Das neue Chemikalienrecht REACH Viel Aufwand – mehr Sicherheit

Ohne Chemie ginge vieles nicht, doch gleichzeitig birgt sie Risiken für Gesundheit und Umwelt. Hier setzt die neue Chemikalienverordnung REACH der Europäischen Union an. Sie soll das Anmelden (Registrieren), Bewerten (Evaluieren) und Zulassen (Autorisieren) von Chemikalien regeln. Am 1. Juni 2007 tritt REACH in Kraft.

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    2Alexander Seitz sieht nur Nachteile durch REACH.
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    3Joachim Krause ist der Meinung, dass bei ihm als Anwenderbetrieb die Änderungen gar nicht so tiefgreifend sein können.
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    1Matthias Wach:„Gerade für mittelständische Unternehmen stellt REACH einen großen Aufwand dar.“
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    4Die REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/ 2006 und die Richtlinie 2006/ 121/EG treten am 1. Juni 2007 in Kraft.

Viel Aufwand – mehr Sicherheit

Bei den Unternehmen, die Chemikalien herstellen oder importieren, ruft REACH wenig Begeisterung hervor. „Zu aufwendig, zu teuer, bringt uns nur Nachteile“, heißt der allgemeine Tenor. Wer in der Textilpflegebranche besondere Mischungen, Waschmittel oder Veredelungen entwickelt, muss sich intensiv mit der Neuregelung auseinandersetzen. „Leider sind noch viele Dinge unklar und der Aufwand ist schwer abzuschätzen“, bemängelt Alexander Seitz, Geschäftsführer beim Reinigungsmittelhersteller Seitz in Kriftel bei Frankfurt. „Ich befürchte, dass es ein sehr großer Kraftakt wird. Auf jeden Fall wird es sehr teuer.“ Positive Seiten kann er dem neuen Chemikalienrecht nicht abgewinnen: „Da gerade die Vielfalt der Rohstoffe unsere Wettbewerbsfähigkeit ausmacht, sehe ich nur Nachteile durch REACH. Positiv ist es nur für unsere internationalen Mitbewerber, da wir an Wettbewerbsfähigkeit verlieren werden.“

Auch Matthias Wach, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Büfa Reinigungssysteme in Oldenburg, fällt es nach eigener Aussage schwer, positive Aspekte zu formulieren. Er hofft, mehr Sicherheit bei der Anwendung von Chemieprodukten zu erreichen. „Gerade für mittelständische Unternehmen stellt REACH einen großen Aufwand dar, ohne dass wir mit einer Honorierung durch die Kunden rechnen dürfen. Zudem werden Nischenprodukte deutlich vermindert werden. Gerade diese Spezialitäten sind aber derzeit eine wichtige Größe für uns.“ Dagegen hat Joachim Krause vom Coburger Handtuch- und Mattenservice grundsätzlich nichts gegen REACH und die Registrierung der Stoffe einzuwenden. Die Umsetzung hält er allerdings für praxisfern. „Möglichst alle Stoffe sollen aufgenommen, ihre Menge limitiert werden. Manche Stoffe wird es nicht mehr geben. Wenn bei Patenten alle Bestandteile offengelegt werden müssen, gibt es Nachahmungsmöglichkeiten ohne Ende. Man will die Chemie aus Europa heraushaben, doch hier hätten wir mehr Kontrolle darüber als im Ausland. Das ist in meinen Augen kontraproduktiv.“

„Mehr Transparenz über die Risiken wird zu umwelt- und gesundheitsverträglicheren Produkten und sichereren Herstellungsprozessen führen“, hält Lars Tietjen vom Umweltbundesamt in Dessau dagegen. Außerdem falle die innovationsfeindliche Unterscheidung zwischen Alt- und Neustoffen zukünftig weg. Bisher durften Chemikalien, die schon vor 1981 auf dem Markt waren, ohne behördliche Prüfung hergestellt und verwendet werden. Neuere Stoffe mussten bei Behörden angemeldet werden, verbunden mit aufwendigen und teuren Prüfungen. „Das erschwerte die Vermarktung neuer Stoffe, während alte, auch problematische, Marktvorteile genossen.“

Doch wie auch immer die Meinungen zu REACH ausfallen – der Startschuss ist gefallen und die Zeit für Stoffregistrierungen und Datensammlungen läuft. Matthias Wach ist schon seit einigen Wochen dabei, ein Stoffinventar über alle in seinem Labor verwendeten Chemikalien zu erstellen. Daraus will er dann ersehen, welche Substanzen registriert werden müssen und welche nicht. „In den nächsten Monaten werden wir uns mit Lieferanten und Kunden über Registrierungen und Verwendungen austauschen. Das wird viel Arbeit verursachen“, vermutet er.

Doch gerade in diesem Informationsaustausch sieht Lars Tietjen einen großen Vorteil. „Die Anwender von Chemikalien werden bei ihren schon zuvor bestehenden Pflichten mehr Unterstützung von ihren Lieferanten bekommen.“

Trotz aller Befürchtungen um REACH – Joachim Krause bleibt gelassen: „Bei uns als Anwenderbetrieb können die Änderungen gar nicht so tiefgreifend sein. Die bisherigen Gesetzgebungen mussten wir ja auch einhalten. Ich gehe einfach mit offenen Augen an das Thema heran, um es ganz nüchtern bewerten und umsetzen zu können.“ Dr. Andrea Groß