Mobiler Textil-Scanner Sensorics: App scannt Textilien

Wenn es keine Textilkennzeichnungspflicht gäbe, könnte so mancher Stoff als Mogelpackung über den Tresen gehen, im Mietservice die Prozesse blockieren oder einen Textilreiniger ratlos lassen. Ein cleverer Chip von Senorics (Dresden) sorgt für Gewissheit.

Senorics hat einen mobilen, handlichen Scanner entwickelt, der die genaue Zusammensetzung von Garnen und Textilien analysiert und das Ergebnis in kürzester Zeit auf einer App anzeigt.
Senorics hat einen mobilen, handlichen Scanner entwickelt, der die genaue Zusammensetzung von Garnen und Textilien analysiert und das Ergebnis in kürzester Zeit auf einer App anzeigt. - © Senorics

Wer Textilien vermietet, muss sich auf die vom Lieferanten zugesicherte Material- und Pflegekennzeichnung verlassen können. Die Angaben ermöglichen eine fachgerechte Bearbeitung, die für den langfristigen Erhalt der Qualität wesentlich ist. Gleiches gilt für einen Reinigungsbetrieb: Er muss sich auf die "Inhaltsangabe" verlassen können, um den richtigen Pflegeprozess auswählen zu können. Manch einer mag aber schon einmal die Erfahrung gemacht haben, dass in einem Textil nicht unbedingt drin ist, was draufsteht.

Ein Etikettenschwindel ist vor allem bei luxuriösen Materialien wie Kaschmir, Merinowolle oder Seide ein lukratives Geschäft: Ein paar Prozent weniger von den teuren Ziegenhaaren bessert die Bilanz des Herstellers auf. Die Gefahr, erwischt zu werden, hält sich in Grenzen: Ein geringer Anteil von (Woll-)Beimischungen lässt sich mit bloßem Auge nicht erkennen. Wirkliche Klarheit verschafft nur eine Untersuchung des Materials im Textillabor- oder der "SenoLab" von Senorics (Dresden).

Fasern per App erkennen

Das im Jahr 2017 aus der TU Dresden ausgegliederte Unternehmen hat einen mobilen, handlichen Scanner entwickelt, der die genaue Zusammensetzung von Garnen und Textilien analysiert und das Ergebnis in kürzester Zeit auf einer App anzeigt. Die Messung erfolgt zerstörungsfrei, da das System mit Infrarot-Strahlen im Wellenlängenbereich von 1200 – 1700 nm arbeitet.

Aufgrund der individuellen Reflexionskurve, die jedes Material in diesem Infrarot-Spektrum liefert, ist eine zuverlässige Unterscheidung diverser synthetischer und natürlicher Fasern möglich.

Das Geheimnis des SenoLab-Scanners ist ein patentierter Sensor, der die von der Messprobe reflektierten Infrarotstrahlen "liest".
Das Geheimnis des SenoLab-Scanners ist ein patentierter Sensor, der die von der Messprobe reflektierten Infrarotstrahlen "liest". - © Senorics

Sensorics: Textilien schnell und zerstörungsfrei analysieren

Das Geheimnis des Scanners ist ein patentierter Sensor, der die von der Messprobe reflektierten Infrarotstrahlen "liest". Die Werte werden über einen chemometrischen Algorithmus mit den von Senorics erstellten und in der Cloud hinterlegten Referenzwerten abgeglichen und ausgewertet. Je nach Aufgabenstellung gibt es verschiedene Versionen, mit denen spezifische Reflexionskurven gekoppelt sind.

Ein chemometrisches Modell kann feststellen, ob es sich um ein reines Material handelt und das Fasermaterialbenennen, wobei das System bisher noch auf die Reinfasern Wolle, Seide, Baumwolle und Polyester beschränkt ist. Mit einem weiteren Modell ist eine Auswertung der Faseranteile von klassischen Mischgeweben möglich, die in großem Stil in der Berufskleidung und bei Objektwäsche eingesetzt werden: Die Sensoren des Scanners erkennen das genaue Mischungsverhältnis von Baumwoll-Polyester-Textilien, unabhängig von deren Gewicht, Machart oder Farbigkeit.

Ein weiteres Modell eignet sich für die exakte Analyse der Zusammensetzung von Woll-Polyacryl-Mischungen, von Baumwolle-Viskose-Textilien sowie Stretch-Materialien aus einem Mix von Polyester, Polyamid und Elasthan bzw. Elastolefin.

Sensor-Technik auf Chip-Größe

Die hier genutzte Technologie der NIR-Spektrographie wird auch von anderen Unternehmen und Forschungs-institutionen verwendet.

Durch Messungen mit dem Scanner lässt sich Etikettenschwindel innerhalb von wenigen Sekunden aufdecken.
Durch Messungen mit dem Scanner lässt sich Etikettenschwindel innerhalb von wenigen Sekunden aufdecken. - © Senorics

>> Mehr dazu: Textilien mit Smartphone, KI und Spektroskopie analysieren

Das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens ist ein anderes: "Wir haben unsere Sensoren auf Chip-Basis aufgebaut. Das macht sie klein und unser System daher besonders robust. Mittelfristig sollen sie auch in Smartphones Platz finden, so dass auch Endverbraucher beim Shoppen überprüfen können, welche Textilqualität sie wirklich in Händen halten.

Bis dahin wird aber noch etwas Zeit vergehen, weshalb sich die Nutzung unserer SenoLab-Scanner vorerst auf den professionellen Gebrauch limitiert. Dort kann er beispielsweise zur Qualitätskontrolle im Einkauf, aber auch in der Produktion eingesetzt werden, um den Fasergehalt der Textilien nach X Wäschen zu überprüfen", erläutert Hannah Szynal, Marketing und Sales Manager bei Senorics.

Ein weiteres Einsatzgebiet ist das Textilrecycling: Dort kommt es auf eine möglichst sortenreine, genaue und schnelle Sortierung an. Es sieht so aus, dass der Scanner aus Dresden alle diese Voraussetzungen erfüllt.