirkzeit desinfiziert. Es besitzt bereits die VAH-Listung und ist bei der RKI zur Listung angemeldet.

Auch Büfa, Oldenburg, bietet für die Bewohnerwäsche aus empfindlichen Materialien ein desinfizierendes Nassreinigungsverfahren an, welches auf zwei Komponenten aufbaut. Oldopal Sept als Pflegekomponente, ist so aufgebaut, dass für einen guten Wascheffekt und optimale Faserschonung gesorgt wird. Die erforderliche Hygiene wird durch die Zugabe von Sept PES Konz, einem Produkt auf Basis von Peressigsäure, erzielt.

Das Verfahren wirkt bei einer Behandlungstemperatur von
40°C, einer Einwirkzeit von 20 Minuten und einem sauren
pH-Wert. Esist gemäß den Richtlinien der DGHM bzw. VAH abgeprüft undin die Liste der desinfizierenden Waschverfahreneingetragen.Die Wirksamkeit gegen Viren wurde in einem separatenGutachten nachgewiesen. Eine RKI-Listung besteht nicht.

Für Wäsche, die bei höheren Temperaturen behandelt werden kann, hat das Seitz Ozerna BME entwickelt. Dieses hochalkalische Waschmittel eignet sich in Kombination mit dem passenden Desinfektionsmittel hervorragend für alle stark verschmutzten Textilien aus Baumwolle oder Baumwolle-Mischgewebe und sorgt schon bei 60°C für hygienisch einwandfreie und saubere Wäsche. Die desinfizierende Wirksamkeit ist durch entsprechende Gutachten nachgewiesen und befindet sich in der Anmeldephase beim Robert-Koch-Institut. Eine Eintragung in die VAH-Liste ist erfolgt. Eltra 40 ist ein weiteres Desinfektionswaschmittel, das bei 40°C wirkt. Das aus dem Hause Ecolab, Düsseldorf, stammende Produkt ist für die Pflege von Textilien aus Baumwolle, Synthetik und Mischgeweben sowie für Wolle und Feinwäsche außer Seide geeignet. Für eine hygienisch einwandfreie Wäsche empfiehlt das Unternehmen eine Einwirkzeit von 20 Minuten. Allerdings ist auch dieses Verfahren nur zur Listung für die chemothermische Wäschedesinfektion bei 40°C gemäß Infektionsschutzgesetz beim RKI und DGHM angemeldet – eine offizielle Listung steht noch aus.

Für Wäschereien, die Textilien an Krankenhäuser verleihen oder für das Gesundheitswesen auf Lohnbasis waschen, können diedesinfizierenden Niedrigtemperaturverfahren tatsächlich eine energiesparende Alternative zu dem gewohnten Verfahren bieten. Allerdings gilt das mit Einschränkungen. So solltevor einer Verfahrensumstellung ein genauer Vergleich aller an der Wäschepflege beteiligten Parameter durchgeführt werden. Eine erhöhte Einwirkzeit des Desinfektionsmittels etwa kann die Einsparungen für das Aufheizen der Waschflotte schnell wieder wettmachen. Steigt zudem die Chemikalienmenge oder bleiben aufgrund der Verfahrensführung Rückstände auf dem Textil zurück, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die weiteren Bearbeitungsstufen und die Haltbarkeit der Ware.

Ist dann noch unklar, welche Keimbelastung die Wäsche des Kunden hat, sollte eine Wäscherei genau prüfen, ob ein Niedrigtemperaturverfahren zur Wäschedesinfektion für sie die richtige Wahl ist. Denn so lange die bei 40°C arbeitenden Verfahren nicht vom Robert-Koch-Institut in Berlin als prophylaktische und sonstige Desinfektionsmaßnahme gelistet sind, dürfen sie nicht für die Pflege infektiöser Wäsche eingesetzt werden.

Dipl.-Ing. Sabine Anton-Katzenbach