Frühzeitige Nachfolgeregelung "Nicht das Ziel, aber der Weg dorthin wird sich unterscheiden"

Die Nachfolgeplanung für den eigenen Textilservice-Betrieb ist entscheidend für den Fortbestand des Unternehmens. Ortwin Höller, Geschäftsführender Gesellschafter der Wilhelm Wulff GmbH in Munster, teilt seine Erfahrungen bei der Suche nach einer passenden Nachfolge.

Schild "Nachfolger gesucht"
Die Übergabe des eigenen Textilservice-Betriebes steht früher oder später für jeden Unternehmer an. Da sichert eine frühzeitige Nachfolgeplanung schon mal den Fortbestand des Betriebes. Aber nicht immer ist es leicht, eine passende Unternehmensnachfolge zu finden. - © K.C. – stock.adobe.com
Herr Höller, viele Textilservice-Betriebe stehen nach langer Existenz vor dem Aus, weil die Nachfolge nicht sinnvoll geregelt werden kann. Sie haben das Glück, dass gleich beide Söhne in Ihre Fußstapfen treten werden. War das für alle Beteiligten von Anfang an bzw. frühzeitig klar?

Ortwin Höller: Im Jahr 2000 habe ich von meiner Mutter das operative Geschäft der Firma übernommen und seitdem gemeinsam mit meinem Führungsteam weitergeführt. Nun, mit 75 Jahren, ist es an der Zeit, den Staffelstab weiterzureichen. Meine Söhne Till und Finn sind seit gut vier Jahren in unserem Unternehmen tätig, nachdem sie jeweils nach ihrem Studium auch bei anderen Unternehmen Erfahrungen gesammelt haben. Es war kein Plan, der im jugendlichen Alter gefasst wurde.

Er entwickelte sich über die Zeit. Meine Söhne haben immer mal mitgearbeitet oder ausgeholfen, wenn es passte, wenn sie Lust hatten oder wenn Hilfe erforderlich war. Sie haben beide ihre Examensarbeiten über firmenrelevante Themen bei uns im Unternehmen geschrieben und sind auf diesem Wege "reingewachsen".

Sie arbeiten in der Geschäftsführung eng als Familie zusammen. Ist das manchmal ein Problem für Sie alle?

Ja, schon Familie allein ist in den seltensten Fällen ausschließlich harmonisch und wenn dann noch die Belange der Firma dazukommen, gibt es unterschiedliche Meinungen und Standpunkte. Das kann durchaus hin und wieder problematisch werden. Wir sind jeder für sich eigenständige Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Erfahrungen und Erwartungen.

All das erfordert Toleranz und Abstimmung. Es ist deutlich schwieriger, eine Firma gemeinsam zu führen als allein und ohne Zwang zum Kompromiss. Aber genau darin liegt auch die große Möglichkeit, die Grobrichtung zum Wohle der Firma gemeinsam einzujustieren.

Ortwin Höller, Geschäftsführender Gesellschafter bei der Wilhelm Wulff GmbH in Munster.
Ortwin Höller, Geschäftsführender Gesellschafter bei der Wilhelm Wulff GmbH in Munster. - © Höller
So manch einem fällt frühzeitiges Abgeben und Loslassen schwer. Wie ist das bei Ihnen?

Was ist in der heutigen Zeit frühzeitig? Sicherlich nicht das gesetzlich verordnete Rentenalter. Es gibt Menschen, die stöhnen schon mit 50 und zählen die Tage bis zur Rente und andere arbeiten noch mit 75 mit Freude und Begeisterung. Ich gehöre zu den Letzteren, habe aber schon viele Arbeitsfelder vollumfänglich abgegeben und auch meine Arbeitszeit reduziert.

Ich freue mich über das jetzt durchweg junge Team in unserer Firma (rund 250 Mitarbeiter) und ich sehe eine hohe positive Bereitschaft zur Arbeit. Homeoffice ist im Verwaltungsbereich weiterhin angesagt und das nutze ich selbst auch gern, allerdings weniger als die jungen Leute.

Wenn eine Ära endet, folgt oft eine Zeitenwende. Ist das bei Ihnen ein Tabuthema oder diskutieren Sie das offen?

Im Berufsleben ist die Zeitenwende immer gegenwärtig. Technische Entwicklungen, Fachkräftemangel, Inflation, Kundenschwankungen sind nur einige der Herausforderungen, die immer angemessene Reaktionen verlangen. Ich spreche in Bezug auf meine knapp 30 Jahre Tätigkeit bei der Firma Wilhelm Wulff nicht von einer Ära.

Ich habe versucht, auf meine Art das Schiff durch die Brandung zu steuern, meine Kinder werden das auf ihre Weise tun. Nicht das Ziel, jedoch der Weg dorthin wird sich unterscheiden. Ich bin der Meinung, dass ein Generationenwechsel Unternehmen durchaus guttut, die Jungen an der Verantwortung wachsen lässt und der scheidenden Generation den sicherlich verdienten Ruhestand ermöglicht. Ein gutes Gefühl.

Was empfehlen Sie anderen Textilservice-Betrieben, die in einer ähnlichen Lage sind?

Da traue ich mir keine Empfehlung zu. Die Situationen in Familie, Unternehmen und Umfeld sind doch meistens sehr unterschiedlich. Aber grundsätzlich ist jeder ersetzbar. Wir sollten unseren Nachfolgern zutrauen, das Geschäft auf ihre Weise
erfolgreich weiterzuführen.

Quelle: Gütegemeinschaft Verantwortungsvoller Textilservice e.V., Bönnigheim. "SAUBERE Sache" 2/2023