Interview Alexander Seitz: Das "Alles unter einem Dach"-Konzept

"Unsere Kunden finden sich in Wäschereien, Textilreinigungen, Altenheimen, Krankenhäusern, Feuerwehren, Hotel- und Gastronomiebetriebe auf der ganzen Welt. Unsere Spezialmittel decken die gesamte Produktpalette ab, die heute für eine moderne Hygiene notwendig sind", mit diesen Worten bringt Alexander Seitz, seit 1996 Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens im hessischen Kriftel, die Firmenbeschreibung auf den Punkt.

Alexander Seitz, alleiniger Inhaber und Geschäftsführer der SEITZ GmbH.
Alexander Seitz, alleiniger Inhaber und Geschäftsführer der SEITZ GmbH. - © SEITZ

Im kommenden Jahr 2025 kann das Unternehmen bereits eine 140-jährige Tradition vorweisen. Ein Blick zurück: In seiner Zeit als Mitarbeiter der Bayer Farbwerke in Elberfeld arbeitete der junge Heinrich Seitz mit den erst vor kurzem entdeckten Anilinfarben. Obwohl erst 27 Jahre alt, erkannte er die enorme wirtschaftliche Bedeutung für die Textilveredelung und verließ, überzeugt von seiner Idee und mit dem Gespür für die unternehmerische Chance, die Sicherheit eines großen Unternehmens und gründete 1885 seine eigene Firma.

Anfänge mit Anilinfarben in Frankfurt

Das "Anilinfarben-Fabrik-Geschäft" in der Gutleutstraße in Frankfurt wuchs stetig, da die Färbereibranche schnell die Vorteile der neuen synthetischen Farben im Vergleich zu den traditionellen Pigmentverfahren entdeckte. Schon bald bot er eine ganze Reihe an Bedarfsartikeln für die professionellen Textilfärbereien an. Zwei Jahre später trat Fritz Seitz, sein jüngerer Bruder, in die Firma ein. Anilinfarben wurden weiterentwickelt und ständig verbessert und gegen Ende des Jahrhunderts exportierte das "Anilinfarben-Fabrik-Geschäft" bereits viele der Produkte in andere europäische Länder.

Seitz eröffnet 1906 erste Filiale in Berlin

"Wir hatten eine glückliche Hand" notierte Heinrich Seitz damals. "Stets konnten wir unseren Kunden zuerst das Neueste anbieten." Als Fritz Seitz 1905 starb, trat Heinrichs ältester Sohn Hermann Seitz in die Firma ein. Das Geschäft expandierte, 1906 wurde eine erste Filiale in Berlin eröffnet und 1910 bezog das Unternehmen erstmals eigene Räume in Frankfurt Sachsenhausen. Als 1922 Gründer Heinrich Seitz im Alter von 63 Jahren verstarb, übernahm seine Witwe zusammen mit Hermann Seitz das Management der Firma. Ihr Sohn Dr. Alexander Seitz, promovierter Chemiker, trat ebenfalls in das Unternehmen ein und wurde 1928 Mitinhaber.

Textilfärbereien gefragt

Zu diesem Zeitpunkt hatte Seitz längst ein internationales Renommee auf dem Gebiet der Farbstoffmischungen, die speziell auf die Bedürfnisse der Textilfärbereien abgestimmt waren. Aufgrund des stetig anwachsenden Kundenkreises im In- und Ausland und der guten Unternehmensentwicklung erwarb man 1940 ein neues Betriebsgelände in Frankfurt Niederrad.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verhinderte jedoch den Bau des neuen Betriebsgebäudes. 1944 wurden Fabrik und Lagervorräte durch einen Luftangriff fast völlig vernichtet. Der Betrieb konnte mit großer Mühe in den nächsten fünf Jahren weitergeführt und das Unternehmen nach und nach wieder aufgebaut werden.

Der Aufschwung der Nachkriegszeit brachte eine enorme Nachfrage nach Um- und Auffärben von Textilien mit sich und somit auch wieder Hochkonjunktur für die Firma SEITZ. Wieder mussten die Betriebsstätten vergrößert werden und so zog man nach Frankfurt Niederrad.

Reaktion auf sich wandelnde Märkte

Als Hermann Seitz 1958 kinderlos starb, trat sein Neffe Berthold Runge an seine Stelle. Drei Jahre später zog sich Dr. Alexander Seitz von den Geschäften zurück und überließ seinen Platz seinem Sohn Walter Seitz, Textilingenieur. Der rückläufige Bedarf an Farbstoffen und die steigende Nachfrage nach chemischer Textilreinigung in den 60er und 70er Jahren erforderte eine schnelle Reaktion auf den sich wandelnden Markt. Intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den hauseigenen Laboren erlaubten eine Flexibilität, den neuen Anforderungen gerecht zu werden und ein Sortiment von hochwertigen Produkten für die Chemische Reinigung sowie eine Reihe von Spezialprodukten für die Leder- und Teppichreinigung auf den Markt zu etablieren.

Die stetig wachsende Produktion führte zu einem erneuten Umzug. In Kriftel, einer kleinen Gemeinde vor den Toren Frankfurts in unmittelbarer Nähe zum Frankfurter Flughafen, fand man den perfekten Standort für einen modernen Chemiebetrieb mit besten Voraussetzungen für Forschung, Produktion und Verwaltung.

Seit 1974, also genau seit 50 Jahren, ist dies nun der Firmensitz. Als sich 1989 Berthold Runge aus dem Geschäft zurückzog, folgte ihm sein Sohn Alexander Runge als Geschäftsführer. Alexander Seitz, der Sohn von Walter Seitz, trat vier Jahre später als Marketing Manager in das Unternehmen ein und wurde 1996 in nunmehr vierter Generation Geschäftsführer. 1998 eröffnete die erste amerikanische Niederlassung in Tampa USA, um den amerikanischen und kanadischen Markt besser betreuen zu können. In weiteren 62 Ländern befinden sich heute autorisierte Vertriebspartner. Seit dem Ruhestand von Alexander Runge im Jahr 2022 ist Alexander Seitz nun alleiniger Inhaber und Geschäftsführer der SEITZ GmbH in Kriftel.

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In diesem Jahr seit 50 Jahren mit Firmensitz im südhessischen Kriftel: SEITZ GmbH. - © SEITZ

Im Gespräch mit Alexander Seitz

Herr Seitz, wenn Sie auf die lange Geschichte Ihres Unternehmens zurückblicken, was war in dieser Zeit die größte Herausforderung?

Alexander Seitz: Die kontinuierliche Anpassung unseres Betriebs an wechselnde Marktbedingungen und Kundenerwartungen stellte die größte Herausforderung dar. Besonders herausfordernd waren für uns die Bewältigung der Auswirkungen der globalen Pandemie sowie die Anpassung während Zeiten der Inflation.

Wie ist Ihr Haus durch die Corona-Phase gekommen?

Die Bewältigung der Corona-Krise erforderte von unserem Unternehmen eine schnelle Anpassung an die sehr herausfordernden Umstände. Flexibilität und gemeinsame Willenskraft der gesamten Belegschaft diese Krise zu meistern ermöglichte uns zumindest den Weiterbestand des Unternehmens zu sichern. Mit neuer Kraft und strategischer Neuausrichtung konnten wir gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Sie bezeichnen die "Zufriedenheit der Kunden" als höchstes Ziel. Wie hat sich denn der Kundenanspruch verändert?

Die Kundenerwartungen haben sich hin zu einem verstärkten Interesse an Hygiene und Umweltfreundlichkeit entwickelt. Um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, haben wir unser Angebot ausgebaut und verbessert. Die heutigen Kunden erwarten umfangreichere und schnellere Dienstleistungen, legen großen Wert auf ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis und sind beim Thema Nachhaltigkeit sensibler.

Wie würden Sie mit Blick auf Ihre Firmenphilosophie den Begriff der Nachhaltigkeit definieren?

In unserer Firmenphilosophie definieren wir Nachhaltigkeit als das Streben nach einer Balance zwischen ökologischer Verantwortung, ökonomischer Weitsicht und sozialem Engagement. Unser Ziel ist es, Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die nicht nur effektiv sind, sondern auch die Umwelt schonen. Für uns umfasst Nachhaltigkeit weit mehr als nur Produkte mit geringer Umweltbelastung anzubieten. Das Gesamtangebot der Firma inkludiert Energieberatung, technologische Lösungen und umfassende Beratungsdienstleistungen vor Ort, um sowohl Kosten zu sparen als auch Emissionen zu reduzieren.

Entwicklung, Produktion, Lagerung, Versand, Marketing, Vertrieb, Finanzen und Administration. Der Begriff „Alles unter einem Dach“ scheint Philosophie?

Das "Alles unter einem Dach"-Konzept spiegelt unsere Philosophie der ganzheitlichen Integration und Effizienz wider. Durch die enge Verknüpfung aller Unternehmensbereiche wie Entwicklung, Produktion, Lagerung, Versand, Marketing, Vertrieb, Finanzen und Verwaltung schaffen wir Synergien, optimieren Abläufe und reagieren agil auf Marktentwicklungen. Diese Strategie ist nicht nur unsere Philosophie, sondern auch das Fundament unseres globalen Erfolgs.

Auch werden in hauseigenen Laboren eigentlich seit Anbeginn Ihrer Firmengeschichte die Produkte und Verfahren für den nationalen und internationalen Einsatz entwickelt und in der Anwendungstechnik auf Effizienz geprüft. Die Kernzelle Ihres Hauses?

Unser hauseigenes Labor ist der Ursprung unserer Innovation, wo kontinuierlich neue Lösungen entwickelt und existierende Produkte optimiert werden, um globalen Kundenbedürfnissen zu entsprechen. Es markiert den Startpunkt für Entwicklung und erfolgreichen Vertrieb unserer Produkte, auf dem unsere gesamte Wertschöpfungskette basiert. Es ist somit nicht nur eine zentrale Einheit, sondern auch ein Teil der Schlüssel unserer Erfolgs und der Ausgangspunkt für die Vermarktung unserer Produkte.

Produkte werden in Einsatzmenge, Reinigungskraft und Abbaubarkeit ständig optimiert. Ihr Standard ist das EU-Ecolabel. Was verbirgt sich dahinter?

Das EU-Ecolabel steht für hohe Umweltstandards und wird Produkten verliehen, die während ihres gesamten Lebenszyklus geringere Umweltauswirkungen haben. Für uns ist dieses Label ein Standard, den wir anstreben, um zu gewährleisten, dass unsere Produkte nicht nur effizient, sondern auch umweltfreundlich sind.

"Die grüne Textilpflege": Zukunft der Nassreinigung und auch des professionellen Waschens?

Genau. Die "grüne Textilpflege" ist für uns die Zukunft der Nassreinigung und des professionellen Waschens. Sie umfasst umweltschonende Verfahren und Produkte, die eine hohe Reinigungsleistung bieten, ohne dabei die Umwelt zu belasten. Dieser Ansatz steht im Einklang mit unserem Bestreben nach Nachhaltigkeit und Effizienz.

Sie entwickeln und verkaufen Ihren Kunden nach eigenen Worten Konzepte und Gesamtlösungen. Was umfasst in diesem Sinne eine Gesamtlösung?

Eine Gesamtlösung in unserem Angebot erstreckt sich über die Bereitstellung von hochwertigen Produkten, umfassenden Verfahren, erstklassigem Service, modernen Anlagen und fundiertem Know-how. Ziel ist es, Kunden dabei zu unterstützen, ihre Abläufe zu optimieren, Effizienz zu steigern und ein nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen. Dies beinhaltet maßgeschneiderte Konzepte und Lösungen, wie individuell entwickelte Dosiertechniken, die speziell auf die Bedürfnisse jedes Kunden zugeschnitten sind, um Überverbrauch zu vermeiden und Nachhaltigkeit zu fördern.

Das bedeutet dann auch schon mal eine individuell entwickelte Dosiertechnik?

Richtig. Eine angepasste Dosiertechnologie ermöglicht eine präzise Produktanwendung, verhindert Überdosierung und spart somit Ressourcen.

Sie präsentieren eine zeitgemäße Produktpalette für alle Verfahrenstechniken im Bereich der gewerblichen Textilpflege. Könnten Sie Ihre Produktpalette kurz skizzieren? Welche Produkte stehen dabei im Verkaufsranking ganz oben?
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Die SEITZ GmbH wurde vom Deutschen Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung als "Arbeitgeber der Zukunft" ausgezeichnet. - © SEITZ

Als Unternehmen bieten wir eine vielseitige Produktpalette, die speziell für alle Verfahren und Textilien in der gewerblichen Textilpflege entwickelt wurde. Unsere Palette umfasst hochwertige Wasch- und Reinigungsmittel, Fleckenentferner und Spezialprodukte für verschiedene Textilarten.

Zu unseren Top-Sellern zählen effiziente Reinigungsmittel aus der Ecolabel-Serie, die sowohl für ihre Leistung als auch für ihre Nachhaltigkeit geschätzt werden. Diese Produkte stehen im Verkaufsranking ganz oben, da sie die Bedürfnisse moderner Textilpflegebetriebe perfekt erfüllen und zu einer verbesserten Textilpflegequalität beitragen.

Welche Herausforderung birgt denn die Zukunft?

Die Zukunft fordert von uns, weiterhin innovativ und flexibel auf die dynamischen Markt- und Gesellschaftsanforderungen zu reagieren, mit einem besonderen Augenmerk auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Zusätzlich besteht die Herausforderung darin, frühzeitig Tendenzen zu identifizieren und uns entsprechend anzupassen und die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens zu gewährleisten.

Zum 50. Kriftel-Jubiläum dürfen Sie sich von der Branche etwas wünschen. Was wäre das?

Zum 50-jährigen Jubiläum in Kriftel hoffe ich auf eine anhaltende Dynamik in der Entwicklung unserer Branche, die mit unserer eigenen Wachstumsstrategie Hand in Hand geht. Mir liegt es am Herzen, dass unser Unternehmen auch in Zukunft den Bedürfnissen unserer Kunden in der Textilpflegeindustrie gerecht wird - und dass wir gemeinsam zu einem nachhaltigen und fortschrittlichen Sektor beitragen.