Teppichwäsche mit Mikroorganismen Omas unsichtbare Helfer nutzen

Die Wirkung von Mikroorganismen wird vielseitig genutzt. Thomas van Stinissen setzt die Kleinstlebewesen jetzt auch zur Teppichwäsche ein und schont so die Umwelt doppelt: Einerseits verwendet er keine Chemiekalien und andererseits filtern die ausgespülten Mikroorganismen auf ihrem Weg zur Kläranlage Schadstoffe aus dem Abwasser.

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    Thomas van Stinissen hat eine neue Einsatzmöglichkeit für Mikroorganismen gefunden und behandelt die Teppiche seiner Kundschaft mit einer Mikrobenmischung. Foto: van Stinissen
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    3Die Mikrobenmischung wird auf den Teppich aufgesprüht und anschließend verteilt.
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    Thomas Bayer von Generali (links), dem Sponsor des Preises, die Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, Brigitte Jank und Thomas van Stinissen.Fotocredit: picturesborn

Omas unsichtbare Helfer nutzen

Mikroorganismen – auch Mikroben genannt – sind kleine Organismen mit eigenem Stoffwechsel, die meist nur unter dem Mikroskop erkannt werden können. Ihren Nutzen hat der Mensch zwar in vielen Bereichen schon lange entdeckt, dennoch sind die unzähligen Möglichkeiten, die diese kleinen Individuen bieten, noch immer nicht ausgeschöpft.

Die Lebensmittelindustrie bedient sich der Mikroorganismen, um Milchprodukte, wie z.B. Joghurt, zu veredeln und verspricht eine gesundheitsfördernde Wirkung. Zur Abwasserreinigung in Kläranlagen werden Mikroorganismen ebenfalls seit langem eingesetzt. Auch in der Landwirtschaft beweisen die kleinen Organismen, die unter der Bezeichnung effektive Mikroorganismen (EM) auf dem Markt sind, neuerdings ihre Wirkung und helfen so bei der Vitalisierung von Ackerböden.

Thomas van Stinissen, Inhaber der Teppichwäscherei „der Bischof“ im Zentrum von Wien/Österreich, hat auch in der professionellen Textilpflege eine Einsatzmöglichkeit entdeckt. „Die Wirkung der Mikroorganismen ist eigentlich schon lange bekannt. Bereits unsere Großmütter nutzten Sauerkraut – und somit die Wirkungsweise von Mikroben – um ihre Wäsche von Schmutz zu befreien. Mit Essigwasser wurden dann die Farben aufgefrischt“, weiß der Textilreinigermeister. „Was sich theoretisch so einfach anhört, ist aber in der Praxis mit einigen Schwierigkeiten verbunden.“ Über zwölf Monate forschte und testete der Unternehmer, bis er das gewünschte Ergebnis erreichte. Die Betriebsküche seiner Wäscherei ist inzwischen zum Labor geworden. „Eine zermürbende Zeit“, erinnert sich van Stinissen an die lange Forschungsphase. „Aber ich hatte die Einsatzmöglichkeiten von Mikroben im Kopf und dachte, wenn sie sogar eingesetzt werden, um das Meer von Ölteppichen zu befreien, muss das Prinzip doch auch bei der Teppichwäsche funktionieren.“

Und wirklich, im Juli 2006 hatte er die Schwierigkeiten überwunden und die richtigen Mikroorganismen und das richtige Verhältnis gefunden. Die Teppichfransen, die Problemzone eines jeden Teppichs, die er für die Tests verwendete, erstahlten in reinem Weiß. Während es bei der klassischen Teppichwäsche üblich ist, Seifenreste vollständig auszuwaschen, ist es bei der alternativen Methode gewollt, dass die Mikroben noch eine Zeit lang im Gewebe bleiben. „Auch nach der Behandlung arbeiten die Mikroorganismen weiter. Sie vernichten die Lebensgrundlage von Milben und fermentieren, d.h. zersetzen, eventuell vorhandene Motteneier“, erklärt van Stinissen.

Seither züchtet der Reinigermeister seine Mikrobenmischung, die hauptsächlich aus Photosynthesebakterien, Milchsäurebakterien und Hefekulturen besteht. Genährt werden diese mit Wasser und Zuckerrohrmelasse. „Mikroben mögen lebendiges Wasser“, sagt van Stinissen. Das Wasser aktiviert van Stinissen deshalb nach dem Schauberger-Prinzip, d.h., es wird zunächst von Schadstoffen befreit, durchgequirlt und in Bewegung gebracht. Eine Woche müssen die Organismen wachsen. Immer wieder muss der Unternehmer Temperatur und ph-Wert überwachen – dann sind sie einsatzbereit.

Wer den Betrieb von Thomas van Stinissen betritt, sieht keinen Unterschied zu einer klassischen Teppichwäscherei. Nur der leicht säuerliche Geruch, der an Sauerkraut erinnert, lässt die alternative Methode erahnen. „Es ist mir ein Anliegen, dass die Umwelt geschont wird und neue Methoden erarbeitet werden, die das Ökosystem nicht schädigen“, sagt van Stinissen. „Trotzdem muss auch das Ergebnis stimmen. Viele Kunden interessiert es nicht, wie ihre Teppiche behandelt werden, allein das Resultat zählt.“

Es gibt aber auch Kunden, die von der neuen umweltfreundlichen Methode gehört haben und deshalb kommen. Vor allem Kindergärten legen Wert auf eine Reinigung ohne Pestizide und Gifte. Kunden und Interessierten zeigt van Stinissen gern seinen Betrieb und die ungewöhnliche Methode.

Schädlich für den Menschen ist die Methode nicht, ohnehin ist nur ein geringer Teil aller Mirkoorganismus pathogen, d.h. krankheitsauslösend für Lebewesen. Im Gegenteil, Lebensmittel, die mit Mikroorganismen angereichert wurden, sollen eine neutralisiernde und stabilisierende Wirkung auf den Organismus haben.

Auch nach getaner Arbeit in der Wäscherei machen sich die Mikroben nützlich: „Auf dem Weg durch die Kanalisation filtern sie Schmutz und Schadstoffe, noch bevor das Wasser in der Kläranlage ankommt“, sagt van Stinissen. Der Unternehmer denkt dabei an die Zukunft. In den kommenden Jahren, so ist er überzeugt, werden die Umweltauflagen für Wäscher noch strenger werden. Daher seien Betriebe gezwungen, sich Alternativen zu überlegen.

Dass der Reinigermeister auf dem richtigen Weg ist, zeigen auch die Umweltpreise, die er Ende vergangenen Jahres gewonnen hat. Der Energy Globe Vienna, unterstützt von der Wirtschaftskammer Wien als regionalem Partner, prämierte das nachhaltige Verfahren. Auch der überregionale Energy Globe in der Kategorie Wasser ging an den Unternehmer. Vanessa Ebert